«Der Berg gibt den Takt vor»

Interview mit Erich Aschwanden, Projektleiter Infrastruktur beim Amt für Betrieb Nationalstrassen im Kanton Uri

Was sind typische Arbeiten, wenn sie vor Ort sind?

Es geht oft um die Besprechung von Detaillösungen und die Kontrolle, ob Arbeiten wie vereinbart umgesetzt werden. Im Vordergrund steht also die Sicherstellung der Qualität.

Bei Erstinterventionen geht es darum, sich vor Ort ein Bild zu machen und grundlegende Entscheide zu treffen. Dazu gehören in der Regel Diskussionen mit Geologen, Ingenieuren und Unternehmern.

Was gefällt Ihnen besonders gut an Ihrem Beruf?

Die Möglichkeit, selbstständig zu arbeiten, motiviert mich sehr. Mir gefällt zudem, dass wir etwas bewirken können. Wir stellen eine beschädigte Anlage wieder instand, womit ein Mehrwert entsteht. Wenn wir ein Teilstück für die Verkehrsteilnehmer sicherer und für die Unterhaltsarbeiten besser zugänglich machen können, freut mich das.

Macht es zusätzlich Freude, dass man Ihre Arbeit vor Ort sieht?

Ja, das gibt ein gutes Gefühl. Ich investiere viel Energie und Herzblut. Schön sind auch die Erlebnisse mit den Menschen, mit denen man vor Ort zusammenarbeitet, und dass man als Team ein Ziel erreichen kann.

Was gefällt Ihnen nicht oder welche Arbeiten machen Sie weniger gern?

Das ist eine schwierige Frage. Es gibt Sachen, die mich mehr herausfordern als andere. In diese Situationen muss man sich reinschicken und sich der Herausforderung stellen. Es gibt aber nichts, das ich nicht gerne mache.

Das ist schön zu hören. Gibt es auch gefährliche Situationen bei der Arbeit vor Ort?

Ja, das gibt es, zum Beispiel nach Ereignissen wie dem Felsabbruch vom Dezember 2018. Man sichert die Ereignisstellen zwar nach bestem Wissen und Gewissen, doch wenn man im Fels ist, kann es immer nochmals einen Steinschlag geben. Auch wenn man die besten Sicherheitsvorkehrungen trifft, bleibt ein Restrisiko.

Wenn man hier im Kanton Uri lebt oder aufgewachsen ist, ist man sich dieser Gefahr bewusst. Wir leben hier in einem Bergkanton, und die Naturgefahren sind allgegenwärtig, seien es Lawinen, Steinschläge oder Hochwasser – das gehört zu uns. Man lernt, die Gefahren einzuschätzen. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es aber nie.

Sind Sie auch im Kanton Uri aufgewachsen?

Ja, hier in Flüelen. Ich bin vor Jahren aus dem Kanton Uri wegzogen, es hat mich aber wieder hierhin zurückgezogen.

Der Kanton Uri bietet viel mehr, als man auf den ersten Blick erkennt oder von einem «Transitkanton» erwartet. Wenn man die Transitachse vom oder ins Tessin verlässt und in eines der Nebentäler fährt, gibt es wunderschöne Orte zu entdecken.

Naturereignisse halten sich ja nicht an die Bürozeiten. Leisten Sie Pikettdienst?

Die Kollegen der Abteilung Strassenunterhalt sind bei einem Naturereignis für die Erstintervention verantwortlich und müssen Pikettdienst leisten. Der jeweilige Einsatzleiter unserer Gebietseinheit entscheidet dann, ob ausserhalb der Arbeitszeit vor Ort Sofortmassnahmen eingeleitet werden müssen und jemand aus unserem Team vor Ort sein muss. In der Regel können wir aber während der regulären Arbeitszeit hinzustossen.

Ein Beispiel für einen sofortigen Einsatz: Bei einem grösseren Ereignis auf der Axenstrasse wurde ich vom Einsatzleiter aufgeboten, und wir haben die Strasse sofort gesperrt. Obwohl es sich um eine wichtige Verkehrsachse handelt, konnten wir sie während vier Tagen nicht mehr freigeben. Wir haben in dieser Zeit fast rund um die Uhr gearbeitet, um sie wieder verkehrstauglich zu machen. Solche Einsätze sind zwar anstrengend, motivieren mich aber auch sehr. Ich kann meine Fähigkeiten einbringen, um der Allgemeinheit einen Dienst zu erweisen und die Strasse für den Verkehr schnellstmöglich wieder zur Verfügung zu stellen. Dabei hat die Sicherheit auf der Baustelle immer oberste Priorität.

Bekommen Sie aus der Bevölkerung Rückmeldungen nach einem Ereignis?

Ich persönlich nicht. Es gibt Leute, die nachfragen, aber das läuft über eine zentrale Stelle oder über die Polizei.

Unser Ziel ist, so an den Nationalstrassen zu arbeiten, dass die Bevölkerung gar nichts bemerkt. Viele Arbeiten werden in der Nacht gemacht, um die Behinderung der Strassen so gering wie möglich zu halten.

Was tun Sie in der Freizeit?

Ich verbringe möglichst viel Zeit mit meiner Familie, also mit meiner Frau und meinen beiden Söhnen, die bereits 17 und 20 Jahre alt sind. Sie sind mir sehr wichtig und helfen mir, den Ausgleich zum Arbeitsalltag zu finden. Ich bin in der glücklichen Situation, dass meine Frau mich unterstützt und mir den Rücken freihält; so kann ich bei der Arbeit jederzeit gute Leistung erbringen.

Ich bin ausserdem ein sehr aktiver Mensch. Mein grösstes Hobby ist das Mountainbiking – ich liebe es, Downhill-Strecken hinunterzufahren. Das erfordert meine volle Konzentration und hilft, vom Alltag abschalten zu können – Gedanken an ein laufendes Projekt haben in diesem Moment keinen Platz. Wir haben im Kanton Uri viele Seilbahnen, die ich gerne nutze. So kann ich je nach Bedarf gute Touren mit dem richtigen Mass an Aufstiegen und Abfahrten zusammenstellen. Schön ist, dass mein jüngerer Sohn diese Leidenschaft teilt und mich oft begleitet. Letztes Jahr haben nur wir beide einen Roadtrip durch Österreich gemacht und verschiedene Bikeparks besucht.

Ich bin ausserdem Vormund für meinen Neffen, der nach dem Tod meines Bruders Vollwaise ist. Für ihn da zu sein, ist mir sehr wichtig. Ich bin überdies im Vorstand einer evangelischen Freikirche und im Vorstand eines gemeinnützigen Vereins, der sich für junge Familien einsetzt und ein Kaffee mit grossem Indoor-Spielplatz betreibt.

Sie sind sehr engagiert.

Ja, das hat aber auch mit der momentanen Lebenssituation zu tun. Als meine Söhne jünger waren, hatte die Zeit mit meiner Familie erste Priorität. Heute sind die Jungs selbstständiger, und wir haben mehr Freiraum für andere Engagements.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

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