ZV-Fachtagung Brunnen nach der Corona-Pause

Homeoffice: Die Aufgabe steht im Vordergrund, nicht mehr der Arbeitsort

Auffällig war: Eine ausserordentlich gut gelaunte Truppe hat sich in Brunnen eingefunden, jede und jeder froh, wieder «unter Leuten» zu sein, den unmittelbaren Austausch pflegen zu dürfen. Das Tagungsthema war durch das erzwungene Homeoffice faktisch vorgegeben: Was passiert jetzt? Freiwilliges Homeoffice nach dem Zwang? Es ging um die Zukunft der Arbeitsformen, ihre Vorteile, ihre Gefahren. Wir gestalten sie alle mit, wenn wir uns ausreichend engagieren. Das Rüstzeug für die Mitwirkung konnte man sich an der ZV-Fachtagung in reichem Mass holen. Arbeitswelt in Bewegung – ein Thema, das jeden betrifft.

Ich gehe ins Büro, wenn ich mich austauschen will, wenn ich Leute treffen will, gehe aber nicht, wenn ich drei Skype-Besprechungen habe – so Referent Pius Breu, Bereichsleiter «Personalpolitische Projekte und Diversity» beim Personalamt des Bundes. Deshalb muss das Büro attraktiv sein. Es geht nicht nur um technische Geräte und Serverzugriff, sondern auch um die Büroräumlichkeiten. Der Arbeitgeber muss bei der Gestaltung der räumlichen Infrastruktur darauf achten, dass ein Büro von den Mitarbeitenden als ein Ort empfunden wird, zu dem man gerne geht – und das Büro in Zukunft andere Funktionen erfüllen muss, als blosser Arbeitsplatz für den Einzelnen zu sein.

Das ist in Bern kein neues Thema. Die Personalstrategie des Bundes beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Frage, wie ein zeitgemässes Arbeitsumfeld aussehen soll. Mobiles Arbeiten ist eine Tatsache, die Frage ist nur, wann man wo arbeiten soll. Die Anwesenheit im Büro ist nicht Garant dafür, dass auch gearbeitet wird. Das entschärft auch die Frage, ob zu Hause tatsächlich gearbeitet wird; denn die Aufgabenerfüllung ist (ohnehin) eine andere Art zu prüfen.

Rahmenbedingungen teilweise unklar

In der Bundesverwaltung wurde bereits vor Jahren auf den Einsatz mobiler Geräte umgestellt und Skype eingeführt, was die Umsetzung von Homeoffice nach dessen pandemiebedingter Anordnung erheblich erleichterte. Allerdings waren nicht alle Rahmenbedingungen geklärt, so etwa, wer welche Kosten trägt. Der Bund hat dann relativ schnell diese offenen Fragen reguliert, überprüft jetzt die Bestimmungen und passt sie an, soweit sie sich als ungenügend oder den konkreten Verhältnissen nicht angemessen erwiesen haben.

Homeoffice und die Gestaltung des Arbeitstages hängen aber auch massgeblich von der Person ab, die das macht. Einige wollen klar zwischen Arbeit und Freizeit unterscheiden und machen nichts Privates während der Arbeitszeit und nichts Geschäftliches in der Freizeit, anderen ist es wohler, den Tag in Abwechslung dieser Tätigkeiten zu gestalten.

Führung ist schon im Büro schwierig, Führung ist aber mit Homeoffice noch schwieriger. Der Denkansatz muss sein: Die Aufgabe steht im Vordergrund, nicht mehr der Arbeitsort. Herausforderungen sind die Ansprüche, die gestellt werden («Anspruch auf Homeoffice ja oder nein»), der Gesundheitsschutz, die soziale Integration der Mitarbeitenden, aber auch die Politik, die in alle Richtungen drückt.

Der Vorgesetzte ist nicht mehr frei

Der Bund hat eine wegweisende Grundsatznorm zugunsten der Realisierung flexibler Arbeitsformen geschaffen. Art. 64a Bundespersonalverordnung (BPV) sagt als Erstes: Vorgesetzte fördern die flexiblen Arbeitsformen. Ein Vorgesetzter kann somit heute nicht mehr sagen, ich bin der Typ, der die Leute vor Ort will, diese Freiheit hat er nicht mehr. Es müssen die persönlichen Bedürfnisse der Angestellten im Kontext der Aufgabenerfüllung und der betrieblichen Interessen berücksichtigt werden. Es gilt: Angestellte sollen ihre Aufgaben so flexibel wie möglich erbringen können.

Beim Gesundheitsschutz steht der Arbeitgeber gestützt auf die Arbeitsgesetzgebung in der Pflicht, sobald und soweit der Mitarbeitende Homeoffice leistet. Er muss solchenfalls sicherstellen, dass auch zu Hause ein aus gesundheitlicher Perspektive genügender Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Bund lässt es aber bei der Selbstdeklaration (des Mitarbeitenden) bewenden. Dennoch gilt: Der Arbeitgeber muss wachsam bleiben; wenn er bemerkt, dass der Mitarbeitende Probleme hat, muss er nachfragen, ob dies etwas mit dem Homeoffice zu tun hat.

Die Entschädigungsfrage, so die beiden Referenten Pius Breu und Simona Ingold, Arbeits- und Organisationspsychologin beim Personalamt des Bundes, muss geregelt werden, was aber nicht immer einfach fällt, da die Verschiedenheit der konkreten Verhältnisse nach differenzierten Lösungen ruft. Der Grundsatz bleibt, dass es keine Entschädigung gibt, wenn vor Ort in der Verwaltung ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht; anders ist aber zu entscheiden, wenn z. B. vertraglich vorgesehen ist, dass der Mitarbeitende in Teilzeit zu Hause arbeiten muss.

Eine grosse Herausforderung ist die Bestimmung und Berechnung der Arbeitszeit: Was gilt als Arbeitszeit und was nicht? Man versucht, dies mit Flexibilisierung und Jahresarbeitszeit zu lösen. Dann erübrigen sich Diskussionen wie jene, ob der Arbeitsweg angesichts der Möglichkeit, etwa im Zug auch noch regelmässig eine Arbeitsleistung zu erbringen, auch zur Arbeitszeit zu zählen ist.

Homeoffice als Rekrutierungstool

Die Förderung von Homeoffice hat auch zum Hintergrund, dass man als «Arbeitgeber Bund» attraktiv bleiben will. Wenn Homeoffice ein grosses Anliegen der Mitarbeitenden ist, dann muss der Bund reagieren, sonst läuft er Gefahr, dass sich bald Rekrutierungsschwierigkeiten für qualifiziertes Personal einstellen werden.

Selbstverständlich sind auch in der Bundesverwaltung noch nicht alle Fragen gelöst, aber man muss beginnen, sich entscheidoffen auszutauschen, seine Fragen zu stellen – sei es nun top down oder umgekehrt. Der Dialog ist wichtig, die Erwartungen der Mitarbeitenden müssen abgeholt werden. Dann kann man schauen, was geht und was nicht geht.

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