Alle 22 Minuten ein neues Fahrzeug

Interview mit Pascal Huber, Verkehrsexeperte, Strassenverkehrsamt Zürich

Haben Sie einen Ermessensspielraum?

Ja, absolut. Ganz wichtig ist der gesunde Menschenverstand. Kommt ein Auto mit 300 000 Kilometer auf dem Tacho und schwitzt leicht bei der Ölwanne, dann ist das verkehrssicherheitstechnisch nicht so relevant und das Auto ist vielleicht nur noch zwei weitere Jahre in Betrieb. Das kann man dann durchgehen lassen. Auch bei Rostbefall an nicht tragenden oder sekundär tragenden Teilen, können wir unseren Ermessensspielraum anwenden. Wir rapportieren die Mängel und lassen das Fahrzeug durchkommen.
Wenn wir nur schwarz/weiss sehen und danach entscheiden würden, würde die Zahl der Nachkontrollen massiv steigen. Es ist wichtig, dass man in solchen nicht sicherheitsrelevanten Fällen das Gespräch miteinander und eine geeignete Lösung suchen kann.

Das wird von allen so gelebt?

Ja, das ist unsere Grundphilosophie. Wir sind selbstverständlich an die gesetzlichen Vorgaben gebunden, darüber hinaus versuchen wir aber immer, eine gute Lösung zu finden.
Wenn zum Beispiel jemand mit einem reparaturbedürftigen Auto kommt und gleichzeitig einen Kaufvertrag für ein neues Fahrzeug, das in 3 Monaten geliefert wird, vorzeigt, kann man den Vorführtermin verschieben. Es würde in diesem Fall keinen Sinn machen, Kosten für eine Reparatur zu verursachen, die kurze Zeit später überflüssig wird.
Wenn sich jemand vorbereitet und mit uns zusammen Lösungen sucht, können wir oft Kompromisse anbieten.

Das braucht auch viel Einfühlungsvermögen?

Ja, auf jeden Fall. Das macht die Arbeit aber auch spannend. Wenn ich 20 – 25 Fahrzeuge pro Tag kontrolliere, geht das in Richtung Fliessbandarbeit. Die Begegnungen mit den Menschen macht unsere Arbeit aber spannend und abwechslungsreich. Wir treffen hier Menschen aus allen sozialen Schichten, weil in der Schweiz fast jede Person Auto fährt.

Wer führt die Fahrzeuge vor? Privatpersonen oder Garagisten?

Das ist ungefähr ausgeglichen.

Was ist einfacher für Sie?

Das spielt keine Rolle – es kommt immer auf die Einzelperson an. Mit einem Garagisten kann das Gespräch fachlicher sein, muss aber nicht.

Gab es schon gröbere Konflikte?

Ja, es gibt schon Kunden, die ausrasten, unanständig sind, fluchen oder uns anlügen. Wenn wir schwierige Kunden haben und die Stimmung feindselig wird, spüren das die Kollegen meist sehr schnell und sind aufmerksamer, bleiben in der Nähe. Wenn jemand ausfällig wird, intervenieren die Kollegen und der betroffene Verkehrsexperte kann sich aus der Konfliktsituation zurückziehen. Oft hilft das schon, also wenn eine andere Person zur Situation hintritt und die Ansprechperson wechselt.

Spüren Sie Vorurteile gegen Ihre Arbeit oder Ihre Institution?

Ja, schon. Schön ist aber, dass die Kunden meistens positiv überrascht sind, wie gut alles funktioniert.
Ich denke, die Vorurteile haben auch mit der Angst zu tun, dass mit dem Fahrzeug etwas nicht in Ordnung ist. Es liegt vielleicht daran, dass wir eine staatliche Funktion ausüben.

Und wie sieht ein Arbeitstag aus, wenn Sie Führerprüfungen abnehmen?

Die Prüfungen finden im Stundentakt statt und beginnen um 7 Uhr bzw. im Winter aus Sicherheitsgründen erst um 8 Uhr. Dann ist die Sicht besser und bei Schneefall die Strasse schon geräumt.
Wir bereiten uns ebenfalls am Morgen vor und sehen in den Unterlagen mit Foto welche Person kommt und ob es die erste oder zweite Prüfung ist. Wenn es sich um die dritte oder vierte Prüfung handelt, nehmen die erfahreneren Experten die Prüfung ab.
Jede Stunde findet eine neue Prüfung statt. Während der Fahrt schreiben wir nichts auf, beobachten den Prüfling und greifen im Notfall ein. Während 45 Minuten führen wir die vorgeschriebenen Manöver mit dem Kandidaten aus. Eines der wichtigsten Kriterien ist die Selbständigkeit und ob er keine Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer darstellt.

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