(K)ein Bier am Arbeitsplatz

Inspiriert durch die Theorie des norwegischen Psychologen Finn Skårderud, wonach der Mensch mit einem Blutalkoholspiegel zur Welt komme, der 0,5 Promille unter den eigentlichen menschlichen Bedürfnissen liege, einigen sich vier Gymnasiallehrer auf ein Experiment im Selbstversuch:

Sie beschliessen, während der Arbeitszeit zu trinken und einen konstanten Pegel von 0,5 Promille aufrechtzuerhalten.

So lässt sich die Handlung des Spielfilms «Der Rausch» (Originaltitel: «Drunk») des dänischen Regisseurs Thomas Vinterberg in aller Kürze zusammenfassen. Was sich dem Zuschauer zunächst als amüsanter Versuch aus dem alltäglichen Trott darstellt, entblösst schon bald die Ambivalenz von Alkohol als Genuss- und Suchtstoff. Auch in rechtlicher Hinsicht wirft der Film Fragen bezüglich Alkohol am Arbeitsplatz auf.

Ein grundsätzliches Verbot von Alkoholkonsum am Arbeitsplatz besteht nicht. Bezüglich möglicher Gefährdung der Arbeitssicherheit durch den Genuss oder eben Missbrauch von Alkohol nimmt der Gesetzgeber jedoch sowohl die Arbeitnehmenden als auch die Arbeitgeber in die Pflicht.

Pflichten des Arbeitgebers

Die Arbeitgeber müssen alle Massnahmen zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den gegebenen Verhältnissen angemessen sind (Art. 82 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung [UVG]). Zu diesem Zweck kann er auch den Konsum von alkoholischen Getränken einschränken oder ganz verbieten (Art. 35 Abs. 3 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz [ArGV3]) Dies kann beispielsweise durch entsprechende Ausformulierung im Personalreglement erfolgen. Grundlage für eine Verpflichtung zur Alkoholabstinenz kann jedoch auch eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem Arbeitgeber und einem einzelnen Arbeitnehmenden sein.

Mit dem Aufstellen von Regeln allein ist es jedoch noch nicht getan. Den Arbeitgebern kommt auch eine Informations- und Kontrollpflicht zu: Sie müssen alle Arbeitnehmenden sowohl über die bei ihren Tätigkeiten auftretenden Gefahren als auch über die Massnahmen zu deren Verhütung informieren. Darüber hinaus haben sie auch dafür zu sorgen, dass die aufgestellten Arbeitssicherheitsmassnahmen eingehalten werden (Art. 6 Abs. 1 und 3 der Verordnung über die Unfallverhütung [VUV]).

Alkoholverbot in der Freizeit?

Besteht seitens des Arbeitgebers eine Regelung, welche den Alkoholkonsum während der Arbeitstätigkeit verbietet (oder einschränkt), versteht es sich von selbst, dass der Konsum auch vor Arbeitsbeginn und während der Pausen untersagt ist. Aber inwieweit darf ein Arbeitgeber in die Freizeit der Arbeitnehmenden eingreifen?

Gemäss Rechtsprechung darf eine totale Alkoholabstinenz, die einem Arbeitnehmenden den Konsum auch in der Freizeit verbietet, nur dann erfolgen, wenn dafür ein besonderer (Rechtfertigungs-)Grund vorliegt. Namentlich zu berücksichtigen sind dabei die Gegenleistung des Vertragspartners und die Dauer einer diesbezüglichen Vereinbarung. In einem Fall aus dem Jahr 2017 erachtete das Bundesverwaltungsgericht eine vom Arbeitgeber einverlangte totale Alkoholabstinenz von über einem Jahr als übermässige Einschränkung. Diesem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Arbeitgeberin schloss mit dem betroffenen Arbeitnehmenden eine Behandlungsvereinbarung ab, nachdem der Verdacht aufkam, dass dieser trotz eines strikten Alkoholverbots während der Arbeitszeit solchen konsumierte. In der Vereinbarung verpflichtete sich der Arbeitnehmende zur totalen Abstinenz von alkoholischen Getränken in- und ausserhalb der Dienstzeit.

Nach über einem Jahr gab der Arbeitnehmende gegenüber der Arbeitgeberin zu, an vereinzelten Wochenenden trotzdem Bier getrunken zu haben, worauf ihm auf Ende der ordentlichen Kündigungszeit gekündigt wurde. Dagegen erhob der Arbeitnehmende Beschwerde. In der Urteilsbegründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass eine Verpflichtung zur Alkoholabstinenz über einen Zeitraum von über einem Jahr einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit darstelle und einer sachlichen Begründung bedürfe.

Im konkreten Fall arbeitete der betroffene Arbeitnehmende nicht in einem sicherheitssensiblen Bereich, und die Arbeitgeberin konnte zwar einen gewissen Alkoholkonsum, jedoch keinen Alkoholmissbrauch nachweisen. Vor diesem Hintergrund erachtete das Gericht die zwischen der Arbeitgeberin und dem Arbeitnehmenden geschlossene Behandlungsvereinbarung als unbegründet und die sich daraus ergebenden Einschränkungen als übermässig.

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