Was sind wir wert, wir vom öffentlichen Dienst?

Der Staat ist mächtig, das scheinen viele gerade heute zu vergessen. Der Staat (eigentlich in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger) ist deshalb auf Mitarbeitende angewiesen, die nicht anfällig sind für Beeinflussungen, Korruption, schräge Ideen und Eigensucht.

Bis vor kurzem galt Kontinuität als Langeweile, als Bequemlichkeit, als mangelnde Konkurrenzfähigkeit. Das wird dem öffentlichen Dienst nicht gerecht und beleidigt den Einzelnen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich das Blatt gewendet hat. Der Staat ist in hohem Mass interessiert, verlässliche, gut ausgebildete und eben, so altmodisch wie das klingt, treue Mitarbeitende engagieren zu können. Das ist ein Wert, den er anerkennt und zu schätzen weiss.

Der Wert hat auch finanziell seine Bedeutung: Wer will schon dauernd neue, gelegentlich auch nicht motivierte, Mitarbeitende ausbilden. Jeder möchte Mitarbeitende, die ihr Metier kennen, die engagiert in der Aufgabenerfüllung ihren Dienst leisten. Solchen Leuten kann man eben nicht sagen, sie seien nur dort, weil das für Sie bequem sei.

Lohnentwicklung wird sich nach oben orientieren

Das Argument der angeblichen Bequemlichkeit ist und war immer falsch. Gerade im Staatsdienst waren schon immer Mitarbeitende tätig, die ihre Aufgabe mit grossem Engagement erfüllen und den Job genau deshalb gewählt haben, weil sie dort ihre Vorstellungen von Gerechtigkeit leben können. Es ist kurzsichtig, dies anders zu sehen.

Heute ist die Situation eingetreten, dass die jüngeren Mitarbeitenden diese Überzeugungsarbeit nicht mehr leisten müssen. Sie wissen, dass die demografische Entwicklung bei gleichzeitiger Zunahme der staatlichen Aufgaben ganz eindeutig für sie spricht. Die Lohnentwicklung wird sich nach oben orientieren: der Konkurrenzdruck durch Jobangebote der mit gleichen Problemen kämpfenden Privatwirtschaft ist hoch, die Perspektiven, die den privatrechtlich angestellten Mitarbeitenden von multinationalen Unternehmen geboten werden, sind attraktiv, der Staat (Bund, Kantone, Gemeinden und selbstständige öffentlich-rechtliche Körperschaften) müssen sich zur Decke strecken, um Mitarbeitende zu rekrutieren, die bereit sind, ohne internationale Perspektiven und zu einem gesetzlich regulierten Lohn in einer Umgebung tätig zu werden, die von einigen politischen Parteien und ihrem Gefolge als Wohlfühloasen bezeichnet werden.

Mehr Selbstbewusstsein tut uns gut

Nein, nein, die Zeiten haben sich wirklich geändert. Wer so verfährt wie einige bis anhin, wird keine guten Mitarbeitenden für sich gewinnen können. Von daher gilt schon: Der öffentliche Dienst ist wert, was er bereits wert war, aber er ist im Gesamtzusammenhang heute noch mehr wert, weil es unglaublich schwierig geworden ist, die geeigneten Leute zu finden, die den Dienst, zu den Bedingungen, wie sie bestehen, mit viel Engagement und Herzblut erfüllen.

Deshalb: Etwas mehr Selbstbewusstsein tut uns gut. Wir müssen uns nicht verstecken. Wir müssen die üblichen Vorwürfe, nicht arbeiten zu wollen bei gleichzeitig hohem Lohn und grosser Arbeitsplatzsicherheit, nicht akzeptieren, sondern klar sagen, dass dies nicht so ist.

Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wird auch andere Probleme, die der öffentliche Dienst gelegentlich noch hat, schnell beseitigen. Wie kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass die Pandemie Minusstunden verursacht hat, die nachgearbeitet werden müssen? In der Privatwirtschaft käme kein Arbeitgeber auf diese Idee. Wie kann man der Auffassung sein, dass eine behördlich angeordnete Weiterbildung deshalb nicht vollzogen werden kann, weil derselbe Arbeitgeber der Auffassung ist, jemand habe wegen Krankheit die geforderten Sollstunden nicht erfüllt? Wie kann man darauf kommen, dass jemand, der auf tragische Weise einen Unfall erlitten hat, arbeitsrechtlich dafür selber geradestehen muss, weil der Unfall sein Problem ist? Wer glaubt schon, einen Mitarbeitenden ohne Lohn freistellen zu dürfen, nur, weil er diesen Mitarbeitenden nicht mehr will?

Diese Vorgänge sind nur möglich, wenn man glaubt, eine Auswahl zu haben.

Klare Zeichen

Die Auswahl ist eingeschränkt. Die demografische Entwicklung hat für die jüngeren Mitarbeitenden unter uns Vorteile. Ihre Skills und ihr Engagement sind gefragt. Der öffentliche Arbeitgeber wird es sich nicht mehr leisten können, auf die Bedürfnisse von Bewerberinnen und Bewerbern und damit auch auf die Mitarbeitenden keine Rücksicht zu nehmen. Die Forderungen werden von denjenigen gestellt und durchgesetzt, deren Leistungen man dringend nachfragt. So einfach ist das. Und es sind nicht nur die jüngeren Mitarbeitenden, die profitieren. Ältere Mitarbeitende, auch bereits Pensionierte, oder Arbeitnehmende, die weit über das Pensionsalter hinaus beschäftigt werden, sind dafür ein klares Zeichen. Die Suche des öffentlichen Arbeitgebers nach Menschen, die für ihn tätig werden und die auch wissen, was sie tun, ist erheblich.

Von daher: Ja, der öffentliche Dienst ist etwas wert (was wir schon wussten); ja, der öffentliche Dienst ist heute noch viel mehr wert als noch vor Jahren (was die finanzielle Entschädigung beeinflussen sollte) und der öffentliche Dienst wird in Zukunft nochmals erheblich an Bedeutung zulegen.

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