Die Probezeit – ein Überblick

Verlängerung der Probezeit bei Verhinderung an der Arbeitsleistung

Während der Probezeit sollen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer kennenlernen und das Arbeitsverhältnis bei Diskrepanzen mit einer kurzen Kündigungsfrist wieder auflösen können. Das gegenseitige «Kennenlernen» bedingt natürlich, dass der Arbeitnehmer während der Probezeit auch tatsächlich für den Arbeitgeber tätig ist. Aus diesem Grund verlängert sich in drei Fällen verhinderter Arbeitsleistung die Probezeit um die Dauer der Verhinderung, nämlich bei Krankheit, Unfall und Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen, gesetzlichen Pflicht (Militär- und Zivilschutzdienst). Dabei kommt es nicht auf das Verschulden des Arbeitnehmers an. Weder Schwangerschaft noch Ferien oder unbezahlter Urlaub führen zur Verlängerung der Probezeit. Deshalb wird in der Praxis in der Regel vereinbart, dass Arbeitnehmer während der Probezeit keine Ferien beziehen dürfen oder nur einige wenige Tage. Die Parteien können diese Verlängerungen durch schriftliche Vereinbarung wegbedingen oder sie können auch zusätzliche Gründe vereinbaren, die zur Verlängerung der Probezeit führen können. Die zwingende Höchstdauer von 3 Monaten kann jedoch durch solche Vereinbarungen nicht überschritten werden, dies im Unterschied zu den im Gesetz aufgezählten Verlängerungsgründen.

Die Verlängerung der Probezeit findet ohne weiteres Zutun der Parteien statt. Bis anhin ungeklärt war jedoch die Frage, wie sich die Verlängerung der Probezeit berechnet. In einem neuen Bundesgerichtsurteil (siehe Urteil 8C_317/2021, zur Publikation vorgesehen) wurde diese Frage nun geklärt. Damit die Probezeit den Zweck des gegenseitigen «Kennenlernens» erfüllen kann, soll die zur Verfügung stehende Zeit nicht durch die Verhinderung des Arbeitnehmers gekürzt werden. Das bedeutet, dass nur die tatsächliche Arbeitszeit als Probezeit angerechnet werden soll. Die Verlängerung der Probezeit erfolgt deshalb um diejenige Anzahl ganzer Arbeitstage, um welche die Probezeit durch den effektiven Arbeitsausfall verkürzt wurde. Ohnehin freie Tage führen nicht zur Verlängerung. Daraus folgt, dass Samstage sowie Sonn- und Feiertage bei der Verlängerung der Probezeit nicht mitzuzählen sind. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: Der Arbeitnehmer ist in der Probezeit während drei Arbeitstagen krank. Die Probezeit würde regulär an einem Donnerstag enden. In diesem Fall verlängert sich die Probezeit nicht bis Sonntag, sondern bis zum darauffolgenden Dienstag, da die arbeitsfreien Tage (Samstag und Sonntag) nicht mitzuzählen sind.

Konkurrenzverbot bei Ausscheiden während der Probezeit

Ein vereinbartes Konkurrenzverbot gilt grundsätzlich auch bei einer Kündigung während der Probezeit. Es ist aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen verbindlich: Der Arbeitnehmer muss vertieften Einblick in den Kundenkreis oder in die Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens haben. Zudem muss die Verwendung dieser Kenntnisse dem ehemaligen Arbeitgeber erheblich schaden können. Dieses Schädigungspotenzial wird bei einer Kündigung in der Probezeit schwer nachzuweisen sein.

Jedes Konkurrenzverbot muss räumlich, sachlich und zeitlich beschränkt sein. Bei einem Konkurrenzverbot bei Ausscheiden während der Probezeit werden stärkere Beschränkungen erforderlich sein als bei einer ordentlichen Kündigung.

Nur eine Probezeit

Zwischen denselben Parteien kann die Probezeit nur einmal während dreier Monate laufen. Wenn ein Vertrag beendet und ein neuer geschlossen wird, kann keine neue Probezeit vereinbart werden, es sei denn, die Probezeit im ersten Arbeitsvertrag hat weniger als drei Monate gedauert. Weitere Ausnahmen bestehen bei längerem Vertragsunterbruch und dann, wenn der Arbeitnehmer eine gänzlich andere Funktion übernimmt, sodass ein Bedürfnis besteht, den neuen Arbeitsplatz bzw. die Fähigkeiten des Arbeitnehmers in Bezug auf die neue Stelle kennenzulernen.

Fazit

Das Ziel der Probezeit ist es, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer kennenlernen und bei fehlender Harmonie den Arbeitsvertrag relativ einfach und rasch wieder auflösen können. Demzufolge bestehen während der Probezeit besondere Regelungen. Die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit und die kurzen Kündigungsfristen können für beide Parteien vorteilhaft sein. Demgegenüber ist der Arbeitnehmer bei einer Arbeitsverhinderung durch Krankheit, Unfall, Schwangerschaft oder Militär- bzw. Zivildienst während der Probezeit nicht geschützt, denn die Sperrfirsten gemäss Art. 336c und d OR gelten während der Probezeit nicht. Die Hürden zur Geltendmachung einer Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung sind mit Blick auf den Zweck der Probezeit stark erhöht. Schliesslich sollten die Arbeitnehmer die neueste bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Verlängerung der Probezeit infolge Krankheit oder Unfall beachten.

MLaw Claudia Schnüriger

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