Das MAG (Mitarbeitergespräch) ist eigentlich kein Gespräch als solches. Es geht um Urteile und Entscheidungen. Es ist ein Kombi-Instrument einerseits zum Feedback und andererseits zur Leistungsbeurteilung – ist das nicht ein Widerspruch?
Es geht um persönliche Dinge, gleichzeitig liegt ein Formular auf dem Tisch, welches an die Personalabteilung weitergegeben wird und möglicherweise negative Folgen für den Mitarbeiter hat. Sei dies beim Gehalt oder beim beruflichen Werdegang. Das MAG ist ein Urteil über den Mitarbeiter, damit wird kein Vertrauen geschaffen.
Für den Mitarbeiter ist das Gespräch immer eine Verhandlungssituation. Wenn das MAG der öffentlichen Verwaltung vordergründig an das Lohnsystem gekoppelt und somit lohnrelevant wird, ist die Motivation vorhanden. Wenn jedoch von politischer Seite vermehrt keine oder geringe Gelder für das System zur Verfügung gestellt werden, lohnt sich dann der Einsatz?
Wenn eine Beurteilung abgegeben wird, hat dies Auswirkungen zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Hinzu kommt, dass mit einem «Verteilschlüssel» gegen zu viele positive Bewertungen von Seiten Regierung über die Personalämter angegangen wird, was völlig absurd ist.
Folglich wird der Angestellte mit Sicherheit nicht seine Schwächen und Misserfolge reflektieren. Er wird versuchen sich gut zu positionieren und automatisch eine Verteidigungshaltung einnehmen.
Rückblick 2017
«Auf einen Schlag schaffte die Zürcher Kantonalbank die Mitarbeiterbeurteilung, die Benotung der Angestellten und das Jahresendgespräch ab und ersetzte diese traditionellen Qualifikationsinstrumente durch ein flexibleres System mit dem Namen Performance & Entwicklung», hiess es.
Die internen Rückmeldungen zum neuen System seien überwiegend positiv ausgefallen. Statt Angestellte und Chefs an Zahlen zu messen, schenke man ihnen mehr Vertrauen, heisst es. Das wichtigste Instrument im Personalwesen sei nun der sogenannte Entwicklungsplan, in dem es um die Leistung, das Verhalten und das Potenzial eines Angestellten gehe. Heute tauschen sich Mitarbeitende und Vorgesetzte regelmässig in Kurzsitzungen aus und besprechen, wie sie am effizientesten und effektivsten zum Erfolg ihres Team oder Projekts beitragen können.
So war denn in der Zeitung das folgende Fazit nachzulesen: «Mitarbeiterbeurteilungsgespräche sind mühsam, nichtssagend und bringen Unternehmen nicht weiter». Das hat auch die Zürcher Kantonalbank erkannt und diese abgeschafft. Das Fazit nach einem Jahr: Agilität und Kundennähe haben sich verbessert, genauso wie die Mitarbeiterzufriedenheit.
Was wäre wenn?
Befasst man sich mit dem Thema Mitarbeitergespräche und insbesondere mit ihrem Ziel, Zweck und Nutzen eingehender, stellen sich die folgenden Fragen.
- Kann der Dialog auf Augenhöhe ein Erfolgselement auf dem Weg zu einer Organisation sein, die auf die täglichen Herausforderungen flexibel reagieren sollte?
- Ist das Aufgeben der MAG eine Knacknuss bei der Umsetzung, weil sich dadurch das Führungsverständnis verändern kann oder sollte?
- Können die Ziele in der Organisation nicht mehr von oben verordnet, sondern in Arbeitsgruppen oder Teams vereinbart werden?
- Ist es nicht denkbar, dass die Mitarbeiter wissen, was es zu leisten gilt, damit das Unternehmen vorankommt?
- Ist Vertrauenskultur fairer, wenn klare Strukturen vorgegeben sind, an die sich alle halten müssen?
- Sehen sich heute viele Führungskräfte nicht mehr als der klassische Boss, der über seinen Mitarbeitern steht, sondern eher als Teil des Teams?
- Sollte nicht ein Vorgesetzter, wenn er bemerkt, dass die Leistung nachlässt möglichst bald das Gespräch suchen, und nicht nur einmal im Jahr um eine mindere Klassifizierung abzugeben?
Auf diese Fragen folgen sicherlich kritische Stimmen. Für die einen verkörpert das MAG ein «liebgewonnenes» Orientierungsinstrument, für die anderen ist es die Mutter aller Kontrollorgane im Bereich der Führung.
Man sollte sich an dieser Stelle selbstkritisch die Frage stellen: In wie weit sind wir bereits in unserem Verhalten vom MAG geprägt?
Vertrauen, Agilität und ein echter Austausch können nicht verordnet werden
Armin Trost, Professor für HR Management an der Hochschule Furtwangen, hat sich für sein Buch «Unter den Erwartungen» intensiv damit auseinandergesetzt, warum das jährliche Mitarbeitergespräch in modernen Arbeitswelten versagt. Er zeigt auch Lösungen dazu auf, wie Organisationen auf das aktuelle Umfeld reagieren können. «Man kann beispielsweise strukturelle Rahmenbedingungen schaffen, die Agilität erlauben. Das bedeutet oftmals, bestehende Regeln abschaffen und dafür Regeln aufstellen, die Eigenverantwortung fordern.»
Bei Anfragen von Personalmanagern was passieren würde, wenn man das MAG in der bisherigen Form einfach aufgibt, lautet die Antwort, so Trost, meist: «Nichts – es würde nichts passieren!»
Schlusspunkt
Die Debatte – in den Verbänden, in den Vorständen, auf der Website von Öffentliches Personal Schweiz (ZV) – ist eröffnet.
- Was halten Sie vom neuen System der ZKB, die auf die Kommunikation der Mitarbeiter baut?
- Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem Beruf mit der Beurteilung der Leistung gemacht?
- Wie sollten öffentliche Verwaltungen die Entwicklung ihrer Mitarbeiter fördern?