Nicht mehr weit bis zur Nullverzinsung in der beruflichen Vorsorge?

Zaubern können die Kassen nicht. Das heisst, es muss mehr angespart werden, damit mehr Rentenkapital vorhanden ist. Dies erhöht die Lohnkosten und/oder mindert den Nettolohn. Die Arbeitgebenden müssten zudem auch für die Rentnerverpflichtungen, die noch auf einem TZ weit über 2 und mehr Prozent basieren, mitgeradestehen. Dies gilt meines Erachtens dann ganz besonders, wenn bei der Ausfinanzierung von Pensionskassen keine genügenden Rückstellungen für die versicherungstechnischen Risiken miteingerechnet worden sind. Solche Massnahmen lösen naturgemäss weder bei Arbeitnehmenden noch Arbeitgebenden Begeisterung aus, im Gegenteil.

Aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, und falls ich’s noch nie erwähnt haben sollte: In der Altersvorsorge gibt’s kein Freibier. Ich appelliere, trotz der noch nicht wirklich absehbaren Corona-Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die finanzielle Lage der öffentlichen Hand, an beide Sozialpartner, verantwortungsvoll mit der Situation umzugehen.

Es braucht höhere Sparbeiträge, es braucht Kompensationslösungen für die Mittfünfziger und älter, welche von höheren Sparbeiträgen nicht mehr genügend lange profitieren können, um die Rentenverluste infolge tieferer UWS kompensieren zu können, und es braucht wohl auch separate Vorsorgeeinrichtungen für die Altrentner, für welche die Arbeitgebenden Verantwortung übernehmen müssen, damit die an sich systemwidrigen Umverteilungseffekte in der 2. Säule nachhaltig behoben werden können.

Aus eigener Kraft werden es die öffentlich-rechtlichen Kassen nicht schaffen, finanzielle und strukturelle Stabilität zu erlangen und zeitgemässe Leistungen anbieten zu können.

Unsere Verantwortung als Arbeitnehmende ist es, Sparpläne, die höhere Lohnabzüge vorsehen, zu akzeptieren und bei Übergangslösungen für die Jahrgänge ab Alter 55 auch zu akzeptieren, dass eine hundertprozentige Kompensation von Leistungseinbussen, die infolge Anpassung der versicherungstechnischen Parameter entstehen werden, wahrscheinlich nicht möglich sein wird.

Im Titel habe ich die Frage aufgeworfen, wie weit ist es noch bis zur Nullverzinsung als Normalfall? Damit meine ich sowohl den BVG-Mindestzins als auch den TZ. Das wäre dann gewissermassen Ground Zero.

Im Vorfeld der Vernehmlassung des Bundesrats zur Reform der beruflichen Vorsorge 2019 kursierten Modelle, die auf solchen Annahmen beruhten. Nach meiner persönlichen Einschätzung sind solche Modelle, auch wenn sie durchaus technische Vorteile aufweisen könnten, nicht realistisch, einfach weil sie auch langfristig schlicht nicht finanzierbar sind. Aber wir müssen unsere Erwartungen an den Faktor Zins an die Realitäten anpassen und auch bereit sein, mit Nachdruck für Massnahmen zur Wahrung des Leistungsniveaus in der 2. Säule einzustehen.

1 Kommentar “Nicht mehr weit bis zur Nullverzinsung in der beruflichen Vorsorge?

  1. Der Ärger über die niedrige Mindestverzinsung ist verständlich. Man darf aber nicht aus den Augen verlieren, dass es sich hier «nur» um den MINDESTzins handelt.
    Die Vorsorgeguthaben können durchaus auch höher verzinst werden. Zum Beispiel betrug die „effektive Verzinsung der Sparkapitalien der aktiv Versicherten ist im Jahr 2018 … im Durchschnitt … 1.38%“ und 2017 sogar 2.25%, trotz einem Mindestzins von nur 1%. (Quelle: Studie „2. Säule 2019: Analyse der Geschäftsberichte von Pensionskassen“) Der wichtigste Grund dafür, dass der Mindestzins immer tiefer als der real erwirtschaftete Zins ist, liegt im Sprichwort „spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ begründet. Auf fette Jahre können immer auch magere Jahre kommen, so dass man einen Teil des Zinses in guten Jahren als Reserve für schlechte Jahre zurück behält. Der Mindestzins darf deshalb nicht zu hoch sein, schon gar nicht höher, als die im langfristigen Mittel erwirtschaftete Rendite.

    Ein anderer Grund dafür, dass der Mindestzins auch in sehr guten Anlagejahren eher tief ist, ist der immer noch zu hohe Umwandlungssatz. Damit die Rentenversprechungen trotz gestiegener Lebenserwartung eingehalten werden können, müssen die laufenden Renten durch die Beitragszahler, also die noch nicht pensionierten Versicherten, querfinanziert werden. Da deren eingezahltes Sparkapital „unantastbar“ ist, nehmen die Pensionskassen einen Teil der darauf erwirtschafteten Rendite („Zins“) zur Finanzierung der laufenden Renten. Das ist aber nur dann möglich, wenn der Mindestzins deutlich unter dem real erwirtschafteten Zins liegt.
    Die Senkung des Mindestzinses zeigt vor allem, wie dringend eine Reform der Altersvorsorge notwendig ist. Der Schweizerische Pensionskassenverband ASIP hat dazu auch einen Vorschlag gemacht, der – im Gegensatz zu dem des Bunndesrats – ohne unnötige Lohnabgaben funktioniert.
    Mehr dazu: https://www.asip.ch/de/newsroom/socialnewsroom/post/37
    und https://www.asip.ch/de/verband/standpunkte/#standpunkte_1

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