Institutionelle Betreuungsangebote sind in der heutigen Gesellschaft ein zentraler Pfeiler für die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit beider Eltern sowie für ein gutes Aufwachsen der Kinder. Berufstätige Eltern sind auf eine qualitativ eiwandfreie, verfügbare, verlässliche und bezahlbare familienergänzende Kinderbetreuung angewiesen. Leider können sich Eltern nicht überall in der Schweiz auf solche Angebote verlassen, denn noch immer wird die Bereitstellung und Finanzierung dieser Angebote als mehrheitlich private Aufgabe mit oft geringer Unterstützung durch die öffentliche Hand angesehen. Das sollte sich ändern, weil die positiven Auswirkungen erheblich sind.
Die Mitfinanzierung der Kinderbetreuung (zur Senkung der Elterntarife) ist bis anhin meist bei den Gemeinden angesiedelt. Mit wenigen Ausnahmen beteiligen sich erst seit kurzem vermehrt auch Kantone an der Finanzierung, wenn auch in ganz verschiedenem Ausmass. Damit ist die finanzielle Belastung der Eltern nicht nur sehr unterschiedlich, sondern trotz des Engagements der öffentlichen Hand immer noch sehr hoch.
Die Eidgenössische Kommission für Familienfragen EKFF hat aufgrund dieser Problematik eine Studie veranlasst, um die Bezahlbarkeit der institutionellen Kinderbetreuung in Kindertagesstätten, Tagesfamilien und Tagesstrukturen zu untersuchen und Licht in den föderalen Wildwuchs an Finanzierungssystemen und Tarifordnungen zu bringen. Zudem wurden die kantonalen Gesetzgebungen bezüglich Finanzierungschlüssel, -mechanismen und Geldströme sowie die Elterntarife in den Kantonen und 13 Beispielgemeinden verglichen.
Finanzierungsmodelle im In- und Ausland
Die Studie zeigt Defizite auf, aber auch gute Praxisbeispiele. Ein offener Blick in zehn europäische Länder hat dabei geholfen, innovative Ansätze mit einzubeziehen. Die Resultate der Studie bestätigen das Bild der aktuellen Publikationen des Preisüberwachers sowie der Credit Suisse: Der Wohnort entscheidet, ob qualitativ gute Kinderbetreuung verfügbar und bezahlbar ist. Eltern erfahren dabei sehr unterschiedliche finanzielle Belastungen. Die hohen Elterntarife bilden häufig einen negativen Erwerbsanreiz.
Es ist klar: Ohne Finanzierung durch die öffentliche Hand über die ganze Schweiz hinweg wird es kein Betreuungsangebot geben, das gerecht, qualitativ gut und nachhaltig aufgebaut ist. Dabei würde sich dies schon in wenigen Jahre lohnend auswirken.
Schweiz: Eltern tragen die Hauptlast der Kosten
In den meisten Kantonen liegt die Hauptlast der Finanzierung der institutionellen Betreuung bei den Eltern, wobei sich die Gemeinden und teilweise auch der Kanton ebenfalls beteiligen. In fünf Kantonen sind auch die Arbeitgeber in die Finanzierung eingebunden – in vier Kantonen der Westschweiz sowie im Tessin. Im Frühbereich werden die Eltern in den Kantonen Genf, Waadt und Neuchâtel finanziell am stärksten entlastet. Im Schulbereich zählt zusätzlich auch Basel-Stadt zu den Kantonen mit stark ausgeprägter öffentlicher Finanzierung. Weiter finden sich in den meisten Kantonen einzelne Gemeinden – v. a. grössere Städte – die die Eltern stärker entlasten (mit einem durchschnittlichen Finanzierungsanteil der Eltern von unter 50 Prozent).
Europäische Länder: Staatliche Finanzierung stark ausgeprägt
Was in der Schweiz eher die Ausnahme darstellt, ist im europäischen Ausland der Regelfall. In den meisten untersuchten Staaten wird Kinderbetreuung als öffentliche Aufgabe gesehen, die auch überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert wird. Nebst einer deutlich ausgeprägteren staatlichen Finanzierung tragen noch weitere Faktoren zur finanziellen Entlastung der Eltern bei: Eine umfassende Elternzeit mit hohem Erwerbsersatz, welche dafür sorgt, dass die Betreuung im ersten Lebensjahr des Kindes für die Familien sichergestellt ist. Ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, wie er in der Schweiz erst in den Kantonen Basel-Stadt und Genf (nur für Tagesstrukturen) besteht. Oder auch öffentliche Tagesschulen, wo es selbstverständlich ist, dass alle Schülerinnen und Schüler den Mittag in der Schule verbringen. Auch wenn keines der ausländischen Systeme telquel auf die Schweiz übertragbar sein dürfte, ergeben sich daraus viele Denkanstösse für die Weiterentwicklung der Betreuungslandschaft und der weiteren damit verknüpften Rahmenbedingungen in der Schweiz.
Eltern je nach Wohnort sehr unterschiedlich durch Betreuungsausgaben belastet
Ein detaillierter Quervergleich von ausgewählten Gemeinden zeigt grosse Unterschiede der vorhandenen Trägerschafts- und Finanzierungsmodelle wie auch der Elterntarife (siehe Abbildung 1).