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Fachtagung Brunnen 2019

Erfolgreiche Führung in der Arbeitswelt 4.0

Erfolgreiche Führung im digitalen Wandel ist nicht nur eine Frage gelungener Interaktion zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft, sondern auch der Gestaltung von Führung durch Strukturen und damit auch der Führung durch den Technologieeinsatz selbst. Die Art und Weise, in der Mitarbeitende durch Technologien geführt werden, und ob diese Art und Weise den Zielen der Organisation entspricht, sind sich Verantwortliche oft noch zu wenig bewusst. Dies das Statement von Prof. Dr. Sibylle Olbert-Bock, Leiterin des Kompetenzzentrums Leadership und Personalmanagement am Institut für Qualitätsmanagement und Angewandte Betriebswirtschaftslehre der Fachhochschule St. Gallen, zu Beginn ihres Referats. In ihren Ausführungen widmete sie sich den spezifischen Anforderungen, die Führungskräfte im Zeitalter der Digitalisierung brauchen, wollen sie nachhaltig erfolgreich sein.

In der Technisierung von Organisationen stehen bisher deutlich die Technologien selbst und Überlegungen eines effizienteren Arbeitens im Vordergrund. Eine aktive Abstimmung der Technologiepolitik mit den Bedürfnissen der betroffenen Mitarbeitenden und auch den Kunden bzw. der gewünschten Personalpolitik ist oft nicht gewährleistet, wie sich durch zahlreiche Beispiele belegen und durch Studienergebnisse untermauern lässt.

Dreiklang in der Einflussnahme wichtig

Es sind Menschen, Individualität und Zusammenarbeit, aufgrund derer besondere Leistungen entstehen, hält Olbert-Bock fest. Will man, dass Menschen nicht zur möglichen Störgrösse der Technisierung werden, sondern den Technikeinsatz vielmehr als wichtige Unterstützung in der Lösung ihrer Herausforderungen erleben, dann sind die Betroffenen bei der Planung und Gestaltung von Technikeinsatz deutlich in den Fokus zu rücken. Sie betont, dass es für eine gute Führung entscheidend sei, bei der Einflussnahme auf den Wechsel einen Dreiklang aus Strategie, Betroffenen und Technologie herzustellen. Mit Blick auf die Betroffenen heisst das unter anderem, sie bei der Kompetenzentwicklung frühzeitig zu unterstützen, soziale Beziehungen aktiv zu fördern und auch auf deren Gesundheit zu achten.

Zu einer gelingenden digitalen Transformation gehören überdies Change-Modelle, die eine umfassendere Beteiligung von technikaffinen sowie weniger technikaffinen Betroffenen vorsehen. Genauso sollte dabei die Verständigung über die Art und Möglichkeiten der Entwicklung von Digitalkompetenzen des Einzelnen und auf Ebene der Gesamtorganisation berücksichtigt werden.

Sinnvollen Technikeinsatz unter der Perspektive Mensch gestalten

Unter der Perspektive der Wirkung auf Menschen und deren Zusammenarbeit wird der geplante Technikeinsatz bisweilen wenig gezielt durchdacht und beschlossen. Zudem sind oft die Erwartungen zu hoch, dass das, was an anderer Stelle seit längerer Zeit konzipiert wurde, nun sofort von den Betroffenen umgesetzt werden könne.

Unterstützung in der Umsetzung ist daher wichtig, erläutert Olbert-Bock. Genauso wichtig ist es, sich in Veränderungsprozessen auf die Bedeutung von Partizipation zurückzubesinnen und darauf, wie gut eine Mitgestaltung die Betroffenen bereits auf eine gelingende Umsetzung vorbereitet. Mithilfe eines Piloteinsatzes lassen sich Technologien in ihren gewünschten und nicht gewünschten Wirkungen bewerten und optimieren. Eine Voraussetzung dafür ist, dass ein Bewusstsein über die angestrebten Wirkungen (z.B. eine höhere Effizienz) und die nicht beabsichtigten Effekte (z.B. einen geringeren Spielraum, um auf den Einzelnen einzugehen) der eingesetzten Technologien besteht. Auch ist es wichtig, dazu passende und geeignete Evaluations-Indikatoren zur sozialen Bewertung anzulegen.

Zwar benötigt eine solche Einführung gemäss Olbert-Bock mehr Zeit, doch wird sie sich in der späteren Umsetzung auszahlen: Zum einen werden im Prozess selbst Digitalkompetenzen erworben. Zum anderen kann einem «Change Cynism» vorgebeugt werden, der durch zu viele, als nicht unbedingt notwendig wahrgenommene Change-Initiativen entstehen kann.

Unterstützend lassen sich digitale Kompetenz, das Wissen um neue Technologien und auf sie bezogenes Interesse und Ideenreichtum in der Gesamtorganisation etwa durch «Transformation Coaches» oder Technologieworkshops steigern, ergänzt Olbert-Bock. Letztlich geht es darum, eine Kultur zu fördern, bei der die Mitarbeitenden die Chancen der Digitalisierung erkennen und mittragen.

Gezielt «Digitalkompetenz» in die Kompetenzentwicklung bringen

Ein weiterer wichtiger Punkt in der digitalen Führung ist die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses dessen, was «Digitalkompetenz» in der eigenen Organisation bedeuten soll. Geht es um eine auf Rollen und/oder Funktionen bezogene Anwendungskompetenz oder soll der reflektierte Umgang mit Technologien und ihrem Output im Zentrum stehen? Aktuell lassen sich drei Ansätze der Digitalkompetenz unterscheiden, die in unterschiedlichem Ausmass Anwendungskompetenzen, Kompetenzen zum reflektierten Umgang mit Technologien sowie permanente Weiterentwicklung vorsehen.

Olbert-Bocks Fazit: Die bestehenden Kompetenzmodelle sind zu erweitern, wobei die für Digitalisierung wichtigen Kompetenzen darin zu verankern und mit Blick auf den Einzelnen zu fördern sind.

BYOD – Rechtsfragen rund um die geschäftliche Nutzung privater Endgeräte durch öffentlich-rechtliche Arbeitnehmende

Mit einer kleinen Fragerunde eröffnete Rechtsanwalt Luc Humbel den zweiten Tagungstag und hatte die Aufmerksamkeit der Anwesenden trotz der für einige wohl kurzen Nacht gleich bei sich. Die Umfrage machte klar, dass etliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre privaten Laptops, Smart Phones oder Tablet-PCs für Arbeitszwecke nutzen, aber keiner unter ihnen hierzu über eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber verfügt. Damit war man auch schon mittendrin im Thema Bring Your Own Device (BYOD) und den damit verbundenen Fragen und Risiken, die Humbel in seinem Referat anhand der Gesetzesgrundlagen erläuterte.

Zunächst machte Humbel bewusst, dass es sich im Falle von öffentlich-rechtlichen Arbeitnehmenden bei BYOD um die Integration von privaten Endgeräten in Netzwerke von staatlichen Behörden handelt.

Ein Rückblick in die Vergangenheit zeigte, dass nebst der technischen Entwicklung auch gesellschaftliche Veränderungen BYOD Vorschub geleistet haben. Aktuell sind das etwa Informationstechnologien an Schulen und Universitäten, der Trend zu Homeoffice und zu freien Projektmitarbeitenden oder der Abruf von Kalender und E-Mails ausserhalb der eigentlichen Arbeitszeit.

Wie eine Studie der Universität Siegen aus dem Jahr 2015 ergab, nutzen 46 Prozent der Mitarbeitenden in der Verwaltung private Endgeräte für dienstliche Zwecke, 72 Prozent davon tun dies ohne Erlaubnis des Arbeitgebers. Seitens der Verwaltungseinheiten verfügen dabei nur gerade 19 Prozent über eine BYOD-Strategie, während 45 Prozent der Verwaltungseinheiten weder eine Strategie noch Regeln haben.

Was sagen die rechtlichen Grundlagen?

Humbel führte aus, dass gemäss Bundespersonalgesetz (BPG) für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Obligationenrechts (OR) gelten. Daraus geht klar hervor, dass der Arbeitgeber die Angestellten mit Arbeitsgeräten ausrüsten muss, die sie zur Ausübung ihrer Arbeit benötigen. Im Einverständnis mit dem Arbeitgeber kann der Arbeitnehmer durchaus private Geräte nutzen, aber diesfalls hat ihn der Arbeitgeber für die entstehenden Auslagen zu entschädigen. Bei auswärtiger Tätigkeit führt dies dazu, dass auch Online-Kosten zwingend zu entschädigen sind. In der Realität ist das allerdings wohl kaum je der Fall.

Manche Aspekte im Zusammenhang mit BYOD sind sodann im Arbeitsgesetz geregelt. Mit dem Trend hin zu ständiger Verfügbarkeit durch mobile Geräte stellt sich etwa die Frage, was als Arbeitszeit gilt. Das Arbeitsgesetz liefert hierzu eine klare Antwort: Die tatsächliche geschäftliche Einsatzzeit zu Hause ist Arbeitszeit, das schliesst auch das Beantworten von E-Mails am Abend mit ein. Dem Arbeitgeber obliegt auch in dieser Hinsicht eine gesetzliche Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer, dennoch sind Angestellte gut beraten, ihre Geräte über Nacht auszuschalten, sodass eine Arbeitszeit gar nicht erst eingefordert werden kann, so Humbel.

Sein Fazit: BYOD ist auch im öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis möglich, aber es braucht eine Vereinbarung mit den folgenden Bestimmungen:

  • Keine gesetzliche Grundlage
  • Keine Verfügungsmacht
  • Nicht gegen den Willen der Angestellten (Einvernehmen)
  • Nicht gegen den Willen der Anstellungsbehörde

Welches sind die Risiken?

Aus Sicht des Datenschutzes liegen die Risiken bei BYOD durch Arbeitnehmende beim Zugriff von Dritten auf Geschäftsdaten, das schliesst auch Familienangehörige oder Diebstahl mit ein. Humbel hofft, dass sich alle Anwesenden bewusst sind, dass sie ihre Endgeräte vor solchen Zugriffen schützen müssen. Dieser Schutz ist jedoch keineswegs einseitig: Auch der Arbeitgeber muss mittels technischer und organisatorischer Massnahmen dafür besorgt sein, dass seitens Unternehmen kein Zugriff auf die Geräte und damit die persönlichen Daten der Arbeitnehmenden möglich ist. Konkret liegt die Verantwortung für den Schutz von Daten also beim Daten-Besitzer («Data Owner»).

Die Informationsschutzverordnung des Bundes hält zudem fest, welchen Daten welcher Schutz zuzukommen hat und gegenüber wem dieser Schutz zu erlassen ist. Etwas vereinfacht gesagt, braucht es im Umgang mit sensiblen Daten Zugriffsberechtigungen und/oder eine Zwei-Faktor-Authentifizierung. Geheime und vertrauliche Daten sollten grundsätzlich nicht auf BYOD-Geräten abgespeichert werden oder aber nur verschlüsselt.

Damit sind auch die Aufbewahrungsrisiken angesprochen. Theoretisch bräuchte es zwei Festplatten, wie Humbel ausführt, um Geschäfts- und privaten Daten voneinander zu trennen. Überdies sollte eine Datensicherung gewährleistet sein.

Im Rahmen der IT-Risiken geht es schliesslich um die Datensicherheit als solche. Virenschutz, Sicherheitsupdates, Firewall zur Einschränkung der Zugriffe und weitere Vorkehrungen sollten selbstverständlich sein, so Humbel.

Wichtig sind nicht zuletzt die Haftungsrisiken. Im Falle eines Drittschadens besteht grundsätzlich eine Staatshaftung. Schädigt allerdings der Arbeitnehmende den Arbeitgeber durch den Gebrauch seines privaten Endgerätes grobfahrlässig, haftet er von Gesetzes wegen direkt. Allein schon deshalb sind Arbeitnehmende angehalten, mit ihrem Arbeitgeber eine Vereinbarung zu treffen, die solche Fragen regelt. Dazu gehört beispielsweise auch der Ersatz des privaten Gerätes bei allfälliger Beschädigung während eines geschäftlichen Einsatzes.

Vereinbarungen

Nutzungsvereinbarungen halten bestenfalls umfassend und klar fest, welche Regeln im Umgang mit BYOD gelten. Dazu gehören Fragen wie: Was ist erlaubt, was nicht? Wer verantwortet was? Welche Geräte sind zugelassen und welche Arbeitnehmenden sind ausgeschlossen? Auch die Gewährleistung der Datensicherheit (Virenschutz) oder Bestimmungen beim Austritt des Arbeitsnehmenden sollten adressiert werden. Humbel betont, dass schriftliche Weisungen vorzuziehen sind; mündliche Vereinbarungen erachtet er als heikel und nicht empfehlenswert.

Sein abschliessendes Fazit: Der (öffentlich-rechtliche) Arbeitgeber muss die Verfügungsgewalt über die dienstlichen Daten immer behalten und ist für deren Sicherheit verantwortlich. Solange er nichts reguliert, ist er in der Verpflichtung. Sodann braucht BYOD ein umfassenden Konzept (IT und Recht). Und: Selbst wenn BYOD vom eigenen Arbeitgeber (noch) nicht genutzt wird, ist eine Sensibilisierung der Mitarbeitenden für den Einsatz und die Risiken von BYOD nötig.

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