Was ist mit dem öffentlichen Arbeitgeber los?

Sie sind aber bereit, eben ihren Küchentisch dem öffentlichen Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen, damit den Empfehlungen des Bundes gefolgt werden kann. Das ist nicht einfach. Es ist sogar ziemlich mühsam, weil der Küchentisch eben nicht als Büropult gedacht ist. Diese schon organisatorisch spürbaren Einschränkungen und Mehraufwendungen nehmen die Einzelnen in Kauf, um ihren Beitrag an die Bewältigung der Pandemie zu leisten.

Vielleicht kann sich der öffentliche Arbeitgeber nicht vorstellen, dass die vollständig fehlende Trennung von Arbeit und Privatleben eben nicht Glückseligkeit bedeutet, sondern Stress. Das Büro ist zu Hause, die Mitarbeitenden stellen die räumliche Infrastruktur (manchmal unter wenig komfortablen Umständen) dem Arbeitgeber zur Verfügung.

Es stört dann schon, wenn als Ausgleich hierfür Vorgaben gemacht werden, die in erster Linie Arbeitskontrolle im Sinn haben und nicht etwa das Angebot: «Wie können wir helfen, dass die Arbeit zu Hause auch mit Rücksicht auf die Familie erträglich bleibt.» Nein, Überstunden sollen abgebaut werden. Statt Unterstützung und Anerkennung gibt es Misstrauen und Rückbau.

Diese Haltung bringt ein erhebliches Missverständnis zum Ausdruck. Niemand in der Privatwirtschaft würde Raum und Infrastruktur einfach gratis zur Verfügung stellen, das ist ja gerade unser marktwirtschaftliches System. Und niemand würde es sich dann noch gefallen lassen, gleichzeitig unter Generalverdacht gestellt zu werden, zu Hause nichts zu tun.

Richtig ist deshalb jetzt, über Verbesserungen zu reden! Und zwar für Mitarbeitende, die der öffentlichen Hand helfen, den Betrieb aufrechtzuerhalten, und dafür private Räume zur Verfügung stellen und im Privatleben teils erhebliche Einschränkungen hinnehmen.
In der öffentlichen Verwaltung kursieren einige «Homeoffice-Vereinbarungen». Dabei fällt auf, dass nicht korrekt unterschieden wird, wer denn dieses Homeoffice überhaupt möchte und wem es in erster Linie zugutekommt. Das ist aber essenziell. Es sind 3 Fälle zu unterscheiden:

  • Homeoffice auf Wunsch des Mitarbeitenden im Regelbetrieb (bei vollständig eingerichtetem Arbeitsplatz beim Arbeitgeber)
  • Homeoffice auf Wunsch des Arbeitgebers im Einverständnis mit dem Mitarbeitenden
  • Homeoffice in Vollzug der Vorgaben des Bundesrates als Folge der Covid-19-Pandemie.

Zurzeit sprechen wir von der dritten Variante. Das ist die Variante, bei der die Mitarbeitenden private Einschränkungen auf sich nehmen, um den Dienst weiterhin ordnungsgemäss erfüllen zu können. Hier ist der Arbeitgeber aufgefordert, den Mitarbeitenden zu unterstützen und ihn mit den notwendigen Arbeitsmitteln schnell und kostenfrei auszustatten.

Hält der Mitarbeitende Arbeitsgeräte (in erster Linie Computer, Bildschirme, Telefonie, Software, Drucker, Büroräumlichkeiten) auf eigene Kosten vor, sind ihm diese Kosten zu entschädigen. Dabei darf durchaus berücksichtigt werden, was der Arbeitgeber vorkehren müsste, wenn er diese Infrastruktur selbst vorhalten müsste; der stete Hinweis, der Mitarbeitende habe ja ohnehin ein Mobiltelefon und habe ohnehin einen Computer und habe ohnehin einen Drucker, weshalb er keine Kosten habe, ist eine Betrachtungsweise, die sich nirgendwo sonst in einer Marktwirtschaft finden würde.

Oder anders gefragt: Muss derjenige Mitarbeitende, der über keinen (ausreichend neuen) Computer verfügt, diesen auf eigene Kosten anschaffen, wenn der Arbeitgeber gestützt auf die Covid-19-Empfehlungen Homeoffice anordnet? Kaum.

Der öffentliche Arbeitgeber sei aufgefordert, seine Homeoffice-Vorgaben unter dem Blickwinkel zu sehen, dass seine Mitarbeitenden bereit sind, Homeoffice auf sich zu nehmen, damit Staat und Gesellschaft mit der Pandemielage fertigwerden.

Der Arbeitgeber sei ebenfalls aufgefordert, aufzuhören, sich unter Berufung auf Homeoffice von unangenehmen (aber von den Mitarbeitenden geleisteten) Überstunden, positiven Feriensaldi, Zeitzuschlägen bei Pikett, Besoldungszulagen bei Wochenendarbeit oder Nachtarbeit und Ähnlichem zu befreien. Das wird nicht verstanden.

Verstanden werden aber Regelungen, wie sie Basel-Stadt getroffen hat – mögen sie als Beispiel dienen (der Bericht dazu in dieser Ausgabe, S. 17).

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