Konflikte zwischen Mitarbeitenden als sachlicher Kündigungsgrund – unabhängig von der Schuldfrage?

Ein schlechtes Arbeitsklima ist nicht nur für die Mitarbeitenden belastend, sondern wirkt sich über kurz oder lang auch negativ auf den Betrieb selber aus. Entsprechend stellt ein Konflikt zwischen Mitarbeitenden oder zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten grundsätzlich auch unabhängig von der Schuldfrage einen sachlichen Kündigungsgrund dar.

Auseinandersetzungen, Spannungen und Streitigkeiten setzen jedoch bekanntlich mindestens zwei Akteure voraus, und so hat die Arbeitgeberin im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht zunächst sämtliche zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die Situation zu entschärfen, und sodann den Gründen für das gestörte Betriebsklima vertieft nachzugehen.

Sachverhalt

Die Arbeitnehmerin A war seit 2018 bei einer öffentlich-rechtlichen Gesundheitseinrichtung angestellt. Rund ein Jahr später rügte A gegenüber ihrem Vorgesetzten das Verhalten eines Arbeitskollegen, insbesondere soll dieser sie abwertend als «Schätzeli» bezeichnet haben. Folglich ermahnte der Vorgesetzte den Arbeitskollegen und wies darauf hin, dass bei solchen «Scherzen» Vorsicht geboten sei, worauf sich der Arbeitskollege reuig zeigte und Besserung gelobte.

Eine Woche später wandte sich A an den Direktor der Gesundheitseinrichtung und führte aus, dass der Arbeitskollege trotz Ermahnung weiterhin sexistische Witze erzähle sowie unerwünschten Körperkontakt und Annäherungsversuche ausübe. Daraufhin erfolgte ein Gespräch zwischen der Arbeitgeberin und dem Arbeitskollegen von A, welcher jedoch sämtliche Vorwürfe bestritt, mit Ausnahme des Vorwurfs, A «Schätzeli» genannt zu haben.

Kurz darauf wurde A mitgeteilt, dass nach umfassenden Abklärungen «Aussage gegen Aussage» stehe. Zur Vermeidung künftiger Konflikte müssten die Dienste auf Dauer so geplant werden, dass A und ihr Arbeitskollege in jeweils unterschiedliche Schichten einzuteilen wären. Aufgrund des Konflikts sei demnach eine reguläre Dienstplanung nicht möglich, weshalb für A die ordentliche Kündigung in Aussicht gestellt werde.

Gegen die anschliessend ausgesprochene Kündigung rekurrierte A vor dem Bezirksrat Dietikon, welcher das Rechtsmittel teilweise guthiess und feststellte, dass die Kündigung «in formeller und materieller Hinsicht ungerechtfertigt war». Gegen diesen Entscheid erhob die Arbeitgeberin Beschwerde und gelangte an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.

Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich stellte mit Urteil vom 24. Juni 2021 (Geschäfts-Nr.: VB.2021.00084) zunächst fest, dass A sowie ihr Arbeitskollege je ein Gespräch mit der Arbeitgeberin zu den erhobenen Vorwürfen geführt hätten. Anlässlich der Gespräche hätten beide erwähnt, dass auch andere Mitarbeitende gewisse Vorfälle beobachtet hätten. Trotzdem habe die Arbeitgeberin keine Abklärungen getroffen und auch die weiteren Mitarbeitenden nicht befragt. Die Arbeitgeberin habe sich vielmehr mit der Feststellung begnügt, dass betreffend die erhobenen Vorwürfe – mit Ausnahme der Bezeichnung von A als «Schätzeli» – «Aussage gegen Aussage» stehe.

Vor diesem Hintergrund sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Arbeitgeberin A nicht aufgefordert habe, ihre Vorwürfe zu konkretisieren. Auch und gerade wenn Zweifel an den Darstellungen von A bestanden hätten, wären weitere Abklärungen angezeigt gewesen. Zusätzlich habe die Arbeitgeberin ihre Fürsorgepflicht verletzt, indem sie keine Aussprache zwischen A und ihrem Arbeitskollegen ermöglicht und damit ein unter Umständen relevantes Element zur Entschärfung der Situation nicht genutzt habe.

Zusammenfassend habe die Arbeitgeberin im Vorfeld der Kündigung den Sachverhalt unzureichend abgeklärt und überdies zu wenig unternommen, um auf eine Lösung des Konflikts zwischen A und ihrem Arbeitskollegen hinzuwirken. Entsprechend habe die Arbeitgeberin ihre Fürsorgepflicht mehrfach verletzt und es sei im Zeitpunkt der Kündigung kein sachlicher Kündigungsgrund vorgelegen. Nachdem sich A im Kündigungszeitpunkt noch im ersten Dienstjahr befand, sowie «unter Würdigung aller Umstände», wurde ihr für die unrechtmässige Kündigung eine praxisgemäss eher tiefe Entschädigung von einem Monatslohn zugesprochen.

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