Mut zum Risiko

Wie man seinen Personalverband erfolgreich macht – Weiterbildungsseminar von Öffentliches Personal Schweiz (ZV)

Die Rekrutierung von neuen Vorstandsmitgliedern und Präsidentinnen oder Präsidenten für Personalverbände ist schwierig. Dabei ist die Aufgabe wichtig und, wenn effizient ausgeführt, eine tolle Herausforderung. Arbeitsbelastung, Freitage für Verbandsarbeit, Engagement für die Mitarbeitenden, Mitgliederbestand und Auftreten gegenüber dem Arbeitgeber sind die Stichworte. Eine starke Basis ist für den Erfolg der Personalverbände jedoch essentiell. Aber wie führt man seinen Personalverband erfolgreich?

Öffentliches Personal Schweiz (ZV) hat zu diesen Themen am 18. September 2018 Fachpersonen nach Zürich als Referenten zu einer halbtägigen Weiterbildungsveranstaltung eingeladen. Mit über 50 Teilnehmenden aus vielen unserer über die ganze Schweiz verteilten Verbände war die Tagung ausgebucht.

Was tut Ihr Verband eigentlich?

Auf eine Mitgliedschaft im Personalverband angesprochen, taucht häufig die Frage auf, was dieser Personalverband denn überhaupt tut und was eine Mitgliedschaft nützt. Damit sich solche Fragen erst gar nicht stellen, muss sich ein Verband sichtbar positionieren und für seine Mitglieder diejenigen Leistungen erbringen, die ausschliesslich er selbst erbringen kann. Der Verband muss zeigen, dass nur er durch seine Position, seine Struktur und seine Bedeutung die Möglichkeit hat, diese Leistungen für seine Mitglieder zu erbringen.

Die Aussage ist: Keine andere Organisation kann dasselbe für seine Mitglieder tun, weil eine ähnliche Positionierung für keine andere Organisation möglich ist.

Das Bewusstsein über diese grosse Bedeutung des eigenen Personalverbandes ist wichtig und hilft, Prioritäten für die Verbandsarbeit zu setzen, erklärte Referent Prof. Dr. Peter Stücheli-Herlach, Leiter der Forschungsstelle «Organisationskommunikation und Öffentlichkeit» an der ZHAW.

Und klar ist auch, so unsere Erfahrung, von wenigen Ausnahmen abgesehen wünscht sich auch der Arbeitgeber einen starken Personalverband als Verhandlungspartner.

Erfolg in der Verbandsarbeit

Um erfolgreich handeln zu können, muss die Verbandsführung Hierarchien innerhalb der bestehenden Strukturen definieren und den einzelnen Vorstandsmitgliedern Zuständigkeiten zuweisen, so Stücheli. Die Mitglieder selbst formulieren und definieren an Versammlungen in Form von Arbeitsgruppen, Generalversammlungen oder informellen Zusammentreffen ihre Erwartungen. «Über deren Bearbeitung und Umsetzung, Erfolge oder Misserfolge wird berichtet und es findet somit im Idealfall zwischen Mitgliedern, Verbandsführung und Dritten eine aktive Kommunikation und ein Austausch statt», so Stücheli.

Die Formen der Kommunikation müssen den jeweiligen Themen und Zielgruppen angepasst werden und können mündlich, mittels Flyern oder über eine Website, Social Media oder einen Blog erfolgen.

So die Idealvorstellung. Doch wie lässt sich diese umsetzen? Gefordert sind alle. Die Mitglieder des Verbandes müssen ihre Erwartungen gegenüber dem Vorstand tatsächlich formulieren und ihre Arbeitskollegen zu einem Beitritt motivieren, denn eine wirkungsvolle Interessenvertretung ist nur möglich, wenn sich ein Verband auf eine breite Basis abstützen kann – sie legitimiert ihn (und den Vorstand) gegenüber dem Arbeitgeber zu seinem Handeln und verleiht ihm Überzeugungskraft.

Interesse wecken

Prof. Stücheli erklärte, dass das Interesse an einer Organisation oder einem Verband oft kurzfristig ist und von aktuellen Problemen und Fragestellungen mitbestimmt wird. Für einen Personalverband ist deshalb wichtig, zu zeigen, dass er permanent aktiv ist und sich für seine Mitglieder einsetzt. Thematisch bedeutet dies, dass das Tätigkeitsfeld erweitert wird und nicht nur Probleme, die in einem direkten Zusammenhang zum Arbeitsplatz stehen, bearbeitet werden. Die Fokussierung kann man, so meinen wir, allerdings auch anders sehen und sagen, Thema sind die Arbeitsbedingungen, das aber dann richtig.

Prof. Stücheli räumte ein, dass eine aktive Bearbeitung eines breiteren Themenfelds sowie die Information über diese Tätigkeit auch mehr Ressourcen bedingt. Ein Wandel der Kommunikation hängt deshalb in der Regel auch mit einer Veränderung der Verbands- bzw. Organisationsstruktur zusammen – sei es, dass der Vorstand erweitert wird oder auch Verbandsmitglieder Arbeiten übernehmen.

Personalverband in Biel als Sozialpartner akzeptiert

Der Bieler Personalverband ist ausserordentlich aktiv, hat einen hohen Organisationsgrad und setzt sich engagiert für die Belange seiner Mitglieder ein. Urs Stauffer, Präsident Öffentliches Personal Schweiz (ZV) und Co-Präsident des Personalverbandes der Stadt Biel/Bienne, berichtete in einem fesselnden Vortrag, welche Faktoren für diesen Erfolg notwendig sind.

Wichtig ist, so Stauffer, dass die Mitglieder spüren und wissen, dass der Verband ihnen bei Problemen zur Seite steht und sie bei Konflikten mit der Arbeitgeberin unterstützt; dazu gehört auch, ein Mitglied an ein Gespräch mit Vorgesetzten zu begleiten, sollte dies gewünscht werden.

Um den Mitgliedern – zusammen mit der Unterstützung der Verbandsführung – Sicherheit zu geben, hat der Personalverband der Stadt Biel/Bienne zudem eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen.

In Biel, so Stauffer, ist der Personalverband als Sozialpartner akzeptiert. Diesen Respekt und die Anerkennung als Sozialpartner musste man sich jedoch hart erkämpfen. Es braucht Einsatz und den Mut der Vorstandsmitglieder, sich für die Anliegen des Personals einzusetzen sowie den unbedingten Rückhalt der Mitglieder. Ein Verband muss als Gemeinschaft auftreten und die Arbeitgeberseite muss spüren, dass die Mitglieder hinter dem Vorstand und ihren Aktivitäten stehen. Dies ist in Biel der Fall.

Kündigungsschutz

Die Vertretung der Interessen der Verbandsmitglieder erfordert Mut und wird – verständlicherweise – erschwert, wenn sich die Vorstandsmitglieder mit der Gefahr konfrontiert sehen, ihre Anstellung aufgrund ihres Engagements für den Verband zu verlieren. Für diese ungemütliche Ausgangslage gibt es zwei Lösungen: Engagement eines externen Präsidenten (was aber aufgrund der daraus resultierenden Kosten nicht für jeden Verband möglich sinnvoll ist). Die zweite Lösung zeigte Rechtsanwalt und Verbandssekretär Dr. Michael Merker auf. Er empfiehlt, darauf hinzuwirken, dass in die Personalerlasse Bestimmungen aufgenommen werden, die die Vorstandsmitglieder vor einer ungerechtfertigten Kündigung schützen. Eine entsprechende Formulierung könnte wie folgt lauten:

«Vorstandsmitglieder des Personalverbandes dürfen aufgrund ihrer Tätigkeit als Interessenvertreter des Personals nicht benachteiligt werden.

Das Arbeitsverhältnis mit Vorstandsmitgliedern des Personalverbandes darf ausschliesslich aufgelöst werden, wenn dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.

Erfüllt eine Kündigung diese Voraussetzung nicht, ist sie nichtig.»

Verbandsarbeit während der Arbeitszeit

Für viele Verbände ist die Rekrutierung neuer (und jüngerer) Vorstandsmitglieder schwierig. Hindernis ist neben den Repressalien aufgrund der Verbandstätigkeit oft die fehlende zeitliche Kapazität während oder neben der Arbeit.

Den Vorstandsmitgliedern der Personalverbände wird von einem Teil der Arbeitgeber keine Arbeitszeit für die Verbandsarbeit, insbesondere Sitzungen und Betreuung von Mitarbeitenden mit personalrechtlichen Problemen, oder Weiterbildungen zur Verfügung gestellt. Das ist nicht gut. Immerhin: über die Hälfte der öffentlichen Arbeitgeber gibt sich hier professionell und sieht freie Zeit für das Engagement im Personalverband vor.

Oft bestehen (mündliche) Vereinbarungen für die Ausübung der Verbandstätigkeit während der Arbeitszeit. Damit diese Absprachen nicht vom aktuellen Vorgesetzten abhängig sind, empfiehlt Dr. Merker eine klare Regelung im Personalerlass, auf die man sich dann auch berufen kann. Dies kann auf zwei Arten erfolgen. Einerseits als Ergänzung zur Regelung des bezahlten Urlaubs oder als separate Norm. Die Formulierungen können folgendermassen lauten:

Anspruch auf bezahlten Urlaub besteht in den nachfolgenden Fällen:

x. Teilnahme an Sitzungen und Veranstaltungen von Personalorganisationen: bis 5 Tage / Kalenderjahr

oder

x. Personalverband / § xx

1 Vorstandsmitgliedern des Personalverbandes wird für Sitzungen und Teilnahmen an Delegiertenversammlungen sowie anderen verbandsbezogenen Veranstaltungen die notwendige Zeit gewährt, höchstens aber 5 Arbeitstage pro Kalenderjahr.

2 Sitzungen mit dem Arbeitgeber gelten als Arbeitszeit.

Schlussbemerkung

Die Weiterbildungsveranstaltung vom 18. September 2018 in Zürich lieferte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern neue Inputs für ihre Verbandstätigkeit und war Auslöser für Ideen hinsichtlich der Kommunikation mit den Mitgliedern. Der anschliessende Apéro wurde rege genutzt, um neue Bekanntschaften zu schliessen und sich über mögliche neue Kommunikationsmodelle auszutauschen.

Die Geschäftsleitung hat gestützt auf die sehr positiven Rückmeldungen an der letzten Sitzung entschieden, weitere halbtägige Weiterbildungsveranstaltungen durchzuführen. Themenwünsche werden im Sekretariat gerne entgegengenommen.

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