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Superstar-Firmen sind profitabler
David Dorn hat auch eine andere Entwicklung analysiert, die ebenfalls zu mehr Ungleichheit führt. Er hat den Aufstieg von grossen «Superstar»-Firmen studiert wie Google, Amazon oder den Discounter Walmart in den USA. In Europa sind es die grossen Pharmaunternehmen und Banken, Autofirmen wie VW oder Stellantis, ein Zusammenschluss von Firmen wie Peugeot, Citroën, Chrysler und Fiat, oder der Discounter Aldi. In der Schweiz gehören Roche, Novartis oder Nestlé in diese Kategorie.
Diese Superstars haben in ihren Branchen eine starke, manchmal marktbeherrschende Stellung, die sie erreichen, weil sie technologisch gut aufgestellt und innovativ sind. «Das verschafft ihnen verschiedene Vorteile», sagt David Dorn, «nicht zuletzt sind sie in der Regel profitabler.» Dank der höheren Produktivität können diese Firmen ihre Produkte günstiger anbieten als die Konkurrenz. Gleichzeitig sind aber ihre Gewinnmargen höher. Bildlich gesprochen hat es bei grossen Firmen, die effizient arbeiten, mehr Rahm auf der Milch, der dann von den Eignern in Form von satten Gewinnen abgeschöpft werden kann. Die höheren Gewinne fliessen in der Regel in die Taschen der Besitzer und Investoren. Die Arbeitnehmenden profitieren kaum davon. «Das verschiebt die Verteilung der Einkommen zugunsten des Kapitals», sagt David Dorn.
Diese Entwicklung lässt sich gut nachverfolgen, indem man vergleicht, wie hoch der Anteil der Arbeit an der Wertschöpfung der Unternehmen ist. In der EU betrug der Anteil der Arbeitnehmenden am Kuchen in den 1970er-Jahren rund 75 Prozent, 2010 waren es noch 65. In den USA ist der Anteil von gut 65 auf unter 60 Prozent gesunken. In der Schweiz pendelt dieser Wert zwischen 65 und 70 Prozent. Ein stetiger Rückgang des Anteils der Arbeit am Firmeneinkommen wie in der EU und den USA zeigt sich aber nicht. «Der Aufstieg der Superstar-Firmen trägt zur wachsenden Ungleichverteilung der Einkommen bei», bilanziert David Dorn, «weil die Kapitaleinkommen bei einer kleineren Bevölkerungsschicht konzentriert sind als die Arbeitseinkommen.»
Beide Entwicklungen, der Aufstieg der Superstar-Firmen und der technologische Wandel kombiniert mit der Globalisierung, verstärken die Ungleichheit. Ist dieser Prozess nicht aufzuhalten? Nir Jaimovich hat verschiedene Strategien evaluiert, die helfen könnten, den Abstieg der Arbeitnehmenden aus der Mittelklasse zu verhindern: Umschulungen, Erhöhung der Arbeitslosenversicherung, ein garantiertes Grundeinkommen und tiefere Steuern auf manuelle Arbeit. Wie sich zeigt, sind Umschulungen das effizienteste Mittel. «Sie erhöhen die Chancen, wieder eine Stelle zu finden, und sie verbessern den Output der gesamten Volkswirtschaft», bilanziert Jaimovich. Allerdings haben selbst solche Programme Nachteile: Sie sind teuer. Und sie erhöhen die Konkurrenz für die Arbeitnehmenden in den Bereichen, für die sich die Umgeschulten neu qualifizieren.
Wenn es um einen Blick in die Zukunft geht, ist Jaimovich nicht besonders optimistisch: «Die Job-Polarisierung wird sich wohl eher noch beschleunigen», vermutet er. Was den Einfluss der Automatisierung auf unsere Arbeitswelt betrifft, so sieht er zwei mögliche Entwicklungen: «Entweder gehen alle Jobs verloren, die automatisiert werden können. Oder die Automatisierung gibt uns die Gelegenheit, uns in Bereichen zu spezialisieren, wo wir besser sind als die Maschinen. Diesen überlassen wir dann die mühsame Routinearbeit.»
Missbrauch des Monopols
Bei den Superstar-Firmen stellt sich auch die Frage, ob und wie der Staat intervenieren soll. David Dorn ist der Meinung, der Staat sollte sich vor allem einschalten, wenn Firmen ihre starke Stellung missbrauchen: «Grosse Firmen, die ihre Monopolstellung ausnutzen, um unverhältnismässig hohe Gewinne zu erwirtschaften oder um Bewerber aus dem Markt zu drängen, sind nicht wünschenswert.» «Da muss die Wettbewerbspolitik Gegensteuer geben und eine solche Firma in ihrem Marktverhalten einschränken», sagt Dorn.
Sein zweiter Vorschlag geht in die gleiche Richtung wie die Studie seines Kollegen Jaimovich: Wer seine Stelle verliert, dem sollten durch Umschulung neue Perspektiven eröffnet werden. Und schliesslich sollte die Ungleichheit unter den Einkommen durch Steuern und staatliche Transferleistungen ausgeglichen werden. Dorn hat jedoch einen Vorbehalt: «Erfolgreiche Firmen tragen dazu bei, dass wir wohlhabender werden. Deshalb müssen Eingriffe so gestaltet sein, dass sie die wirtschaftliche Entwicklung nicht behindern und weiterhin genügend Anreize bestehen, sich als Unternehmer zu engagieren.»
KONTAKT:
Prof. David Dorn, david.dorn@econ.uzh.ch
Prof. Nir Jaimovich, nir.jaimovich@econ.uzh.ch
Universitärer Forschungsschwerpunkt
Gleiche Chancen
Die steigende ökonomische und soziale Ungleichheit ist eine Herausforderung für Gesellschaften, die sich für demokratische und meritokratische Ideale einsetzen. Der Universitäre Forschungsschwerpunkt (UFSP) «Equality of Opportunity» (Chancengleichheit) erforscht die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen, die zu Ungleichheit in der Gesellschaft führen, und evaluiert Strategien, die die Chancengleichheit verbessern.
Der UFSP bringt drei Fakultäten und sechs akademische Disziplinen zusammen: Ökonomie, Recht, Politologie, Geschichte, Soziologie und Philosophie. Mit dieser interdisziplinären Expertise wird in drei Forschungsmodulen Hand in Hand gearbeitet: Das Modul «Ökonomische Veränderung» analysiert, wie sich Strukturveränderungen in der Wirtschaft, angetrieben etwa durch die Automatisierung, auf die Verteilung des Wohlstands in der Gesellschaft auswirken. Das Modul «Soziale Veränderung» fragt, wie soziale Normen die Wahrnehmung von Ungleichheit beeinflussen und wie sich das auf die Politik auswirkt. Das dritte Modul «Staatliche Interventionen» erforscht, wie Regierungen die Gleichheit fördern können.
www.urpp-equality.uzh.ch
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