«Der Berg gibt den Takt vor»

Interview mit Erich Aschwanden, Projektleiter Infrastruktur beim Amt für Betrieb Nationalstrassen im Kanton Uri

Setzen Sie auch Messsysteme ein, um Gefahrenherde frühzeitig zu erkennen?

Ja, das läuft aber oft direkt über das ASTRA (Abteilung Erhaltungsplanung). Dies wird im Auftragsverhältnis mit Geologen und Ingenieuren geregelt. Sie überwachen die Anlagen und werten die Messungen in einem bestimmten Intervall aus.

Viele Messungen werden mittlerweile allerdings online überwacht. Zudem haben wir viele Verankerungen in den Felsen, die jährlich von einem Ingenieurbüro geprüft. Dabei werden die Veränderungen ausgewertet und die Resultate in Berichten festgehalten. Erst wenn Massnahmen notwendig sind, werden wir beigezogen.

Und Drohnen?

Nein, unser Amt setzt keine Drohnen ein, aber die Geologen arbeiten teilweise mit Drohnen. Sie ersetzen zwar die Begehung nicht, helfen aber, zusätzliche Informationen zu bekommen.

Wo besteht die grösste Gefahr für Naturgefahren? Bei der Axenstrasse?

Da sich unser ganzes Streckennetz im Gebirge befindet, ist die Wahrscheinlichkeit eines Naturereignisses überall latent vorhanden. Es wird jedoch sehr viel in Überwachung und Kontrollen investiert, um allfällige Vorzeichen frühzeitig zu erkennen. Gewisse Prozesse in der Natur lassen sich jedoch nicht voraussagen. Es findet ständig eine Erosion statt, da die Geologie nicht zu arbeiten aufhört.

Ihre Arbeit ist letztlich von der Natur abhängig?

Ja, das ist richtig. Unsere Arbeit ist nicht planbar, der Berg macht, was er will. Das ist hier aber überhaupt kein Thema. Wenn ein Einsatz notwendig ist, hilft man einander. Es schaut niemand zuerst auf die Uhr, ob nicht schon bald Feierabend ist. Wir erledigen unsere Arbeit lösungsorientiert, unabhängig von der Arbeitszeit.

Gibt es auch Projekte, die das ASTRA selbst betreut?

Das Amt für Betrieb Nationalstrassen erledigt den sogenannten kleinen baulichen Unterhalt.

Wenn es sich um Grossprojekte wie das Erhaltungsprojekt Schöllenen handelt, macht es das ASTRA selbst. Wir werden dann im Rahmen der Projektorganisation als Fachbereich Betrieb angehört. So stellen wir sicher, dass ein Projekt so umgesetzt wird, dass wir es später betrieblich unterhalten können. Der kleine bauliche Unterhalt wird durch uns umgesetzt, teilweise werden wir auch für kleinere ASTRA-Projekte beauftragt.

Und die Gotthard-Passstrasse?

Auch bei der Gotthard-Passstrasse werden kleinere Projekte durch das Amt für Betrieb Nationalstrassen erledigt, grössere Projekte werden vom ASTRA betreut. Die Passstrasse ist die verkehrstechnische Redundanz zum Tunnel. Wenn der Gotthardtunnel aus Sicherheitsgründen gesperrt werden muss, wird die Passstrasse zur Alternativroute, sofern sie nicht in der Wintersperre ist; andernfalls gibt es grossräumige Umfahrungen. Für diese sind wir aber nicht zuständig.

Sind Sie auch für die Überprüfung von risikobehafteten Stellen zuständig?

Nein, nicht in Bezug auf Naturgefahren. Das ASTRA hat Geologen mit der Überprüfung beauftragt. Dabei ist das gesamte Gebiet in 5 Abschnitte unterteilt. Somit ist sichergestellt, dass dieses im 5-Jahresrhythmus kontrolliert wird.

Wir unterstützen und begleiten die Geologen, insbesondere, wenn bereits im Vorfeld klar ist, dass die Situation an einer bestimmten Stelle bauliche Massnahmen erfordert.

Sie sind aber vom Kanton Uri und nicht vom ASTRA angestellt?

Ja, das ist korrekt. Der Arbeitsvertrag wird mit dem Amt für Betrieb Nationalstrassen des Kantons Uri abgeschlossen, das zur Baudirektion Uri gehört. Der Auftraggeber ist aber das ASTRA. Unser kantonales Amt erfüllt eine Dienstleistung für das ASTRA als Bundesamt.

Wie muss man sich den Ablauf eines Projekts vorstellen?

Am Anfang steht das Naturereignis. Danach folgt die Erstintervention. Das heisst, der Betrieb sperrt den Gefahrenperimeter ab, erstellt wenn möglich eine Verkehrsumleitung und trifft in Absprache mit dem Geologen Sofortmassnahmen. Bei einem Felssturz wird die Situation durch einen Geologen vor Ort geprüft. Je nach Ausmass des Naturereignisses und der Gefahr, werden Felssprengungen oder Felsräumungen notwendig, bevor die Strecke wieder freigegeben werden kann.

Wenn die Sofortmassnahmen abgeschlossen sind, wird ein Massnahmenprojekt erstellt. Im Projektteam arbeiten wir mit Ingenieuren, Geologen und Vertretern des ASTRA zusammen und definieren, welche Massnahmen und Arbeiten notwendig sind, um die geforderte Verkehrssicherheit zu gewährleiten.

Wird jedes Projekt vom ASTRA begleitet?

Ja, jedes unserer Projekte hat auch einen Projektverantwortlichen beim ASTRA. Diesem wird ein Projekt vor der Ausführung zur Genehmigung vorgelegt. Die Zusammenarbeit ist sehr gut, und ich kann bei meinen Projekten relativ selbstständig arbeiten.

Wie geht es nach der Freigabe eines Projekts weiter?

Das ASTRA erteilt uns den Auftrag, ein Projekt umzusetzen. Danach erstellen wir die Submissionsunterlagen für die öffentliche Ausschreibung der Arbeiten. Nach der erfolgten Vergabe durch uns übernehmen wir in der Regel die Bauleitung und schliessen das Projekt mit einer Schlussdokumentation ab.

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