Wertmethode oder Zeitmethode – was ist richtig?

Korrekte Erfassung von Arbeitszeit, Ferien, Feiertagen und Krankheitstagen bei Teilzeitmitarbeitenden

Die Verunsicherung bei der korrekten Erfassung der Arbeitszeit, der Ferien, der Feiertage und der Krankheitstage bei Teilzeitangestellten ist gross. In der Praxis gibt es zur Lösung der Frage, wie man rechnet, die Zeitmethode und die Wertmethode, die aber nicht zu den gleichen Ergebnissen führen. Da die Wertmethode von den effektiv geleisteten Stunden (zunächst) deutlich abweicht, stellt sich insbesondere die Frage, ob die Anwendung der Wertmethode bei der Zeiterfassung von Teilzeitmitarbeitenden zulässig ist. Diese Frage ist in der Praxis Dauerthema – und führt bei den Mitarbeitenden zu lebhaften Diskussionen. Was gilt?

Zur Konkretisierung wird von der folgenden Ausgangslage (in Anwendung der Wertmethode und im Sinn eines konkreten Beispiels) ausgegangen: Ein Mitarbeitender mit einem 80%-Pensum hat pro Arbeitstag eine Sollarbeitszeit von 6,43 h. Er besucht am Dienstag eine Weiterbildung. Entsprechend arbeitet er an vier Tagen pro Woche je 8,24 h und kompensiert mit der Überzeit von 1,41 h pro Tag die Abwesenheit infolge Weiterbildung am Dienstag. Bei Abwesenheit infolge Ferien, Feiertagen oder Krankheit an einem seiner üblichen  Arbeitstage wird die Sollarbeitszeit von 6,43 h gutgeschrieben. Entsprechend resultiert dadurch jeweils ein «Minussaldo» von 1,41 h. Ist das korrekt? Und muss dem Mitarbeitenden bei vereinzelten Abwesenheitstagen an seinen üblichen Arbeitstagen eine Zeitgutschrift von 8,24 h geleistet werden?

Grundsatz und Methoden

Für Teilzeitmitarbeitende gelten grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie für Vollzeitmitarbeitende (Thomas Geiser/Roland  Müller, Arbeitsrecht in der Schweiz, 3. Auflage, Bern 2015, Rz. 492). Bei der Berechnung und Erfassung der Arbeitszeit sowie von Feier- und Krankheitstagen stehen zwei verschiedene Methoden zur Diskussion:

  • die Wertmethode
  • die Zeitmethode.

Gesetzliche Grundlagen zu den beiden Methoden bestehen nicht. Sie stellen vielmehr die entwickelte Praxis bei Teilzeitarbeit dar.

Wertmethode

Nach der Wertmethode wird der Teilzeitmitarbeitende wie ein Vollzeitmitarbeitender behandelt. Dabei wird seine wöchentliche Sollarbeitszeit auf eine 5-Tage-Woche verteilt, auch wenn er nur an zwei oder drei Tagen pro Woche arbeitet. Entsprechend reduziert sich die tägliche Sollarbeitszeit gemäss dem jeweiligen Beschäftigungsgrad.

Bei jedem Abwesenheitstag werden dem Teilzeitmitarbeitenden je nach seinem Pensum nicht 8,4 h, sondern lediglich die reduzierten Sollstunden gutgeschrieben.

Ferien

Da die wöchentliche Sollarbeitszeit auf eine Woche verteilt wird, hat der Teilzeitmitarbeitende bei einem Ferienbezug von einer Woche auch jeden Werktag der Woche in der Zeiterfassung als Ferientag zu verbuchen. Entsprechend verfügt der Teilzeitmitarbeitende in Anwendung der Wertmethode über dieselbe Anzahl Ferientage wie ein Vollzeitangestellter (z.B. 20 oder 25 Tage).

Unterschiedlich ist jedoch in Abhängigkeit des Anstellungspensums der Wert eines Ferientags; er entspricht jeweils der täglichen Sollarbeitszeit. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden (bezogen auf ein 100%-Pensum) und einem Pensum von 80% hat ein Ferientag des Teilzeitmitarbeitenden daher einen Wert von 6,72 h.

Feiertag

Sofern ein Feiertag auf einen Arbeitstag des Teilzeitmitarbeitenden fällt, wird ihm entsprechend die übliche Sollarbeitszeit gutgeschrieben. Demnach kann bei eigentlicher Teilzeitarbeit ein Minussaldo resultieren, das sich aus der Differenz zwischen der Sollarbeitszeit bei
einem Vollzeitangestellten und der Sollarbeitszeit des Teilzeitangestellten berechnet.

Im Gegenzug resultiert ein Positivsaldo in der Zeiterfassung, wenn ein Feiertag auf einen Arbeitstag fällt, an dem der Mitarbeitende aufgrund seines Teilzeitsaldos nicht arbeitet. Der Positivsaldo entspricht der täglichen Sollarbeitszeit des Teilzeitmitarbeitenden.

Die Anzahl der Feiertage ist dabei für Vollund Teilzeitmitarbeitende gleich. Diese Lösung stellt unter anderem sicher, dass Teilzeitmitarbeitende mit gleichem Pensum, aber unterschiedlichen Anwesenheitstagen die gleiche Sollarbeitszeit zu leisten haben bzw. in den Genuss von gleich vielen Feiertagen kommen unabhängig davon, an welchen Wochentagen sie arbeiten.

Krankheitstage

Das soeben geschilderte System gilt auch bei Krankheitstagen. Ist ein Teilzeitmitarbeitender an einem seiner Arbeitstage krank, werden ihm lediglich seine reduzierten Sollstunden gutgeschrieben. Der Teilzeitmitarbeitende hat aber bei diesem System dem Arbeitgeber auch zu melden, wenn er an einem seiner freien Tage krank ist. Ihm werden dann auch für seine freien Tage, an denen er krank zu Hause ist, seine reduzierten Sollstunden gutgeschrieben.

Zeitmethode

Nach dem zweiten System, der zeitmässigen Anrechnung, legt man mit dem Teilzeitmitarbeitenden konkrete Tage als feste Arbeitstage (zum Beispiel Montag, Dienstag, Freitag) fest, an welchen die Arbeitszeit im vereinbarten Umfang geleistet werden muss.

Der Teilzeitmitarbeitende erbringt an diesen Tagen die festgelegten Arbeitsstunden (z. B. 8,4 h), die ihm dann gutgeschrieben werden. Feiertage werden nur gutgeschrieben, wenn sie auf einen Arbeitstag fallen. Das Gleiche gilt für die Krankheitstage. Wird der Teilzeitmitarbeitende an arbeitsfreien Tagen krank oder fallen diese auf einen Feiertag, so geht das vollumfänglich zu seinen Lasten und erscheint in keiner Weise in der Zeiterfassung.

Ein Ferienbezug erfolgt in Anwendung der Zeitmethode an denjenigen Tagen, die auf einen Arbeitstag des Mitarbeitenden fallen. Die Tage, an welchen der Mitarbeitende frei hat, gelten nicht als Ferienbezug. Entsprechend sind die dem Teilzeitmitarbeitenden zustehenden Ferientage (Anzahl) jeweils in Abhängigkeit von seinem Arbeitspensum zu kürzen. Ausgehend von 25 Ferientagen (als Beispiel) ergibt dies bei einem 80%-Pensum einen Ferienanspruch von 20 Tagen pro Jahr.

5 Kommentare “Wertmethode oder Zeitmethode – was ist richtig?

  1. Danke für diese Übersicht, die meines Erachtens aber nicht ganz vollständig ist.

    Bei der Wertemethode haben alle Teilzeitangestellten mit dem gleichen Teilzeitpensum die gleiche Sollzeit (Jahresarbeitszeit). Das klingt doch nach einer fairen Methode.

    Bei der Zeitmethode haben alle unterschiedliche Sollzeiten, je nach dem, an welchem Tag sie frei haben. Ich z.B. muss in diesem Jahr über 53 h mehr arbeiten als meine Kollegin, die im selben Pensum angestellt ist. Das sind über 2 Wochen mehr und schon im letzten Jahr musste ich 28 h mehr arbeiten als sie, also nochmals über 1 Woche mehr. Man sollte nicht seine eigene Arbeitszeit über die Jahre betrachten, sondern mit den Kolleginnen und Kollegen vergleichen, die im selben Pensum angestellt sind. Also für mich klingt die Zeitmethode nach einer unfairen Methode.

    Ich finde es komisch, dass in diesem Artikel nirgends auf diesen Unterschied bei den beiden Methoden hingewiesen wird. Dafür gibt es ein Gerichtsurteil zur Wertemethode, was den Anschein erweckt, dass dieses Modell vorher völlig unfair gewesen wäre. Natürlich war es auch unfair, vorher, aber der Nachteil war nicht so gross, wie das bei der Zeitmethode der Fall ist.

    Ich habe die letzten 7 Jahre in unserem Unternehmen angeschaut und festgestellt, dass jemand, der immer montags frei hat, im Vergleich zur Wertemethode 170,08 h mehr, jemand der immer mittwochs frei hat 123,88 h mehr und jemand der immer freitags frei hat 86,08 h mehr arbeitet. Also, alle arbeiten mit der Zeitmethode mehr als bei der Wertemethode.

    Warum wurde die Gleichbehandlungsfrage bei der Zeitmethode bis anhin nicht gestellt? Wo sind die Gerichtsurteile darüber?

  2. Dank im Voraus für den auch Laien verständlich geschriebenen Artikel!

    Ich bin Pflegefachfrau auf einer Notfallstation im 7 Tage/ Woche Schichtbetrieb und habe mich hinsichtlich unserer morgen stattfindenden Teamsitzung, wo uns das HR, das von uns kritisierte Fehlzeiten-Management erklären will, über das lineare Zeitabrechnungsmodell informiert.

    Ich habe Planungserfahrung von früher. Damals noch Zeitmethode, zumindest so weit der Arbeitsplan im voraus geschrieben war. Damit konnte ich gut leben.

    Mit der Wertmethode jedoch habe ich permanent den Eindruck beschissen zu werden, was, so wie ich Ihren Artikel deute, keine rechtliche Grundlage hat – und dennoch nicht fair ist!

    1. Das „permanent Beschissen zu werden“ bei der Wertmethode kann aber durchaus zu ihren Gunsten sein, beispielsweise bei Feiertagen, die bei der Zeitmethode auf einen Tag fallen würde, an dem sie nicht arbeiten.

      1. Das kommt je nachdem darauf an, an welchen Tagen gearbeitet wird. Ich arbeite zum Beispiel im 80% Pensum und habe immer am Mittwoch Frei. Über die letzten 5 Jahre habe ich insgesamt eine Woche verloren. Das ist doch nicht fair?!

        1. Wenn Sie immer am gleichen Tag Frei haben, sollten Sie tatsächlich überlegen, das Zeitmodel zu wechseln. In diesem Fall fahren Sie mir der Zeitmethode besser als mit der Wertmethode.

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