Mitverantwortung der Arbeitnehmenden bei der Lohneinstufung

Der Lohn einer Lehrerin im Kanton Basel-Stadt wurde bei ihrer (Wieder-)Anstellung nach zweieinhalbjähriger Pause um drei Stufen zu tief festgesetzt. Die Lehrerin hat den Arbeitsvertrag vom 7. Februar 2009 akzeptiert und unterzeichnet. Die Lehrerin hat ihr Ersuchen um Überprüfung ihrer Einstufung vom 26. Juni 2018 mehr als neun Jahre nach ihrer Wiederanstellung vom 7. Februar 2009 gestellt. Strittig war, ob dieser Antrag auf Berichtigung der Lohnstufe zu einer rückwirkenden Lohnnachzahlung führt.

Nach der Rechtsprechung des kantonalen Gerichts haben eine zu tiefe Einstufung und entsprechend ein zu tiefer Lohn so lange Geltung, bis sie als Folge der eigenen Aktivität des Betroffenen oder der Aktivität Dritter anzuheben sind. Dabei findet jedoch keine Rückwirkung statt, wenn Mitarbeitende selbst keinen Antrag auf Neueinreihung gestellt hatten. Das Bundesgericht musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob diese Regelung vor dem Rechtsgleichheitsgebot nach Art. 8 Abs. 1 und 2 der Bundesverfassung (BV, SR 101) standhält.

§ 9 des baselstädtischen Personalgesetzes vom 17. November 1999 (PG, SG 162.100) sieht vor, dass das Arbeitsverhältnis mit einem Lehrer durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Arbeitsvertrages auf unbestimmte oder befristete Zeit entsteht. Mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages werden auch die Vertragsinhalte geregelt, wozu auch die Einstufung der Mitarbeitenden nach § 8 des Lohngesetzes (LG, SG 164.100) und der entsprechenden Einreihungsverordnung gehört. Bei der Festlegung der Stufe wird innerhalb einer Lohnklasse die Berufserfahrung und die berufsförderliche allgemeine Lebenserfahrung berücksichtigt (§ 8 Abs. 2 LG, § 12 EVO).

Der konkrete Sachverhalt

Die Arbeitnehmerin A war von Oktober 2000 bis 31. Juli 2006 befristet als Lehrperson der Sekundarstufe I tätig (zuletzt Lohnklasse 12, Stufe 05). Ab 7. Februar 2009 wurde sie wieder als Lehrperson Sekundarstufe I angestellt. Bei der Wiederanstellung wurde der Lohn der Lehrerin um drei Stufen zu tief (Stufe 02 statt 05 von Lohnklasse 12) festgesetzt. Am 13. November 2017 kündigte sie ihren Arbeitsvertrag auf den 29. Juni 2018. Die Lehrerin wandte sich mit E-Mail vom 26. Juni 2018 erstmals an die Personalabteilung des Erziehungsdepartements und verlangte eine Überprüfung der Einstufung bzw. ihrer Arbeitsverträge seit August 2001. Das Erziehungsdepartement räumte ein, dass bei ihrem Wiedereintritt auf den 7. Februar 2009 die Lohnstufe 05 (statt 02) der Lohnklasse 12 hätte übernommen werden müssen. Das Erziehungsdepartement hat die von der Lehrerin beantragte rückwirkende Korrektur der Lohneinstufung mit entsprechender Lohnnachzahlung abgelehnt.

Der Entscheid des kantonalen Gerichts

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht erwog in seinem Entscheid vom 3. August 2020 (VD.2020.70), es sei unbestritten, dass die Arbeitnehmerin bei ihrer Wiederanstellung als Lehrperson Sekundarstufe I per 1. Februar 2009 nicht korrekt, d. h. um drei Stufen zu tief eingestuft worden sei. Weiter stehe fest, dass die Arbeitnehmerin den damaligen Arbeitsvertrag vom 7. Februar 2009 akzeptiert und unterzeichnet habe und dass der erste belegbare Widerspruch von ihrer Seite mit Mail vom 26. Juni 2018 erfolgte.

Allerdings würden solche Irrtümer praxisgemäss pro futuro berichtigt, nämlich mit Wirksamkeit auf den Folgemonat der Antragstellung des betroffenen Mitarbeitenden. Demzufolge hätten Kantonsangestellte zwar einen gesetzlichen Anspruch auf Korrektur ihrer Einstufung pro futuro, darüberhinausgehend aber keinen Anspruch auf Lohnnachzahlung. Das kantonale Gericht begründete seinen Entscheid zum einen mit der aus der zweiseitigen Natur des Anstellungsverhältnisses fliessenden Mitverantwortung des Arbeitnehmers bezüglich Korrektheit der Einstufung und zum anderen mit der verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht, soweit die Angestellten bezüglich der tatsächlichen Umstände ihrer Berufserfahrung und der berufsbezogenen Lebenserfahrung besser im Bild seien als die Anstellungsbehörde. Die Arbeitnehmerin hätte beanstanden können, dass ihr irrtümlicherweise drei Jahre Erfahrung nicht angerechnet wurden. Dies hat sie jedoch unterlassen, weshalb die Anstellungsbehörde davon ausgehen durfte, dass die Arbeitnehmerin den festgelegten Lohn widerspruchslos akzeptiert hatte.

Nach der Praxis des Verwaltungsgerichts bewirkt eine veränderte Einstufung nicht, dass die entsprechende Besserstellung der angestellten Person auch rückwirkend auf den Zeitpunkt der früheren Einstufung hin zu erfolgen hat. Das Verwaltungsgericht erwog, dass nur die Angestellten, welche erfolgreich gegen eine Einreihungsverfügung rekurriert hätten, rückwirkend auf das Datum der angefochtenen Verfügung in die höhere Lohnklasse eingereiht werden müssten. Andere Inhaber und Inhaberinnen der gleichen Stelle profitierten von deren neuen Einreihung praxisgemäss erst ab dem Folgemonat nach dem Rechtsmittelentscheid und nicht rückwirkend. Gemäss Verwaltungsgericht widerspreche es nicht dem allgemeinen Rechtsgleichheitsgebot von Art. 8 Abs. 1 und 2 der Bundesverfassung, diejenigen Mitarbeitenden, die das Risiko von Einsprache und Rekurs gescheut hätten, für eine beschränkte Übergangszeit schlechter zu stellen als ihre Kollegen, welche die Einreihungsverfügung mit Erfolg angefochten hätten. Folglich haben eine zu tiefe Einstufung und entsprechend ein zu tiefer Lohn so lange Geltung, bis sie als Folge der eigenen Aktivität des Betroffenen oder der Aktivität Dritter anzuheben sind.

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