Alle 22 Minuten ein neues Fahrzeug

Interview mit Pascal Huber, Verkehrsexeperte, Strassenverkehrsamt Zürich

Sie können die gesamte Geschichte eines Fahrzeuges anschauen?

Nur, wenn es immer im Kanton Zürich eingetragen war. Dann sehe ich, welcher Experte was beanstandet hat. Bei älteren Fahrzeugen sehe ich auch, welche Arbeiten für einen Veteranenantrag noch notwendig wären und ob sie ausgeführt wurden oder nicht.
Gesamtschweizerisch ist dies aber noch nicht möglich.

Die Geschichte ist unabhängig vom Eigentümer?

Ja, relevant ist einzig die Stammnummer des Fahrzeugs.

Wann werden die Fahrzeuge geprüft?

Fahrzeugprüfungen erfolgen periodisch, in der Regel alle zwei Jahre. Bei neuen Fahrzeug ist der Prüfungsintervall länger. Fahrzeugprüfungen sind auch bei technischen Änderungen notwendig. Dazu gehören Fahrwerk, Felgen, Leistungssteigerungen, Spoilerkits – also alles, was am Fahrzeug abgeändert wird, muss im Fahrzeugausweis eingetragen und von uns genehmigt werden. Ausgenommen sind diejenigen Änderungen, welche vom Hersteller genehmigt bzw. freigegeben wurden; diese müssen nicht eingetragen werden.

Ist das Zeitfenster für Importfahrzeuge länger?

Wenn es neu ist und die EG-Übereinstimmungsbescheinigung vorliegt, reichen die üblichen 22 Minuten gut. Bei diesen Prüfungen geht es mehr um die Identifikation des Fahrzeuges und die Prüfung, ob alle notwendigen Systeme vorhanden sind. Oft sind diese Fahrzeuge erst wenige Kilometer gefahren und es ist technisch nichts zu beanstanden.
Wir stellen sicher, dass es die Voraussetzungen erfüllt, um auf unseren Strassen zu fahren, insbesondere, ob die sicherheitsrelevanten Teile wie die Bremsen oder das Licht in Ordnung sind. Ist dies der Fall, können die Eigentümer das Fahrzeug einlösen und erhalten gleich hier am Schalter die Schweizer Nummernschilder.

Und wenn etwas nicht in Ordnung ist?

Fahrzeuge, bei denen wir in der periodischen Kontrolle oder bei der Neuzulassung einen Mangel entdecken, werden zur Nachkontrolle aufgeboten.
Nachkontrollen machen wir täglich zwischen 11.20 und 11.40 Uhr. Die Fahrzeuge werden vor Ort einer Bahn zugeteilt, wir bekommen den Beanstandungszettel und kontrollieren, ob die Mängel wirklich behoben wurden.
Wir haben pro Auto 11 Minuten Zeit. Wenn alles in Ordnung ist, gibt es eine Bestätigung, wenn nicht, ist nochmals eine Nachkontrolle notwendig.

Sind viele Nachkontrollen notwendig?

Ja, rund 20 % der vorgeführten Fahrzeuge müssen zur Nachkontrolle.

Das ist viel. Was ist der Grund?

Teilweise sind es Fahrzeuge, die nicht vorbereitet wurden. Bei unvorbereiteten Fahrzeugen sind oft die Bremsen oder das Fahrwerk – also sicherheitsrelevante Teile – nicht in Ordnung. Manchmal ist auch der Unterboden so dreckig, dass wir nichts erkennen können. Es gibt aber auch «kaputtreparierte» Fahrzeuge.

Was sind die Schwierigkeiten bei der Fahrzeugprüfung?

Die grösste Herausforderung ist, dass Meinungen aufeinandertreffen, manchmal auch gegenteilige. Ich muss einem Kunden, der vielleicht keine Fachkenntnisse hat, Mängel so erklären können, dass er versteht, weshalb etwas für uns sicherheitsrelevant ist und das Fahrzeug so die Prüfung nicht besteht. Das führt manchmal zu Spannungen.
Wir beurteilen nicht, ob etwas nicht gemacht wurde oder wie das Fahrzeug gewartet wurde, sondern ob es den Vorschriften entspricht. In der Regel ist das aber kein Problem.

Aber Ihr Urteil wird manchmal in Fragen gestellt?

Ja, absolut. In der Regel dann, wenn die Behebung eines Mangels teuer wird. Es gibt Leute, die praktisch kein Licht mehr haben, weil die Scheiben von der UV-Strahlung so matt sind. Wir zeigen dann die Möglichkeiten auf, also dass die Scheiben entweder poliert oder ausgetauscht werden müssen. Es gibt aber Fahrzeughalter, die diese Kosten nicht investieren wollen oder können, obwohl es für die Sicherheit notwendig wäre.
Ein gutes Beispiel sind auch abgefahrene Pneus. Es werden manchmal Autos vorgeführt, die so abgefahrene Pneus haben, dass das Gewebe bereits hervorschaut. Solche Autos dürfen dann per sofort nicht mehr in den Strassenverkehr.

Was passiert dann?

Wir sprechen eine Weiterfahrverweigerung aus und der Kunde darf mit dem betroffenen Auto nicht vom Areal fahren. Er muss das Fahrzeug abholen lassen oder einen Ersatzpneu montieren.

Kommt das oft vor?

Das gibt es öfters als man denkt. Auch wenn eine Bremsleitung undicht oder eine Hinterachse gebrochen ist, bleibt das Auto hier. Ich prüfte vor kurzem ein älteres Auto bei dem die Bremse nicht richtig funktionierte, Öl rauslief und Röstlöcher in der Schwelle waren. Erstaunlicherweise haben die Eigentümer solcher Autos oft nicht viel Verständnis für unsere Hinweise auf die Mängel, weil das Auto ja noch fährt.
Es gibt auch viele Fahrer, die unsere Argumente durchaus einsehen, aber wirtschaftlich in sehr prekären Verhältnissen leben, auf das Auto für die Arbeit angewiesen sind und sich eine Reparatur oder Neuanschaffung nicht leisten können. Das sind dann sehr schwierige Situationen. Wir verstehen einerseits ihre Lage, unser Auftrag ist aber gleichwohl, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.

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