Nicht mehr weit bis zur Nullverzinsung in der beruflichen Vorsorge?

Die Eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge (BVG-Kommission) hat dem Bundesrat empfohlen, den Mindestzinssatz in der beruflichen Vorsorge für 2021 von heute 1% auf 0,75% zu senken. Und der Bundesrat hat im Rahmen einer «Aktualisierung» von vier Verordnungen zur beruflichen Vorsorge u. a. auch den Zinsrahmen für die Festlegung des technischen Zinssatzes neu festgelegt, und zwar auf 1,0 bis 3,5% (bisher 2,5 bis 4,5%).

Die beiden Zinsentscheide führen erschreckend vor Augen, wie düster die Aussichten auf existenzsichernde Renten im Alter geworden sind, auch wenn die Senkung des BVG-Mindestzinssatzes noch nicht definitiv ist. Der Bundesrat entscheidet jährlich über die Höhe des BVG-Zinssatzes; er ist dabei in den letzten Jahren zwar jeweils weniger weit gegangen als die Empfehlungen der BVG-Kommission. Aber ob 0,75 oder 1% Zins, macht den Braten auch nicht feiss.

Auch bei der Zinsspanne für den technischen Zinssatz (TZ) hat der Bundesrat den oberen Rahmen mit 3,5% um 0,5 % über der Empfehlung der BVG-Experten (3%) festgelegt, was ich allerdings als reine Augenwischerei halte, weil selbst 3% wohl bald schon der Geschichte angehören werden. Die Tendenz zeigt bei allen Kassen eindeutig nach unten. Auch die 2% Linie ist beim TZ in der Realität längst und auf breiter Front durchbrochen. Allerdings kosten TZ-Senkungen die Kassen immense Summen, weil die Altersverpflichtungen ausfinanziert werden müssen.

Doch lassen wir die meines Erachtens unrealistische Obergrenze für den TZ mal ausser Acht. Mit der Senkung des TZ ist die Arbeit nämlich nicht getan; konsequenterweise müsste auch die Senkung des Mindestumwandlungssatzes (UWS) erfolgen. Dieser längst fällige Schritt steckt bekanntlich immer noch im BVG-Reformstau. Wenn der UWS nicht auf das versicherungstechnisch korrekte Niveau gesenkt wird, entstehen den Kassen Pensionierungsverluste. Diese wiederum sind aus den Anlageerträgen zu finanzieren, was wiederum den Druck auf die Verzinsung der Sparguthaben der Aktivversicherten erhöht.

Wenn dann mal alle versicherungstechnischen Parameter auf dem korrekten Niveau angelangt sind, was bleibt? Die Kassen sind relativ stabil aufgestellt, die Leistungen deutlich tiefer als heute, die Umverteilung der Kapitalerträge von den Aktivversicherten zu den Rentnern weitgehend behoben. Die Frage ist nun, und die muss sich jede und jeder Aktivversicherte selber stellen, gebe ich mich z.B. im Jahr 2028 mit einer Rente, die im Vergleich zu einer Rente, die heute gesprochen würde, um sagen wir mal 20 Prozent tiefer ist, einfach so zufrieden? Welche Optionen haben wir?

1 Kommentar “Nicht mehr weit bis zur Nullverzinsung in der beruflichen Vorsorge?

  1. Der Ärger über die niedrige Mindestverzinsung ist verständlich. Man darf aber nicht aus den Augen verlieren, dass es sich hier «nur» um den MINDESTzins handelt.
    Die Vorsorgeguthaben können durchaus auch höher verzinst werden. Zum Beispiel betrug die „effektive Verzinsung der Sparkapitalien der aktiv Versicherten ist im Jahr 2018 … im Durchschnitt … 1.38%“ und 2017 sogar 2.25%, trotz einem Mindestzins von nur 1%. (Quelle: Studie „2. Säule 2019: Analyse der Geschäftsberichte von Pensionskassen“) Der wichtigste Grund dafür, dass der Mindestzins immer tiefer als der real erwirtschaftete Zins ist, liegt im Sprichwort „spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ begründet. Auf fette Jahre können immer auch magere Jahre kommen, so dass man einen Teil des Zinses in guten Jahren als Reserve für schlechte Jahre zurück behält. Der Mindestzins darf deshalb nicht zu hoch sein, schon gar nicht höher, als die im langfristigen Mittel erwirtschaftete Rendite.

    Ein anderer Grund dafür, dass der Mindestzins auch in sehr guten Anlagejahren eher tief ist, ist der immer noch zu hohe Umwandlungssatz. Damit die Rentenversprechungen trotz gestiegener Lebenserwartung eingehalten werden können, müssen die laufenden Renten durch die Beitragszahler, also die noch nicht pensionierten Versicherten, querfinanziert werden. Da deren eingezahltes Sparkapital „unantastbar“ ist, nehmen die Pensionskassen einen Teil der darauf erwirtschafteten Rendite („Zins“) zur Finanzierung der laufenden Renten. Das ist aber nur dann möglich, wenn der Mindestzins deutlich unter dem real erwirtschafteten Zins liegt.
    Die Senkung des Mindestzinses zeigt vor allem, wie dringend eine Reform der Altersvorsorge notwendig ist. Der Schweizerische Pensionskassenverband ASIP hat dazu auch einen Vorschlag gemacht, der – im Gegensatz zu dem des Bunndesrats – ohne unnötige Lohnabgaben funktioniert.
    Mehr dazu: https://www.asip.ch/de/newsroom/socialnewsroom/post/37
    und https://www.asip.ch/de/verband/standpunkte/#standpunkte_1

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.