Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) veröffentlichte am 09. Mai 2023 die aktuellen Zahlen zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen. Darin zeigte sich, dass aufgrund des schlechten börslichen Leistungsausweises im vergangenen Jahr die Deckungsgrade und Einnahmen der Vorsorgeeinrichtungen per Ende 2022 markant gesunken sind.
Als Gründe für die gesunkenen Einnahmen können folgende Punkte aufgeführt werden:
• Die Inflation und die damit einhergehende Zinserhöhung
• Der Ukraine-Krieg
• Die Energiekrise
• Lieferprobleme
Diese haben sich vor allem negativ auf die zentralen Anlagekategorien Aktien und Obligationen ausgewirkt. Die weiteren Anlagekategorien konnten diese negative Leistung nicht wettmachen oder waren von den erwähnten negativen Einflüssen ebenfalls betroffen. Dabei schlossen die Vorsorgeeinrichtungen mit Staatsgarantie ein wenig besser ab als jene ohne Staatsgarantie und ohne Vollversicherungslösung. Bei letztgenannten Einrichtungen lag der durchschnittliche Deckungsgrad bei 107%.
Bei den Vorsorgeeinrichtungen mit Staatsgarantie lag dieser Wert bei 81,3%. Auch die Realverzinsung der Altersguthaben sank aufgrund der oben genannten Gründe. Im vergangenen Jahr war diese so tief (1,90%), dass sie teuerungsbereinigt (+2,80%) sogar negativ ausfiel. Die Umverteilung zu Lasten der einzahlenden Bevölkerung viel zum ersten Mal leicht positiv aus. Dies dürfte gemäss der Prognose der OAK BV auch für die Zukunft der Fall sein. Der Grund dafür liegt in den Massnahmen, die Vorsorgeeinrichtungen in den letzten 10 Jahren getroffen haben (Senkung Umwandlungssatz und technische Zinssätze) sowie auch dem Anstieg des Zinsniveaus.
Dies gilt nicht für die BVG-Minimalkassen. Diese werden erst durch die BVG-Reform die Möglichkeit haben, den Umwandlungssatz zu senken und somit ohne Umverteilung ein finanzierbares Leistungsniveau sicherzustellen. Die OAK BV unterstützt die BVG-Reform, weil diese die Anpassungen an höhere Lebenserwartungen sowie das tiefere Zinsniveau ermöglicht und damit die finanzielle Stabilität des Systems stärkt. Über die BVG-Reform hinaus fordert OAK BV auch eine Strukturreform, das heisst eine Verstärkung und Modernisierung der Aufsichtsinstrumente.
Da die Vorsorgeeinrichtungen langfristige Investorinnen sind, hatten viele von ihnen während den guten Börsenjahren bis 2021 ihre Wertschwankungsreserven aufgebaut. Nun ist aber auf Ende 2022 ein grosser Teil davon aufgebraucht, so dass nur noch 58% der Vorsorgeeinrichtungen über solche Reserven über 25% verfügen. Temporäre Unterdeckungen sind gesetzlich erlaubt. Die laufenden Renten der Pensionierten sind garantiert. Erwerbstätige könnten aber mit Minderverzinsungen sowie Sanierungsbeiträgen konfrontiert werden.
Was bedeutet der Begriff: Vollversicherung
Vollversicherungen garantieren die 100-prozentige Sicherheit der Altersguthaben und die Mindestverzinsung auf dem obligatorisch angesparten Teil des Altersguthabens gemäss BVG. Somit kennt die Vollversicherung keine Unterdeckung. Arbeitgeber und Versicherte tragen daher auch kein Risiko, Sanierungskosten mitfinanzieren zu müssen, wenn die Kapitalmärkte zu wenig Rendite abwerfen oder wenn die Börsen einbrechen.
Was ist die OAK BV
Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge ist eine unabhängige Behördenkommission. Sie wird vollständig über Abgaben und Gebühren finanziert. Sie beaufsichtigt die acht kantonalen/regionalen Aufsichtsbehörden der Vorsorgeeinrichtungen. Die OAK BV selbst beaufsichtigt Anlagestiftungen, Sicherheitsfonds und Auffangeinrichtungen. Die OAK BV ist auch zuständig für die Zulassung der Experten für berufliche Vorsorge.