Traumjob beim Klärwerk Werhölzli Zürich

Interview mit Sabine Burger, Umweltingenieurin ETH, Stadt Zürich

Wie wird der Optimierungsbedarf festgestellt?

Im Alltag arbeiten die Betreiber, also die Mitarbeitenden im Klärwerk, mit der Anlage. Sie sehen allfälliges Verbesserungspotential und kontaktieren mich wenn sie Vorschläge oder Fragen haben.

Bei den Optimierungen geht es darum, Betriebsmittel zu sparen, also Strom, Chemikalien oder Entsorgungskosten für den Schlamm. Wir versuchen auch, mit optimierten Prozessen die Maschinen zu schonen, damit sie eine längere Lebensdauer haben. Hauptziel ist aber immer, geklärtes und sauberes Abwasser aus der Kläranlage fliessen zu lassen. Wir nehmen deshalb keine Veränderungen vor, die dies gefährden würden.

Wie erfolgt die Kontrolle der Funktionalität?

Ob das Resultat stimmt, wird bei der Inbetriebnahme geprüft. Für die Kontrolle und Analyse des Abwassers haben wir ein eigenes Labor. Ich bin zusätzlich Gruppenleiterin Verfahrenstechnik Labor, das macht aber einen sehr kleinen Teil meines Arbeitsalltags aus.

Was sind sonst noch Ihre Aufgaben?

Wir haben immer verschiedene Projekte laufen, in denen ich mitarbeite. In diesen Projektgruppen bin ich unter anderem die Vermittlerin zwischen der Projektierungsabteilung im Büro und den Betreibern im Klärwerk. Ich spreche quasi beide Sprachen und bin die Schnittstelle zwischen Theoretikern und Praktikern.

Was für eine Ausbildung haben Sie absolviert?

Ich bin diplomierte Kulturingenieuerin Fachbereich Umwelt ETH, also Umweltingenieurin.

Nach meinem Studium an der ETH Zürich habe ich während sieben Jahren in einem Ingenieurbüro gearbeitet und dort Kläranlagen geplant.

Ich habe auch eine kleine Teilanlage dieses Klärwerks hier geplant, die Rücklaufwasserbehandlung, deren Bau begleitet und die Inbetriebnahme gemacht. Ich war in dieser Zeit natürlich viel hier, kannte die Mitarbeitenden und habe mich dann, nach Abschluss des Projekts, für meine heutige, damals gerade frei gewordene Stelle beworben.

Wieso haben Sie gewechselt?

In einem Ingenieurbüro plant man ein Projekt, nimmt es in Betrieb und dann befasst man sich mit dem nächsten. Mich hat aber interessiert, was nach der Inbetriebnahme passiert, wie im von uns geplanten Klärwerk gearbeitet wird und was später noch optimiert wird. Alle Erfahrungen oder Optimierungen, die die Betreiber nach der Inbetriebnahme machen, sind für das Planungsbüro nicht erreichbar, obwohl dies für zukünftige Projekte hilfreich wäre. Früher war das anders und das Ingenieurbüro erhielt nach der Inbetriebnahme lange Nachbetreuungsmandate, heute gibt es das aus Kostengründen nicht mehr.

Ich wollte schon immer hier auf diesem Klärwerk arbeiten, das war ein Traum von mir. Es ist immerhin das Grösste der Schweiz. 

Haben Sie den Wechsel auch schon bereut?

Nein, nie. Ich möchte nicht mehr zurück. Es war eine gute Zeit im Ingenieurbüro, ich habe viele Kläranlagen gesehen und ich konnte viel Erfahrung sammeln, aber es ist nun auch schön, fix in einem Betrieb zu arbeiten und die Anlage weiterentwickeln zu können.

Ihre Arbeit scheint Ihnen Spass zu machen?

Ja, sehr.

Gibt es auch etwas, das Ihnen nicht so gut gefällt?

Es gibt immer Dinge, die man weniger gern macht, aber das gehört dazu. Es gibt nichts, das negativ heraussticht.

Sind Sie mit der Stadt Zürich als Arbeitgeberin zufrieden?

Ja, die Stadt Zürich ist eine sehr gute und grosszügige Arbeitgeberin.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?

Das variiert, je nach den laufenden Projekten und deren Stand. Wir haben zum Beispiel kürzlich die neue Klärschlammverwertungsanlage in Betrieb genommen. Während solchen Inbetriebnahme-Phasen komme ich morgens um 7.00 Uhr ins Büro und beantworte Mails. Danach arbeite ich ab 7.30 Uhr auf der Anlage mit den Programmierern an der Optimierung, probiere verschiedene Einstellungen, löse praktische Probleme und kontrolliere, ob alles so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Abends gehe ich dann nochmals in Büro, um nachzuschauen, was sonst noch so angefallen ist.

Während der Projektierungs- und Planungsphase bin ich mehr im Büro tätig, muss planen, Daten auswerten oder Sitzungen vorbereiten. Für die Bearbeitung eines Projekts muss man extrem viele Informationen zusammensuchen, bei den Betreibern im Klärwerk beschaffen, auswerten und aufbereiten.

Was für Daten müssen Sie auswerten?

Es fallen sehr viele Betriebsdaten an in einem Betrieb wie dem unseren, z.B. Wassermengen, Qualitätsgrössen des Abwassers oder Schlammes, Gasmengen, Energiedaten, usw.. Diese muss ich aufbereiten, auswerten und darstellen.

Also ist die Zeit während der Inbetriebnahme für Sie die strengste Zeit?

Ja, das ist eindeutig die intensivste Zeit, aber auch sehr interessant.

Wie verteilt sich Ihre Arbeitszeit auf die Arbeit auf der Anlage und im Büro?

Über das ganze Jahr gesehen bin ich ca. 40 % meines Pensums auf der Anlage, die restlichen 60 % im Büro. Das ist für mich eine sehr gute Mischung.

Wann kam das Interesse für Klärwerkanlagen?

Erst während dem Studium, ich fand die Thematik sehr interessant. Das Klärwerk Werdhölzli hatte mich bereits damals fasziniert, weil es eine ganz bedeutende Klärwerkanlage ist. Es gibt schweizweit nur wenige Arbeitsstellen wie meine hier, da die kleineren Klärwerke keine eigenen Umweltingenieurinnen einstellen. Ich bin deshalb sehr glücklich, hier arbeiten zu können.

Wie sind die Reaktionen in Ihrem Umfeld auf Ihre Arbeitsstelle?

Die meisten finden es toll, dass ich Umweltingenieurin bin. Wenn ich dann aber erzähle, dass ich in einem Klärwerk arbeite, ist die Begeisterung meist schnell weg. Die erste Reaktion ist oft ablehnend, weil Klärwerke mit Gestank in Verbindung gebracht werden und die meisten Menschen nichts damit zu tun haben wollen.

Das Thema und unsere Arbeit hier sind aber sehr interessant und vielseitig, die Vorurteile sind falsch.

Wie empfinden Sie den Unterschied zwischen privatem und öffentlichem Arbeitgeber?

Für mich macht es keinen grossen Unterschied; ich denke aber, dass je nach Position schon spürbar ist, dass der Druck im öffentlichen Dienst nicht ganz so gross ist wie teilweise in der Privatwirtschaft. Wir sind unabhängiger und stehen weniger unter einem Produktivitäts- oder Leistungsdruck.

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