«Der Kontakt zu den Leuten ist mein Ding»

Interview mit René Ryser, Strassenreiniger und Werkhofmitarbeiter der Stadt Baden

Wie ist die Reaktion der Bevölkerung generell auf Ihre Arbeit?

Die ist überwiegend positiv. Ich bin aus gesundheitlichen Gründen momentan nicht mit dem Elektromobil unterwegs. Das haben die Leute gemerkt, und da gab es einige Rückmeldungen, zum Beispiel Karten mit «Gute Besserung». Oder Kollegen, die meine Tour momentan übernehmen, richten Grüsse von da und dort aus, verbunden mit der Frage, wann ich wieder in der Stadt unterwegs sein werde. Wenn ich mal privat in der Stadt bin, kommen die Leute direkt auf mich zu und fragen, wie es mir geht.

Haben Sie auch negative Erfahrung gemacht?

Die gibt es überall. Ich sage mir aber, dass man sich nicht auf das Negative fixieren darf. Sonst zieht das einen emotional nur runter. Am besten leitet man Bemängelungen direkt weiter oder erklärt freundlich – wenn das so ist –, dass der beanstandete Bereich nicht in das Zuständigkeitsgebiet der Stadt Baden fällt. Das ist etwa der Fall, wenn jemand aus Ennetbaden herumliegende Glasscherben meldet. Jenseits der «Schiefen Brücke» darf ich nicht im Einsatz sein.

Wie reagieren Sie, wenn Sie Abfallsünder in flagranti ertappen?

Dann halte ich kurz an, grüsse die Leute und frage: Haben Sie Abfall? Die erste Reaktion ist ein schräges Blicken. Ich biete ihnen dann an, den Abfall direkt hinten in den Elektromob zu werfen. Und darauf reagieren viele erfreut, sie packen ihren Abfall und werfen ihn bei mir hinten ins Fahrzeug hinein.

Es gibt auch heiklere Situationen; wo beispielsweise Spritzen involviert sind, lasse ich mich auf keine Diskussionen ein, da grüsse ich lediglich freundlich und gehe weiter. Das funktioniert einwandfrei.

Gibt es in Baden ein Littering-Bussensystem?

Ganz zu Beginn, als das Littering aufkam, wurden die Leute gebüsst. Soviel ich weiss, werden heute nur sporadisch Bussen erteilt.

Sie haben täglich viele Begegnungen mit Menschen. Gibt es eine Begebenheit oder Geschichte, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ja. Da gab es einen Knaben, mittlerweile ist er ein Teenager. Jedes Mal, wenn mich dieser Knabe sah, hat er mir zugewinkt. Und ich habe das Winken jedes Mal erwidert. Erst danach wollte er jeweils mit seinen Eltern wieder weitergehen. Für ihn war durch dieses gegenseitige Winken der Tag irgendwie gerettet. Winken, zurückwinken – und dann ein Strahlen. Die Eltern haben es nicht geschafft, ihn ohne dieses «Ritual» zum Weitergehen zu bewegen.

Sie haben sicher auch Kollegen in privaten Unternehmen. Reden Sie über die verschiedenen Arbeitgeber?

Ein wenig schon. Die meisten Kollegen wissen, dass ich bei der Stadt arbeite. Meine beiden Jungs mögen es hingegen nicht so sehr, wenn wir privat in die Stadt gehen, weil mich dort viele Leute kennen. Wenn wir gemeinsam im öffentlichen Raum unterwegs sind, werde ich von vielen Seiten gegrüsst oder angesprochen; das dauert ihnen zu lange.

Sind Sie zufrieden mit dem öffentlichen Arbeitsgeber oder wären Sie lieber in der Privatwirtschaft?

Für mich macht es keinen Unterschied. Ich habe mich für diese Aufgabe im öffentlichen Dienst entschieden und bin zufrieden hier. Mir gefällt das Ganze.

Sind Sie in Baden aufgewachsen?

Nein, ich bin ein Hägendörfler. Also, ich bin in Hägendorf im Kanton Solothurn aufgewachsen.

Mögen Sie uns auch etwas über sich, über Ihr privates Leben erzählen? Sie haben eine Familie?

Ich habe zwei Kinder und bin geschieden.

Haben Sie ein Hobby?

Nein, Hobbys habe ich gar nicht. Das kommt noch von meiner Zeit als Strassenmarkierer her. Dort hat man neben der Arbeit gar nie etwas machen bzw. planen können. Auch Abmachungen waren schwierig. Wenn man zudem den ganzen Tag über draussen aktiv ist, dann fühlt man sich abends körperlich auch einfach müde.

Sie schöpfen demnach viel Zufriedenheit aus Ihrem beruflichen Alltag?

Ja. Und auch durch meine Kinder.

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