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Die Praxis des Uhrenherstellers Jean Singer & Cie SA in Boudry (NE), wonach die Angestellten für die WC-Pause ausstempeln müssen, sorgte für Aufsehen. Das Unternehmen sieht in der WC-Pause eine Arbeitsunterbrechung und führt aus, dass solche Unterbrechungen unabhängig vom Grund der Pause gestempelt werden müssen. Doch ist eine solche Regelung zulässig? Sieht das Arbeitsgesetz keine bezahlten Kurzabsenzen vor? Diesen und weiteren Fragen wird im nachstehenden Beitrag unter Bezugnahme auf das Urteil des Neuenburger Kantonsgerichts vom 27. Juni 2024 nachgegangen.
Der konkrete Sachverhalt
Die Mitarbeitenden des Unternehmens Jean Singer & Cie SA in Boudry (NE) müssen für den Toilettengang ausstempeln. Dies stellte das Arbeitsinspektorat anlässlich einer Covid-19-Kontrolle im Jahr 2021 fest. Das Arbeitsinspektorat rügte die Neuenburger Unternehmung. Die Uhrenfirma wehrte sich und so musste sich das Neuenburger Kantonsgericht mit der Frage befassen, ob die Regelung des Uhrenunternehmens, wonach die Mitarbeitenden für Toilettenpausen ausstempeln müssen, rechtmässig ist.
Das Neuenburger Kantonsgericht schützte diese Pausenregelung. Das Gericht hat entschieden, dass Toilettenpausen wie andere Kurzpausen – etwa private Telefonate oder Zigarettenpausen – als Arbeitsunterbrechungen gelten. Das Gesetz regle die Bezahlung dieser kurzen Pausen nicht ausdrücklich. Der Arbeitgeber könne deshalb festschreiben, dass Arbeitnehmende für Pausen ausstempeln müssen.
Dieser Entscheid sorgte für Kritik. Auch im Parlament wurden die WC-Pausen zum Thema. So reichte der Mitte-Nationalrat Giorgio Fonio am 16. Dezember 2024 eine Motion ein. Er verlangte, dass Kurzpausen im Gesetz klar geregelt werden. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion – der Entscheid des Nationalrats ist ausstehend.
Rechtsgrundlagen
Das Arbeitsgesetz sieht in Art. 15 vor, dass zwingend Pausen von gewisser Dauer gewährt werden müssen, die nach der Dauer der Arbeitszeit abgestuft sind: Bei einer Arbeitszeit von bis zu fünfeinhalb Stunden ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin eine Pause zu gewähren. Bei einer Arbeitszeit von fünfeinhalb bis sieben Stunden muss eine Pause von mindestens einer Viertelstunde gewährt werden. Je nach Präsenzzeit können sich Mindestpausen von kürzerer Dauer als einer Viertelstunde ergeben. Bei einer Arbeitszeit von sieben bis neun Stunden ist den Arbeitnehmenden eine Mindestpause von einer halben Stunde zu gewähren. Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden ist eine Mindestpause von einer Stunde zuzugestehen. Zu beachten ist: Wenn die Arbeitszeit durch eine Mittagspause unterbrochen wird und ein Teil der dadurch geteilten Arbeitszeit fünfeinhalb Stunden überschreitet, so ist erneut eine weitere Pause von mindestens einer Viertelstunde zu gestatten.
Grundsätzlich sind Pausen nicht zu entschädigen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer die Pausen am Arbeitsplatz verbringen muss, etwa um Kontrollaufgaben wahrzunehmen. Dann gelten die entsprechenden Pausen als Arbeitszeit.
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