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«Drum prüfe, wer sich ewig bindet» – dieses Sprichwort gilt auch im Arbeitsverhältnis. Dazu dient die Probezeit. Nach der Rechtsprechung soll die Probezeit die Parteien auf die Schaffung eines auf Dauer angelegten Arbeitsverhältnisses vorbereiten, indem sie Gelegenheit erhalten, ihr Vertrauensverhältnis zu erproben und festzustellen, ob sie zueinander passen, bevor sie sich für einen längeren Zeitraum binden.
Entspricht das eingegangene Vertragsverhältnis nicht ihren Erwartungen, müssen die Parteien es schnell beenden können. Diese einfache Umschreibung täuscht darüber hinweg, dass die Probezeit immer wieder zu rechtlichen Fragen führt. Auf die wichtigsten Aspekte wird nachfolgend näher eingegangen.
Gesetzliche Regelung
Die kantonalen Personalgesetzgebungen verweisen oft auf die Bestimmungen des Obligationenrechts.
Gemäss Art. 335b Abs. 1 OR gilt der erste Monat eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Probezeit, falls die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Die Probezeit darf höchstens auf drei Monate verlängert werden. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden. Bei einer effektiven Verkürzung der Probezeit infolge Krankheit, Unfall oder Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen, gesetzlichen Pflicht erfolgt eine entsprechende Verlängerung der Probezeit.
Auf kantonale Regelungen, die vom Obligationenrecht abweichen, wird im Rahmen dieses Beitrags nicht näher eingegangen, müssen jedoch im Einzelfall beachtet werden.
Beginn der Probezeit
Das Bundesgericht erwog (vgl. Urteil 4A_3/2017), dass für den Beginn der Probezeit der Stellenantritt, d. h. die tatsächliche Arbeitsaufnahme und nicht der vertraglich festgelegte Antrittstermin massgeblich sei.
Dauer der Probezeit
Wenn die Parteien nichts anderes schriftlich vereinbaren, dauert die Probezeit einen Monat. Sie kann verkürzt oder bis maximal auf drei Monate verlängert werden. Eine freiwillige Verlängerung der Probezeit über die drei Monate hinaus ist vorbehältlich abweichender kantonaler Regelungen nicht möglich. Die Probezeit muss für Arbeitgeber und Arbeitnehmer von gleicher Dauer sein. Den Parteien steht es auch frei, gänzlich auf die Probezeit zu verzichten.
Kündigungsfrist und -termin
Die Kündigungsfrist beträgt sieben Tage, wobei Kalendertage gemeint sind. Die Regelung der Dauer der Kündigungsfrist ist dispositiv, die Parteien können beliebig davon abweichen. Die Kündigungsfrist kann in der Probezeit sogar ganz wegbedungen werden, womit das Arbeitsverhältnis mit dem Zugang der Kündigung endet (sog. entfristete Kündigung). Während der Probezeit kann auf einen beliebigen Termin hin gekündigt werden, sofern die Parteien nichts Abweichendes regeln.
Zeitpunkt der Kündigung
Damit eine Kündigung noch als in der Probezeit ausgesprochen gilt, muss sie dem Gekündigten bis am letzten Tag der Probezeit zugehen. Das Versanddatum ist nicht entscheidend. Die Kündigungsfrist muss dabei nicht gänzlich innerhalb der Probezeit liegen, sondern darf sich darüber hinaus erstrecken.
Kündigungsgrund in der Probezeit
Im öffentlichen Personalrecht ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber nur aus sachlichen Gründen möglich. Die Probezeit dient dazu, die Persönlichkeit des Mitarbeiters und seine Eignung für eine bestimmte Position zu beurteilen. Gemäss einem aktuelleren Entscheid des Bundesgerichts (siehe Urteil 8C_370/2021) genügt bei einer Kündigung während der Probezeit das Fehlen eines für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben notwendigen Vertrauensverhältnisses als sachlicher Kündigungsgrund.
Zeitlicher Kündigungsschutz nach Art. 336c und d OR
Der Schutz vor Kündigungen zur Unzeit greift während der Probezeit nicht. Dies gilt auch bei einer Verlängerung der Kündigungsfrist nach Art. 336c Abs. 3 OR, da auch die Verlängerungsperiode zur Probezeit zählt. Demzufolge kann einem Arbeitnehmer auch während des Militärdiensts, einer Krankheit, eines Unfalls oder einer Niederkunft gemäss den kurzen Kündigungsfristen der Probezeit gekündigt werden.
Missbräuchliche Kündigung während Probezeit
Das Bundesgericht hat in einem Leitentscheid (siehe BGE 134 III 108) erstmals die Anwendbarkeit des sachlichen Kündigungsschutzes während der Probezeit bejaht. Demnach kann eine Kündigung also auch während der Probezeit missbräuchlich erfolgen. Gemäss Bundesgericht ist jedoch zu beachten, dass die Missbrauchsbestimmungen mit Blick auf den Zweck der Probezeit gegenüber einem Arbeitsverhältnis mit ordentlicher Kündigungsfrist nur einschränkend zur Anwendung gelangen.
Derjenige, dem gekündigt worden ist, hat vor Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich beim Kündigenden Einsprache zu erheben. Das Erfordernis der Einsprache während der Kündigungsfrist gilt auch bei einer Kündigung während der Probezeit, soweit dies möglich und zumutbar ist. Das Bundesgericht ist streng: Es ist der Auffassung, eine Einspracheerhebung innert der auf drei Tage verkürzten Kündigungsfrist sei möglich und zumutbar.
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