Präsident Urs Stauffer

Dank für über 20-jähriges Engagement

Delegiertenversammlung 2016 in Olten

AHV – eine Erfolgsgeschichte

Das Tagungsreferat hielt Nationalrätin Bea Heim. Sie ging ebenfalls auf die leider schon fast üblichen Sparübungen, insbesondere beim Personal, ein. Sie stellte fest, dass man sich diesbezüglich unbedingt die Frage stellen muss, wie weit Sparmassnahmen überhaupt gehen dürfen, da sie früher oder später einen Abbau von öffentlichen Dienstleistungen zur Folge haben werden. Eines der diesbezüglich brisantesten Themen ist klar die Unternehmenssteuerreform III.

In ihrem Referat sprach Bea Heim aber über das zweite der beiden wichtigsten politischen Themen in diesem Jahr: die berufliche Vorsorge. Denn zum ersten Mal seit 20 Jahren wird die Revision der Altersvorsorge ganzheitlich angegangen.

Ein wichtiger Faktor für das Wohlbefinden unserer Gesellschaft sei das Gefühl von Sicherheit, nicht nur in polizeilicher Hinsicht, sondern auch in sozialer. Wer weiss, wie seine (finanzielle) Situation nach der Arbeitstätigkeit aussieht, kann sich sicher fühlen, auch während dem Erwerbsleben. Die Bundesverfassung legt fest, dass die AHV den Existenzbedarf angemessen decken muss. Heute sind wir von diesem Ziel aber weit entfernt, ohne Aussicht auf Besserung. Im Gegenteil: die Situation verschlechtert sich. Hinzu kommt eine Senkung der Leistungen aus der 2. Säule.

Bea Heim berichtet, dass die Sitzungen und politischen Diskussionen heftig sind. Die Hauptargumente haben sich dabei seit langem nicht geändert: Das rechte politische Lager und die Versicherungsindustrie fürchten um ihre Geschäfte, reden die AHV schlecht – heute wie schon bei der Einführung. Die linke Seite sagt, dass mit der beruflichen Vorsorge ein Volksauftrag besteht, nämlich die existenzsichernde Rente.

Seit es die AHV gibt, wird ihr der Untergang prophezeit. Sie schloss jedoch mehrere Jahre im Plus ab, auch wenn sie dieses Jahr ein Minus aufweist. Schon im Jahr 1948 wurde die demographische Entwicklung als Damoklesschwert angeführt, die AHV hat sich aber trotz Erhöhung der Lebenserwartung als stabil erwiesen. Der Grund liegt darin, dass alle prozentual einen Beitrag leisten müssen, die Rente im Gegenzug aber plafoniert ist. Dank diesem sozialen System hat die AHV alle demographischen Entwicklungen aufgefangen (vgl. zur Entwicklung untenstehende Tabelle).

Bea Heim erklärte anschaulich, dass die AHV in naher Zukunft aber wohl einen finanziellen Zustupf braucht, weil mit den Baby-Boomern geburtenstarke Jahrgänge in die Rente gehen werden. Es wird zwar wieder ein Ausgleich folgen, aber erst in ein paar Jahren, wenn der Pillenknick spürbar wird.

Ein grosser Vorteil der AHV ist, dass sie mit der Wirtschaft mitgeht. Es geht nicht nur um die sozialen Aspekten, sondern sie profitiert auch von der Produktivität, denn höhere Löhne führen automatisch zu höheren Beiträgen in die AHV. In den Jahren 1975 bis 2013 sind die Löhne gestiegen, wodurch die finanzielle Mehrbelastung trotz demographischem Wandel aufgefangen werden konnte.

Ein weiterer Vorteil der AHV ist die Unabhängigkeit von den Finanzmärkten. Gleichzeitig zahlen Arbeitnehmende und Arbeitgebende seit Beginn gleich hohe Beiträge in die AHV – aufgrund des Wirtschaftswachstums sind diese Beiträge aber höher als früher.

Die Jungen mögen sich leider nicht so recht für die AHV interessieren; sie behaupten, die Alten ziehen die Jungen über den Tisch und die Jungen würden im Alter keine Renten mehr erhalten. Das ist falsch, erklärt Bea Heim. Die AHV funktioniert im Umlageverfahren, somit waren die heutigen Alten auch mal die Jungen und bezahlten die Renten der damals Älteren. Dieses Umlageverfahren wurde in der Schweiz zum Grundpfeiler gemacht. Es macht die AHV effizienter als die private Vorsorge, denn in der privaten Vorsorge sind grössere Beiträge nötig, um die gleiche Rente zur erzielen.

Leben von der AHV?

Als Zwischenfazit hielt Bea Heim deshalb fest, dass die AHV gut funktioniert, solide finanziert ist, das Finanzierungsmodell gut und vorallem solidarisch ist. Für die Mehrheit ist die AHV die wichtigste Einkommensquelle im Alter.

Es gab aber seit 40 Jahren keine substantiellen Rentenerhöhungen mehr. Für den Grossteil der heutigen Rentner und Rentnerinnen, der von der AHV leben muss, bedeutet dies ein schmales finanzielles Budget. Für viele Rentnerinnen und Rentner sind die Renten zum Leben zu mager, da die Lebenshaltungskosten gestiegen sind.

Die AHV ist oft auch mit Ergänzungsleistungen nicht existenzsichernd. Gerade Arbeitnehmende mit tiefem Lohn haben bei einem Vergleich ihres Einkommens zur Rente von über 40 % – das ist eine markante finanzielle Einbusse, die schmerzt. Hinzu kommt, dass insbesondere Frauen oft keine Chance hatten, während ihrer Erwerbstätigkeit eine stabile 2. oder gar 3. Säule aufzubauen.

Tröstlich ist, dass die grossen Angriffe auf die AHV vom Volk immer abgelehnt wurden. Das Volk weiss um die Bedeutung der AHV.

Finanzierung der AHV

Die AHV wird auch indirekt bedroht: Die Unternehmenssteuerreform II kostete die AHV rund CHF 400 Mio. jährlich. Der Bund würde zwar über die entsprechenden Mittel für den Ausgleich seiner «Schulden» bei der AHV verfügen, es fehlt hinsichtlich der Rückzahlung aber am politischen Willen. Hier müssen alle zusammenstehen und für eine starke AHV kämpfen.

Das wirtschaftliche Umfeld ist momentan unsicher. Die Einnahmen der AHV dürfen deshalb nicht weiter gekürzt werden. Die diesbezügliche Forderung nach einem höheren Rentenalter wäre rein rechnerisch zwar realistisch, Bea Heim fragt sich aber, wo denn diese Arbeitsplätz für ältere Arbeitnehmende sind. Sie erzählt von Arbeitssuchenden über 50 Jahren, die gut qualifiziert sind, aber keine Arbeitsstelle finden. Die Forderung nach einem höheren Rentenalter macht nur Sinn, wenn es auch entsprechende Arbeitsplätze gibt.

Bei der Festlegung des Rentenalters muss ausserdem Rücksicht genommen werden auf die Gesundheit – sie plädiert deshalb für ein flexibles Rentenalter. Man muss ihres Erachtens unbedingt berücksichtigen, ob jemand während seinem ganzen Arbeitsleben körperlich gearbeitet hat und schwere Lasten auf Baustellen tragen musste oder im Büro arbeitete.

Ein weiteres Thema, das in der Arbeitswelt heute ihres Erachtens zu wenig thematisiert wird, ist die Industrie 4.0. Die Digitalisierung sei eine grössere Herausforderung als die Demographie. In der Industrie ist die Automatisierung schon lange ein Thema, sie wird ganze Branchen umpflügen und Arbeitsplätze kosten. Viele menschliche Arbeiten kommen in die Reichweite von Algorhitmen – man kann sich einerseits darüber freuen, dass repetitive Arbeiten zukünftig von Maschinen verrichtet werden könnten, die Kehrseite sind aber klar die fehlenden Arbeitsplätze und die rückläufigen Beiträge in die Sozialversicherungen. Man muss deshalb bald einen Weg finden, um die Finanzierung der Sozialwerke auch anders sicherzustellen.

Bea Heim erklärt, dass sich Menschen vom technischen Wandel trotz den Veränderungen nicht bedroht fühlen dürfen. Dafür sei eine stabile soziale Struktur notwendig; die bewährte AHV muss deshalb nachhaltig gestärkt werden.

Nächste Delegiertenversammlung

Als Veranstaltungsort der nächsten Delegiertenversammlung wurde einstimmig Schaffhausen gewählt. Sie findet am 12. Mai 2017 in Schaffhausen statt.

Sandra Wittich

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