Kaum schien die Covid-19 Pandemie zumindest vorübergehend überwunden, da kamen bereits der Kriegsausbruch in der Ukraine und die globale Energiekrise. Folge davon ist eine Inflationsrate, wie sie die Schweiz seit 1993 nicht mehr gesehen hat. Mit einer Teuerung von 2.9% steht die Schweiz im europäischen Vergleich zwar gut da, aber auch hierzulande sind die Preisanstiege merklich spürbar. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass die Lohnverhandlungen keine einfache Angelegenheit waren. Die Ergebnisse sind durchzogen: Zufriedenheit auf der einen Seite, grosse Unzufriedenheit auf der anderen. Der Rücklauf der Umfrage war dieses Mal so hoch wie noch nie – es haben fast alle unsere Verbände die Fragen beantwortet; unser Bild der Lage ist damit repräsentativ. Das Positive vorab: Fast alle Mitgliederverbände meldeten Anpassungen der Löhne an die Teuerung. Was aber als angemessene Erhöhung akzeptiert werden kann, darüber gingen die Meinungen erheblich auseinander – die Meinungen zwischen unseren Personalverbänden und den Arbeitgebern.
Öffentliches Personal Schweiz (ZV) hat im Vorfeld der Lohnrunde für das Jahr 2023 (im Jahr 2022) einen Teuerungsausgleich von 3% sowie eine Reallohnerhöhung von 2% gefordert. Die Auswertung der Rückmeldungen aus unseren Mitgliederverbänden zeigt: Es wurde in der Regel ein Teuerungsausgleich gewährt, dieser Betrug im Durchschnitt allerdings nur knapp 2%. Reallohnerhöhungen gab es nur in Einzelfällen.
Vorab zu den Begrifflichkeiten, damit die Umfrage richtig verstanden werden kann:
- Teuerungsausgleich meint die nominelle Erhöhung des Lohnes mit dem Zweck, den durch die Teuerung bedingten Kaufkraftverlust auszugleichen.
- Reallohnerhöhung meint die nominelle Erhöhung des Lohnes mit dem Ergebnis, dass die Kaufkraft gesteigert wird; dies bedingt, dass die Teuerung vorab voll ausgeglichen wird; wird sie nicht voll ausgeglichen, kann auch keine Reallohnerhöhung vorliegen oder nur dann, wenn die separat ausgewiesene «Reallohnerhöhung» prozentual höher ist als die Differenz bis zum vollen Teuerungsausgleich. An diese Begrifflichkeit halten sich die Arbeitgeber nicht immer, bei der Umfrage ist gelegentlich vom teilweisen Ausgleich der Teuerung und einer gleichzeitigen Reallohnerhöhung die Rede, was irreführend ist.
- Generelle Lohnerhöhung meint die nominelle Erhöhung des Lohnes für alle, also unabhängig von der persönlichen Leistung des Einzelnen. Bei generellen Lohnerhöhungen werden die Lohnbänder um die Lohnerhöhung angehoben. Hier sind Differenzierungen möglich, in dem nur die untere oder nur die obere Grenze des Lohnbandes oder nur die Lohnbänder einzelner Funktionen oder Berufsgruppen angehoben werden.
- Strukturelle Lohnerhöhung meint die nominelle Erhöhung des Lohnes einzelner Mitarbeitender oder Gruppen von Mitarbeitenden aus speziellen Berufsgruppen, die im Branchenvergleich zu tief entschädigt werden (was der Arbeitgeber regelmässig daran merkt, dass er die Stellen nicht mehr besetzen kann).
- Erhöhung der Lohnsumme meint die finanziellen Mittel, um die nominell nach oben korrigierten Löhne finanzieren zu können; die Erhöhung der Lohnsumme in Prozent und der Teuerungsausgleich / die Reallohnerhöhung müssen sich nicht decken, weil etwa Rotationsgewinne ebenfalls zur Finanzierung beitragen können. Teilweise wird zwischen der Lohnsumme für die generelle Lohnerhöhung und jener für die individuelle Lohnerhöhung differenziert, teilweise nicht.
- Individuelle Lohnerhöhung meint die Erhöhung des Lohnes gestützt auf die individuelle Leistungsbeurteilung. Dabei handelt es sich im Grundsatz nicht um eine Lohnerhöhung, da die bessere Qualifikation und Leistung entschädigt werden und nicht etwa für dieselbe Leistung mehr bezahlt wird. Das Durchlaufen des Lohnbandes bei guter Leistung vom Minimum in die Nähe des Maximums führt zwar zu einer Erhöhung des nominellen Lohnes, aber gestützt auf die Erfahrung und Leistungsfähigkeit des Mitarbeitenden oder der Mitarbeitenden und nicht etwa deshalb, weil der Arbeitgeber für die gleiche Leistung mehr bezahlen will. Die individuelle Lohnentwicklung wurde in der Lohnumfrage gleichwohl nachgefragt, weil die öffentlichen Arbeitgeber Einsparungen häufig bei der Festsetzung der Lohnsumme für die Leistungslöhne (zu Unrecht) realisieren. Weil es begrifflich weit verbreitet ist, wird auch die individuelle Lohnentwicklung als «Lohnerhöhung» bezeichnet und nicht, wie eigentlich richtig, als Lohnentwicklung.
- DAZ oder Dienstalterszulagen-System: das DAZ-System (früher die Regel, heute die Ausnahme) ist das gleiche wie die individuelle Lohnerhöhung mit dem einzigen Unterschied, dass dies faktisch automatisiert erfolgt und nicht gestützt auf eine detaillierte Leistungsbeurteilung des Einzelnen; gleichwohl ist auch bei der DAZ eine gute Leistung erforderlich, andernfalls die Lohnentwicklung nicht gewährt wird.
- Ausgleich von Rückständen meint die in den letzten Jahren nicht voll ausgeglichene Teuerung.
Die Fragestellungen in unserer Lohnumfrage waren teilweise redundant. Das erfolgte absichtlich, um Missverständnisse bei den Begrifflichkeiten zu erkennen. Aus den Umfrageergebnissen sieht man, dass gelegentlich zwischen Teuerungsausgleich, genereller Lohnerhöhung und Reallohnerhöhung unterschieden wird. Das ist gestützt auf die Begrifflichkeit nicht unbedingt notwendig, wurde aber beibehalten, damit die Überlegungen hinter der Lohnrunde des Arbeitgebers erkennbar bleiben. Ein Beispiel: Wer einen Teuerungsausgleich erhält, bei dem liegt eine generelle Lohnerhöhung vor (Anhebung der Lohnbänder), aber keine Reallohnerhöhung, wenn der Teuerungsausgleich nicht mehr als die volle Teuerung abdeckt.