Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Reform der beruflichen Vorsorge:

Ei des Kolumbus oder Mogelpackung?

Die Hauptschwäche des Regelungskonstrukts besteht aus meiner Sicht darin, dass der UWS auch nach der Senkung auf 6% versicherungstechnisch gesehen noch deutlich zu hoch sein dürfte, so dass nach wie vor mit Umverteilungseffekten zu rechnen ist.

Der geplante UWS von 6% verlangt nämlich einen lebenslangen Zinssatz von rund 3,6%. Wenn man von realistischen Renditeerwartungen ausgeht (2,5%), wird rasch klar, dass mit einem UWS von 6% eine Umverteilung zwangsläufig einhergeht. Nebenbei: Die Schweizerische Kammer der Pensionskassen-Experten (SKPE) hat die Obergrenze für die Empfehlung des technischen Zinssatzes auf unter 2% festgelegt …

Mit dem Vorschlag eines «solidarisch finanzierten» neuen Rentenzuschlags in Form eines Lohnbeitrags von 0,5 Prozent auf dem AHV-pflichtigen Einkommen wird zudem ein neues, an sich systemwidriges Element des Umlageverfahrens in die zweite Säule eingeführt.

In einem früheren Kommentar hab ich mal den Versuch gemacht, die letzten Volksabstimmungen über die Altersvorsorge zu interpretieren und mögliche Lehren zu formulieren. Ich glaube nach wie vor:

  1. Man/frau will ein existenzsicherndes Ersatzeinkommen im Alter.
  2. Man/frau will in der zweiten Säule keine Umverteilungseffekte. Zugesprochene Renten müssen zu 100 Prozent aus Ersparnis plus einem weitgehend risikolosen Zins finanziert sein.
  3. Man/frau will, dass die jährlichen Vermögenserträge anteilsmässig auf Aktive und Pensionierte verteilt werden.

Wenn ich die Vorlage BVG 21 an diesen drei «Lehren» spiegle, wird klar: Die Vorlage BVG 21 erfüllt zwei der drei obigen Anforderungen nicht. Falls das Bundesparlament die Vorlage dennoch so durchwinken und das Stimmvolk dem auch noch zustimmen sollte, dann haben wir einen neuen Generationenvertrag, welcher das Hauptziel, die Gewährleistung eines existenzsichernden Ersatzeinkommens im Alter, wohl erfüllt, «gäng so viel». Aber spätestens in 15 Jahren wird die Politik und die Gesellschaft wieder vor dem Problem stehen, den UWS nochmals deutlich senken zu müssen, dann aber möglicherweise ohne in die Zauberkiste greifen zu können, oder technisch präziser ausgedrückt, weil in 15 Jahren unter Umständen keine genügenden Mittel für neue Rentenzuschläge vorhanden sein werden.

Ich bleibe deshalb bei meiner Grundhaltung, dass es nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein kann, versicherungstechnische Parameter und Modelle für die berufliche Vorsorge in einem Gesetz zu verankern. Aufgabe des Gesetzgebers wäre es m. E. jedoch, namentlich verbindliche quantitative Leistungsziele und wesentliche Grundsätze für die Finanzierung, wie z.B. Arbeitgeber-/Arbeitnehmerquoten bei den Sparbeiträgen, festzulegen.

Mein Fazit: Die gesteckten Ziele der Vorlage erachte ich als richtig, sie könnten mit der Vorlage zumindest bis zum Ablauf der Übergangsrente (15 Jahre) vermutlich auch erreicht werden. Der gewählte Weg dazu erscheint jedoch schwierig und könnte leicht in einer Sackgasse enden. Die Vorlage ist m. E. sicher keine Mogelpackung, aber auch nicht das Ei des Kolumbus.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.