Probezeit bei Stellenwechsel – arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit

Urteil A-3627/2018 vom 14. März 2019 des Bundesverwaltungsgerichts

Anmerkungen

Grundsätzlich darf eine Probezeit höchstens bis zu der gesetzlich festgelegten Höchstdauer vereinbart werden. Wie das Bundesverwaltungsgericht im vorgestellten Urteil eingangs feststellt, ist auch eine zweite Probezeit grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme für eine Vereinbarung über eine zweite Probezeit im Zuge eines internen Stellenwechsels fällt nur dann in Betracht, wenn die neue Stelle andere, höhere Anforderungen an den Arbeitnehmenden stellt. Dafür ist stets eine einzelfallbezogene Überprüfung der fraglichen Stellenprofile vorzunehmen. Nebst den notwendigen Fachkenntnissen und der dafür verlangten Grundbildung sind insbesondere auch allfällige Arbeitserfahrungen des Arbeitsnehmenden in die Prüfung miteinzubeziehen, zumal eine zweite Probezeit im Bereich des öffentlichen Rechts auch stets dem Verhältnismässigkeitsprinzip zu genügen hat. Eine zweite Probezeit muss also nicht nur geeignet sein, die Fähigkeiten des Arbeitnehmenden zu prüfen, vielmehr muss diese auch notwendig sein. Selbst wenn eine neue Stelle im Vergleich zur ersteren allenfalls weitere Fachkenntnisse verlangt, ist eine zweite Probezeit je nach Erfahrung des betreffenden Arbeitnehmenden nicht notwendig bzw. unverhältnismässig. Bleibt das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei einem Stellenwechsel an sich unverändert, besteht keine Grundlage für eine erneute Probezeit und die damit verbundenen erleichterten Kündigungsbedingungen. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass mittels einer erneuten Probezeit gesetzliche Kündigungsfristen und Schutzbestimmungen umgangen werden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund brisant, dass eine Kündigung während der Probezeit auch dann möglich ist, wenn ein langjähriger Mitarbeitender unglücklicherweise während der zweiten Probezeit erkrankt oder schwanger wird. Es würde sich dabei wohl die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit stellen, aber der Kündigungsschutz im Sinne der Sperrfristen für die Arbeitnehmenden greift erst nach Ablauf der (zweiten) Probezeit. Um allfälligen Missbräuchen oder Rechtsungleichheiten vorzubeugen, wird im Bereich des öffentlichen Rechts bereits auf Verordnungsstufe immer mehr vorgesehen, dass bei einem Stellenwechsel innerhalb einer Verwaltungseinheit grundsätzlich keine neue Probezeit vereinbart werden darf (vgl. Art. 29 der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des städtischen Personals und Ausführungsbestimmungen der Stadt Zürich).

Ein in den letzten Jahren zunehmendes Phänomen stellt die sogenannte arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit dar, mit welchem sich das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls befasst hat. Arbeitgeber sehen sich gehäuft damit konfrontiert, dass sich Arbeitnehmende nach einer Konfliktsituation am Arbeitsplatz oder im Zusammenhang mit einer angekündigten oder bereits ausgesprochenen Kündigung aus psychischen Gründen krankschreiben lassen. Nicht selten kommen seitens der Arbeitgeber Zweifel an der plötzlich aufgetretenen Arbeitsunfähigkeit auf.

Wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend ausführte, ist die gesetzlich definierte Sperrfrist auf Fälle von allgemeinen und nicht rein arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeiten ausgerichtet. Vermutet der Arbeitgeber eine rein arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit und will eine Kündigung aussprechen, liegt die Beweislast bei ihm. Im Streitfall liegt es somit am Arbeitgeber, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu beweisen, dass es sich im konkreten Fall um eine rein arbeitsplatzbezogene Einschränkung handelt. Es ist naturgemäss schwierig, diesen Beweis zu erbringen. Zumal sich auch ein allfälliger Vertrauensarzt im Rahmen der Beurteilung der fraglichen psychischen Beeinträchtigungen unter anderem auf kaum überprüfbare Angaben des Patienten abstützen muss. Wie dem vorliegenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu entnehmen ist, stehen auch den Gerichten in solchen Situationen kaum andere Optionen offen, als sich bei der Beurteilung und Einschätzung einer strittigen arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit auf die entsprechenden ärztlichen Gutachten abzustützen. Aus diesem Grund dürften Fälle, in denen der Sperrfristenschutz nicht anwendbar ist, weiterhin die Ausnahme bilden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.