3. Eine gute Qualität der Betreuungsangebote sicherstellen
Eine gute Betreuungsqualität ist für die kindliche Entwicklung zentral. Wichtig sind neben einem wertschätzenden und aufmerksamen Umgang der Betreuungsper-sonen mit den Kindern vor allem die Qualifikation und Erfahrung des Betreuungspersonals und der Betreuungsschlüssel. Eine kindgerechte Ausgestaltung dieser Faktoren ist mit Kosten verbunden. Es ist deshalb entscheidend, der Qualität der Betreuung bei der Ausgestaltung der Finanzierungsmodelle ein hohes Gewicht beizumessen. Eine gute Qualität kann mit den folgenden Ansätzen sichergestellt werden.
- Bei der Kostenkalkulation Qualitätsaspekte gebührend berücksichtigen, dies gilt für die öffentliche Hand bei der:
- Finanzierung der eigenen Angebote
- Subjektfinanzierung von Angeboten privater Träger (Festlegung der Normkosten- oder Vollkostensätze, der Betreuungsgutscheinhöhe) oder
- Objektfinanzierung von privaten Angeboten (Festlegung der Höhe der Objektfinanzierung)
- Direkte Zuschüsse für besondere Qualität gewähren; d. h. (zusätzliche) finanzielle Beiträge an eine Qualität, die höher ist, als für die Bewilligung verlangt wird.
Sicherstellung einer guten Qualität
St. Gallen: Der städtische Normkostensatz entspricht den durchschnittlichen Vollkosten der Kindertagesstätten der vergangenen Jahre und berücksichtigt die gültigen Qualitätsvorgaben der Aufsichtsbehörde sowie die Öffnungszeiten der Einrichtungen. Er wird regelmäsig von einer Arbeitsgruppe (inkl. interessierten Trägerschaftsvertretungen) überprüft und an die realen Kosten angepasst.
Bellinzona: Kindertagesstätten erhalten vom Kanton zusätzliche Beiträge, wenn sie die kantonalen Mindestvorgaben übertreffen, z. B. beim Anteil des ausgebildeten pädagogischen Personals oder beim Lohnniveau. Insgesamt kann so der kantonale Finanzierungsanteil von 40% (bei Erfüllen der Mindestanforderungen) bis zu 66% ausgedehnt werden.
Schlussfolgerungen
Das Ziel, den Zugang aller Kinder zu institutioneller Betreuung zu ermöglichen, Erwerbsanreize zu fördern und gleichzeitig eine gute Qualität der Angebote sicherzustellen, kann mit verschiedenen Finanzierungsmodellen erreicht werden. Ob öffentliche oder private Trägerschaften, Objekt- oder Subjektfinanzierung, Normkostenmodell oder Betreuungsgutscheine ist dabei weniger relevant – es kommt vor allem auf die Höhe der Mitfinanzierung durch die öffentliche Hand, allenfalls die Arbeitgeber und weitere Akteure an. Weiter ist bei der Ausgestaltung der Finanzierungs- und Tarifmodelle darauf zu achten, dass die Qualität der Betreuung angemessen berücksichtigt wird, dass möglichst alle Eltern von den öffentlichen Beiträgen profitieren, dass die Tarife sozialverträglich ausgestaltet sind und einen Erwerbsanreiz bewirken.
Um Eltern finanziell zu entlasten, braucht es in erster Linie das Engagement und die Investitionsbereitschaft der öffentlichen Hand. Die nötigen Mehrausgaben für die institutionelle Kinderbetreuung können auf unterschiedliche Art und von verschiedenen Akteuren mitfinanziert werden. Es besteht die Möglichkeit einer Steuerfinanzierung wie sonst im Bildungsbereich üblich. Weiter ist es denkbar, die Finanzierungslast stärker auf verschiedene Akteure zu verteilen: auf Gemeinden und Kantone sowie allenfalls auf den Bund und die Arbeitgeber. Letztlich profitieren alle Ebenen und Akteure von den Investitionen in die Betreuungsangebote. Erst jüngst zeigte eine Kosten-Nutzen-Studie für die Schweiz, dass sich Investitionen in familienergänzende Kinderbetreuung für die öffentliche Hand bereits nach wenigen Jahren auszahlen (Jacobs Foundation 2020).
Die Studie wurde von INFRAS und evaluanda verfasst.
Susanne Stern
Dipl. Sozialgeografin, Exec. Master Gender Management, INFRAS
Susanne Stern
Dipl. Sozialgeografin, Exec. Master Gender Management
Bereichsleiterin, Partnerin, Verwaltungsrätin bei INFRAS
… leitet den Bereich Bildung und Familie bei INFRAS. Sie ist Spezialistin für Familien-, Gleichstellungs- und Bildungspolitik mit einem speziellen Schwerpunkt im Bereich der familien- und unterrichtsergänzenden Betreuung. Sie verfügt über langjährige Erfahrung mit sozialwissenschaftlichen Forschungsprojekten und Evaluationen.