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Wir blicken mit Hoffnung auf die Covid-19-Impfung. Aber wir blicken mit Sorge auf das Verhalten zahlreicher öffentlicher Arbeitgeber. Was beschäftigt uns?
Die Mitarbeitenden im öffentlichen Dienst sind bereit, die Erschwernisse, wie sie sich aus Homeoffice ergeben, auf sich zu nehmen, um das korrekte Funktionieren der öffentlichen Verwaltung zu gewährleisten. Von den Arbeitgebern werden sie mit Einschränkungen beglückt, die ohne Pandemie niemandem in den Sinn kämen. Weshalb das?
Kann mir jemand erklären, weshalb die Stadt A. ihre Mitarbeitenden zu Homeoffice verpflichtet und gleichzeitig sagt, es gelte nun 07/24. 07/24? Das will sagen, was man befürchtet: Der Mitarbeitende oder die Mitarbeitende sei verpflichtet, während 7 Tagen und 24 Stunden für den Dienst bereit zu sein. Die Bereitschaft an sich ist gar nicht das, was der Arbeitgeber will, was er aber daraus ableitet, ist das Folgende:
Sämtliche Zulagen für Nachtarbeit, Wochenendarbeit, Überzeit, Pikettdienst und Ähnliches sind gestrichen, weil ja 07/24 gilt, oder genauer: Das «Corona-System». Auf so eine Idee muss man erst einmal kommen; sie bringt zum Ausdruck, dass die Anordnung von Homeoffice ausschliesslich als eine Wohltat an den Mitarbeitenden betrachtet wird. So ist es aber nicht.
Oder die leidigen Überstunden: Allerorts beschäftigen sich die öffentlichen Arbeitgeber mit der Anordnung, Überstunden abzubauen. Das scheint das zentrale Problem im Moment. Es erinnert an Gastwirtschaften, welche die Zeit der Pandemie nutzen, um die notwendigen Renovationen im Innern des Gebäudes vorzunehmen. Die Gastwirtschaften haben in diesen Tagen keine oder wenige Kunden – das macht deshalb Sinn; der öffentliche Dienst aber hat Arbeit, viel Arbeit auch wegen Covid-19, und die Anordnungen machen häufig keinen Sinn.
Hinzu kommt, dass sich viele öffentliche Arbeitgeber kaum mit der Frage beschäftigen, ob die Anordnung, Überstunden abzubauen, einseitig (d. h. ohne Zustimmung des Mitarbeitenden) durchgesetzt werden kann. Diese Frage ist in jedem Einzelfall anhand des Personalreglements zu entscheiden.
Wird auf das Obligationenrecht verwiesen (und die Frage der Überstunden im Personalreglement nicht geregelt), gilt die privatrechtliche Regelung, die die Zustimmung des Arbeitnehmenden zur Kompensation voraussetzt, andernfalls sind die Überstunden finanziell zu entschädigen. Aber solche Details interessieren oft nicht.
Öffentliches Personal Schweiz erhält viele Anfragen, die immer dasselbe Thema umkreisen: Die Anordnung von Homeoffice (immerhin eine dringende Empfehlung des Bundesrates) wird gleichzeitig von Vorgaben begleitet, die ein tiefes Misstrauen des öffentlichen Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitenden zum Ausdruck bringen. Offensichtlich besteht die Meinung, der Mitarbeitende stelle mit der Anordnung von Homeoffice auch gerade seine Bemühungen ein.
Anders ist nicht zu erklären, weshalb die Kompensation von Überstunden so im Fokus steht und weshalb neu ein Corona-System gelten soll und weshalb als Voraussetzung gesagt wird, das Arbeitsergebnis müsse ständig überprüfbar bleiben und es würden keine Kosten entschädigt und dergleichen.
Dabei ist alles genau umgekehrt: Die Mitarbeitenden im öffentlichen Dienst sind keineswegs begeistert, im Homeoffice arbeiten zu müssen. Die Nachteile sind erheblich. Es fehlen die sozialen Kontakte, es fehlt der fachliche Austausch, es fehlt die Infrastruktur und vor allem: Arbeit und Verfügbarkeit für den öffentlichen Arbeitgeber wird mitten in die Familie getragen, jeder darf (und muss) teilhaben.
Allerdings: Nur die wenigsten sitzen gerne zu Hause am Küchentisch und erledigen dort die Aufgaben, die nun im Homeoffice bewältigt werden müssen. Viele Mitarbeitende verfügen auch gar nicht über die notwendigen Räume, um separat vom privaten Lebensumfeld arbeiten zu können (sondern nur über diesen Küchentisch).
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