Die Stadt Olten beschäftigt etwas mehr als 200 öffentlich-rechtlich angestellte Personen. Privatwirtschaftlich gesehen wäre das ein KMU von respektabler Grösse. Umso erstaunlicher, dass ein Gemeinwesen von diesem Format keine Personalabteilung hat. Diese ist vor längeren Jahren einem der vielen Sparpakete zum Opfer gefallen. In Zeiten von Corona wird dieses Manko noch deutlicher spürbar als im «Normalmodus». Stadtregierung, Direktionskonferenz und Rechtskonsulent verordnen den städtischen Angestellten denn im Vergleich zu anderen Gemeinwesen auch eine eher harsche Gangart.

Der Personalverband PSO bemüht sich nach Kräften, die Anliegen der Angestellten dem Stadtrat zu unterbreiten und trotz Corona und fehlender Personalabteilung im Dialog zu bleiben. Ein kleiner Überblick über den vorläufigen Zwischenstand der Massnahmen:

Das finden wir gut

Zum Schutz der Mitarbeitenden und zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus ist das Gebäude der Stadtverwaltung für Dritte nicht mehr frei zugänglich. Zutritt erhalten nur noch Personen mit Anliegen, die sich nicht telefonisch oder per E-Mail erledigen lassen.

Nachdem der Arbeitgeber zunächst darauf bestanden hatte, im Fall von krankheitsbedingten Absenzen auch im Ausnahmezustand spätestens nach drei Tagen ein Arztzeugnis zu erhalten, liess er sich angesichts der Notlage umstimmen. Um das Gesundheitssystem nicht noch zusätzlich zu strapazieren, sind während der Dauer des Ausnahmezustands Arztzeugnisse am 10. Tag nach Eintritt der  Arbeitsunfähigkeit einzureichen. Bravo!

Hier ist Luft nach oben

Mit Homeoffice tut sich der Arbeitgeber eher schwer. In erster Linie, weil gemäss Mitteilung der ersten Stunde nicht genug Lizenzen vorhanden sind. Hier bleibt zu hoffen, dass der Arbeitgeber diese Lücke so schnell wie möglich schliesst. Die Corona-Krise könnte noch länger dauern, und um das bundesrätliche «Bleibt zu Hause!» zu beherzigen und trotzdem zu arbeiten, ist Homeoffice da, wo sich die Tätigkeit dafür eignet, das Gebot der Stunde. 

Die Zeiterfassung muss in jedem Fall weitergeführt werden, unabhänigig davon, ob von zu Hause oder im Betrieb gearbeitet wird. Das ist richtig so. Nachdenklich stimmt der Zusatz des Arbeitgebers, dass bei Homeoffice keine Plusstunden generiert werden können. Hinter dieser Haltung verbirgt sich Misstrauen gegenüber Arbeitnehmern im Homeoffice. Gerade in der Corona-Krise könnte es sein, dass für den Einzelnen mehr Arbeit als sonst anfällt, sei es, dass Aufgaben anders verteilt werden oder dass Kollegen erkrankt sind. Aus rechtlicher Sicht muss auch im Homeoffice die effektiv geleistete Arbeitszeit erfasst werden, und wenn dabei mehr Stunden zusammenkommen als der  vertraglich vereinbarte Wochensaldo, muss die Möglichkeit bestehen, diese Überstunden später zu kompensieren.

Aktuell bestehen noch keine konkreten Anzeichen, dass städtische Angestellte im Homeoffice über die vertragliche Arbeitszeit hinaus Leistungen erbringen müssten. Sollte diese Situation aber tatsächlich eintreten, müsste die Haltung des Stadtrates sicher nochmals kritisch hinterfragt werden. 

Für Angestellte mit Kindern ist die CoronaKrise wegen der Schliessung der Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen eine grosse Herausforderung. Die Stadt Olten gewährt ihren Angestellten in dieser Situation die üblichen maximal drei Tage bezahlten Kurzurlaub. Damit hält er sich zwar ans geltende Recht, wird der ausserordentlichen Notstandslage aber nicht gerecht, zumal die in normalen Zeiten oft in die Kinderbetreuung eingespannten Grosseltern diesmal explizit nicht bemüht werden dürfen. Der Kanton Solothurn gewährt seinen Staatsangestellten in der aktuellen Ausnahmesituation einen bezahlten Kurzurlaub von fünf Tagen. Ein ähnliches Zeichen für Angestellte mit Elternpflichten würde auch der Stadt Olten gut anstehen.

Das geht gar nicht

Mitarbeitende, welche Corona-bedingt nicht in der angestammten Tätigkeit beschäftigt werden können, darf der Arbeitgeber für andere Arbeiten einsetzen, auch wenn diese nicht gleichwertig sind. Das ist korrekt. Für grossen Unmut sorgte die Mitteilung des Arbeitgebers, dass Mitarbeitenden eingestellte Dienstleistungen zur Kompensation von Plusstunden oder zum Bezug von Ferienguthaben angehalten werden könnten. Aus rechtlicher Sicht muss dem Arbeitgeber hier die rote Karte gezeigt werden. So nicht. Wenn keine Arbeit vorhanden ist, dann ist der Arbeitgeber im Annahmeverzug und muss dem Arbeitnehmer den vollen Lohn zahlen. Die Lohnfortzahlungspflicht darf der Arbeitgeber nicht auf den Angestellten überwälzen, indem er ihm Ferientage oder bereits geleistete Überstunden streicht.

Die Kompensation von Überstunden darf der Arbeitgeber nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers anordnen; dazu braucht es das Einverständnis des Arbeitnehmers. Bei Ferien ist der Fall noch eindeutiger: Sie dienen der Erholung des Arbeitnehmers und nicht der  Reduktion der Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.

In der aktuellsten Weisung hat der Stadtrat dies erkannt – und appelliert nun an die Solidarität der städtischen Angestellten mit den privatrechtlichen Arbeitnehmenden und den Steuerzahlern: Die städtischen Angestellten werden ermuntert, Plusstunden zu kompensieren oder «übermässige Ferienguthaben» abzubauen, wenn keine Arbeit vorhanden ist.

Nachdem die städtischen Angestellten über zehn Jahre hinweg von Sparpaket zu Sparpaket geschleift wurden und trotz positiver  Rechnungsabschlüsse der Stadt jahrelang weder Teuerungsausgleich noch Reallohnerhöhung erhielten, kann der Appell an die Solidarität durchaus in den falschen Hals geraten.

 

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