SICH ENGAGIEREN UND PRÄSENZ MARKIEREN

Fachtagung Brunnen 2016

Personalrechtliche Rechtsprechung

Das zweite Referat bestritt Bundesrichter Rudolf Ursprung mit viel trockenem Humor. Er legte zu Beginn die Aufgaben des Bundesgerichts dar, welches verantwortlich ist für die richtige, rechtsgleiche und einheitliche Anwendung des Rechts sowie dessen Vereinheitlichung. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts hat rechtsfortbildenden Charakter und gewährt Rechtssicherheit, indem es seine Entscheidungspraxis nicht einfach so wechselt.

Bundesrichter Ursprung erklärte, dass sich die Abteilungen für privates Arbeitsvertragsrecht und öffentliches Arbeitsrecht deshalb bei der Beurteilung von Fragen von grundlegender Bedeutung koordinieren. Zum Beispiel im Bereich Arbeitszeugnis – hier gilt für öffentlich- und privatrechtlich Angestellte das Gleiche, weshalb die Rechtsprechung entsprechend einheitlich sein soll. Konkret bedeutet dies, dass die entscheidende Abteilung der anderen einen Entscheidentwurf zustellt – sind beide Abteilungen gleicher Meinung, ist die Rechtsprechung koordiniert, sind sie sich uneinig, findet eine informelle Verhandlung statt, um einen Konsens zu finden.

Das Bundesgericht entscheidet jährlich rund 80 Fälle im öffentlichen Personalrecht, so Ursprung. Diese Zahl ist in den letzten 10 Jahren konstant geblieben, was auf die klare Rechtsprechung in diesem Bereich zurückzuführen ist. Aufgeteilt auf die Regionen, ist der Anteil der Fälle aus der Romandie höher, was wohl auf das in den grossen Westschweizer Kantonen geänderte Personalrecht zurückzuführen ist.

Nach einem grundlegenden Überblick berichtete Bundesrichter Ursprung von Fällen aus den letzten Jahren, welche die häufigsten Themen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im öffentlichen Personalrecht beinhalten. Es handelt sich um Fälle aus allen Sprachregionen der Schweiz, was auch die unterschiedlichen Kulturen wiederspiegelt.

Die Fälle:

  • Die Überwachung der Computer von Arbeitnehmenden am Arbeitsplatz ohne deren Wissen ist unzulässig. Will der öffentliche Arbeitgeber wissen, was seine Angestellten tun, muss er zur Erreichung seines Ziels das jeweils mildeste geeignete Mittel anwenden. Das heisst in diesem Fall, dass er sie vor einer Überwachung direkt fragen soll, was sie den ganzen Tag tun.
  • Streitpunkt kann auch die Meinungsäusserungsfreiheit von öffentlichrechtlichen Angestellten als Privatperson sein, denn je nach Stellung und Funktion kann die Meinungsäusserungsfreiheit im Konflikt zu den Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis stehen.
  • Zahlreiche Fälle befassen sich mit Gleichstellungsfragen. So hat das Bundesgericht unter anderem zu prüfen, ob gleiche Anstellungsbedingungen vorliegen und deshalb gleiche Löhne bezahlt werden müssen. Ursprung berichtet, dass solche Fälle oft von Berufskollegen eingereicht werden, also Richtern, welche ihre Anfangslöhne anfechten. So hatte das Bundesgericht entschieden, dass im Kanton St. Gallen Laienrichter weniger verdienen dürfen als Richter mit einem juristischen Hochschulabschluss. Obwohl alle Richter dieselbe Tätigkeit verrichten, wurde die unterschiedliche Entlöhnung vom Bundesgericht geschützt, weil die Voraussetzungen (bzw. die Ausbildungen der Richter) nicht gleich waren.
  • Ein weiteres häufiges Thema am Bundesgericht sind fristlose Kündigungen. Im privaten Arbeitsvertragsrecht muss eine fristlose Kündigung innerhalb von einem, zwei oder maximal drei Tagen erfolgen. Ist die Kündigung missbräuchlich, muss der Arbeitgeber eine Entschädigung bezahlen. Im öffentlichen Personalrecht ist das Verfahren schwieriger: der Vorwurf muss schriftlich formuliert und das rechtliche Gehör gewährt werden. Das Bundesgericht musste deshalb wiederholt entscheiden, ob eine fristlose Kündigung innert genügend kurzer Frist erfolgte. Zu beachten sind bei der Beurteilung die konkreten Umstände für die Beweiserhebung und ob das Verfahren wirklich so schnell wie möglich durchgeführt wurde.

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