Die Lohnrunde 2020 ist Geschichte, der Pulverdampf hat sich – wieder einmal – verzogen, die Ergebnisse der Auseinandersetzungen stehen fest. Die Ergebnisse waren schon schlechter, das muss man feststellen. Da und dort sind Reallohnerhöhungen auszumachen, keine berauschenden Anpassungen, aber immerhin. Öffentliches Personal Schweiz (ZV) hat bei den Mitgliederverbänden die Ergebnisse erhoben. Es ist die Einschätzung der eigenen Situation im gesamtschweizerischen Kontext möglich.
Für das vergangene Jahr 2019 wurde vor allem gegen Ende des Jahres 2018 von einer nur schwachen Konjunkturentwicklung ausgegangen. Die Schweizer Wirtschaft erfuhr im 3. Quartal 2018 eine Vollbremsung. Nach fünf Quartalen mit stark überdurchschnittlichen Wachstumsraten schrumpfte das reale BIP um 0,2%. Die Schweiz folgte damit der internationalen Konjunkturverlangsamung, die sich im 3. Quartal gerade im Euroraum und dort insbesondere in Deutschland bemerkbar machte.
Die Expertengruppe des Bundes hält in ihrer Prognose Winter 2019/2020 an ihrer bisherigen Einschätzung fest, dass sich die Schweizer Konjunktur 2020 nur moderat entwickelt. Mit einer allmählichen konjunkturellen Belebung ist erst für 2021 zu rechnen. Nach 0,9% für das Jahr 2019 erwartet die Expertengruppe für 2020 ein BIP-Wachstum von 1,7% und für 2021 eines von 1,2%. Die grösste Prognoserevision ergibt sich bei der Teuerung: Die Expertengruppe geht für 2020 nunmehr von 0,1% Teuerung aus, gegenüber 0,4% in der letzten Prognose. Das alles betrifft den öffentlichen Arbeitgeber auch, aber nur indirekt.
Die öffentlichen Arbeitgeber wiesen in ihren Rechnungen – entgegen ihren Prognosen – zum Teil erhebliche Überschüsse aus. Öffentliches Personal Schweiz (ZV) empfahl deshalb eine Reallohnerhöhung. In den Lohnverhandlungen für das Jahr 2020 war von den guten Rechnungsabschlüssen nur vereinzelt etwas zu spüren, die Arbeitgeberseite übte sich weiterhin in Zurückhaltung. Sie vergass dabei, dass das öffentliche Personal mit seiner täglichen Arbeit einen wesentlichen Beitrag zu dieser guten Finanzlage leistet. Immerhin: Einzelnen Verbänden gelang es, moderat Reallohnerhöhungen durchzusetzen; wir reden hier von Anpassungen unter der 1%-Grenze, nichts Berauschendes also, aber immerhin ein kleines Zeichen.
Krankenkassenprämien
Unabhängig von der Betrachtungsweise der Lohnentwicklung ist klar, dass die Gewährung des Teuerungsausgleichs eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein muss. Wird dieser nicht gewährt, sinkt die Kaufkraft der Löhne, was die Arbeitnehmenden und letztlich auch die Wirtschaft belastet. Die Teuerungsprognose ist mit 0,1% tief, im Zeitpunkt der Verhandlungen dürfte sie allerdings noch bei 0,4% gelegen haben. Das hat kaum Ausdruck gefunden.
Nach wie vor ein Ärgernis ist die unterbleibende Berücksichtigung der seit Jahren stetig steigenden Krankenkassenprämien. Da diese im Landesindex der Konsumentenpreise nicht eingerechnet werden, erfolgt über den Teuerungsausgleich (wenn er denn gewährt wird) auch keine automatische Kompensation dieser Mehrkosten. Unterbleibt ein Teuerungsausgleich und wird auch keine Reallohnerhöhung gewährt, sehen sich Arbeitnehmende mit Mehrkosten konfrontiert, die sie nicht aktiv selbst verursacht haben, die jedoch dazu führen, dass der effektiv verfügbare Teil des Lohnes immer mehr sinkt.
Ergebnisse bei den Mitgliederverbänden
Bei der Gewährung eines Teuerungsausgleichs und einer generellen Reallohnerhöhung wurde Zurückhaltung geübt (wenn auch weniger als im letzten Jahr); über eine Erhöhung der Leistungslohnsumme hingegen darf sich die grosse Mehrheit der Verbände bzw. ihre Mitglieder freuen.
Der Nachholbedarf, sei es beim Teuerungsausgleich oder bei der Erhöhung der Reallohnsumme, scheint im Gesamtbild nicht mehr so gross wie in den letzten Jahren. Knapp über 50% der Verbände sehen keinen Nachholbedarf. Allerdings: Es ist schwierig, aus den Umfrageergebnissen zwingend auf diese Folge zu schliessen, weil der Rücklauf in diesem Jahr etwas zurückhaltend war und oft auch schwierig zu erheben ist, ob Nachholbedarf besteht.
Zu wenig Kreativität?
Lohnerhöhungen sind das eine, Verbesserungen der Arbeitsbedingungen das andere. Da würde man sich hie und da ein wenig mehr Kreativität wünschen. Das müssen nicht immer Erhöhungen der Ferientage sein. Aber hier, so die Umfrage, herrscht das grosse Schweigen. «Nein» ist die Referenzantwort in der 5. Spalte unserer Umfragetabelle – schade eigentlich. Die Angaben der Mitgliederverbände finden Sie hier ab Seite 13.
Fazit
Die Lohnverhandlungen laufen nach wie vor harzig, und die Personalverbände sind gefordert, in wenigen Monaten bereits wieder die richtigen Argumente für die nächste Lohnrunde zu sammeln. Die Teuerung wird es kaum sein, aber die gute wirtschaftliche Lage der öffentlichen Hand wohl schon. Warten wir das ab.