Zwischen der Kantonspolizei Basel-Stadt und einem langjährigen Kaderpolizisten war die ordentliche Kündigung umstritten. Das Bundesgericht befand die Kündigung als zulässig. Das höchste Gericht bezog in diesem Zusammenhang zu zahlreichen personalrechtlichen Stolperfallen Stellung (u.a. res iudicata, Konversion einer fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung, rechtliches Gehör, Bewährungsfrist) und präzisierte sowie bestätigte seine Rechtsprechung in anschaulicher Weise.
Sachverhalt
Ein Polizist, zuletzt mit Kaderfunktion, mit Jahrgang 1968 arbeitete seit 1993 bei der Kantonspolizei Basel-Stadt. Die Arbeitgeberin entliess ihn wegen unangebrachten Verhaltensweisen gegenüber Mitarbeitenden zunächst mit fristloser Kündigung vom 16. März 2015.
Die erstinstanzliche Behörde hob die fristlose Kündigung mit Entscheid vom 7. Dezember 2015 auf. Er erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Die Arbeitgeberin sprach jedoch aufgrund des gleichen Sachverhalts am 16. Dezember 2015 eine ordentliche Kündigung aus. Diese focht der Arbeitnehmer wiederum an. Das Bundesgericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz und schützte die Kündigung.
Zu den Erwägungen
Materielle Rechtskraft
In seinen Erwägungen hielt das Bundesgericht zunächst fest, dass Anfechtungsgegenstand im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich nur das Rechtsverhältnis bilde, zu dem die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig in Form einer Verfügung Stellung genommen habe. Die Verfügung der Kantonspolizei vom 16. März 2015 habe die Überschrift «Fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäss § 32 Personalgesetz» getragen. Gegenstand des Rekursentscheids bilde folglich die «fristlose Kündigung» und nicht generell die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Daraus schloss das Bundesgericht, dass die am 16. Dezember 2015 ausgesprochene, ordentliche Kündigung nicht von der Rechtskraft des Rekursentscheids vom 7. Dezember 2015 erfasst sei.
Folglich verneinte das Bundesgericht die Identität des Streitgegenstandes betreffend die fristlose und ordentliche Kündigung und damit auch das Vorliegen einer res iudicata. Die materielle Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils, welches die fristlose Kündigung aufhob, steht damit dem Folgeverfahren der ordentlichen Kündigung nicht entgegen.
Konversion einer fristlosen in eine ordentliche Kündigung
Der Beschwerdeführer rügte, die Arbeitgeberin dürfe nach rechtskräftiger Aufhebung der fristlosen Kündigung gestützt auf denselben Sachverhalt keine ordentliche Kündigung auszusprechen.
Gestützt darauf fasst das Bundesgericht die privatrechtliche Praxis zusammen. Danach stellt die obligationenrechtliche Kündigung ein grundsätzlich unwiderrufliches Gestaltungsrecht dar. Der Arbeitgeber, der den Weg der ordentlichen Kündigung eingeschlagen hat, kann den Vertrag nicht gestützt auf denselben Umstand fristlos auflösen. Entscheidet er sich für eine fristlose Kündigung, verliert er definitiv das Recht auf eine ordentliche Kündigung. Der Richter kann eine solche Kündigung nicht in eine ordentliche Kündigung umwandeln.
Nach Auffassung des Bundesgerichts verhält es sich in Bezug auf die Kündigung eines Dienstverhältnisses mittels Verwaltungsverfügung jedoch anderes.
Begründet hat es dies damit, dass eine Kündigung mittels Verfügung weder auf einer Willenserklärung beruht noch aus der Ausübung eines Rechts fliesst. Die Verwaltung handle nicht aufgrund eines ihr zustehenden Rechts, sondern aufgrund einer ihr durch das Gesetz übertragenen Zuständigkeit. Die Verfügung eines öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers könne daher durch die Rechtsmittelinstanz insofern abgeändert werden, als eine Kündigung mit sofortiger Wirkung in eine Kündigung aus wichtigen Gründen mit einer Kündigungsfrist umgewandelt werde.
Zusammenfassend ist damit höchstrichterlich die Konversion einer fristlosen in eine ordentliche Kündigungsverfügung durch die Rechtsmittelinstanz zulässig. Diese Befugnis gesteht das Bundesgericht auch der ursprünglich verfügenden Behörde zu. Eine rechtskräftige Verfügung eines öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers über eine fristlose Kündigung, steht einer nachträglichen ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gestützt auf denselben Sachverhalt damit grundsätzlich nicht entgegen.
Der zivilrechtlichen Praxis, wonach die Kantonspolizei nach verlorenem Prozess bezüglich der verfügten fristlosen Kündigung wegen derselben Umstände keine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mehr hätte aussprechen dürfen, versagte das Bundesgericht die Anwendung.
Rechtliches Gehör bei Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnisses
In einem ersten Schritt verwies das Bundesgericht auf seine ständige Rechtsprechung, wonach im öffentlichen Personalrecht auch relativ informelle Äusserungsgelegenheiten vor der Kündigung dem verfassungsrechtlichen Gehörsanspruch genügen, sofern dem Betroffenen klar war, dass er mit einer solchen Massnahme zu rechnen hatte.
Das Bundesgericht hielt fest, es habe dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme gewährt werden müssen. Denn die Parteien hätten sich wenige Tage vor der ordentlichen Kündigung im Verfahren betreffend fristlose Kündigung intensiv mit dem der Kündigung zugrundeliegenden Sachverhalt auseinandergesetzt. Dort habe die Arbeitgeberin denn auch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, es werde eine ordentliche Kündigung in Betracht gezogen und eine Weiterbeschäftigung werde abgelehnt. Anlässlich des Gesprächs, welches zur ordentlichen Kündigung geführt habe, sei dem Beschwerdeführer dann schliesslich mitgeteilt worden, dass eine ordentliche Kündigung mit sofortiger Freistellung in Betracht gezogen werde und es wurde ihm Gelegenheit geboten, dazu mündlich Stellung zu nehmen und Einwände vorzutragen.
Gestützt auf den (relativierten) Anspruch erkannte das Bundesgericht keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Es berücksichtigte insbesondere auch, dass der Betroffene im zur Kündigung führenden Verfahren beziehungsweise im Verfahren betreffend fristloser Kündigung seinen Standpunkt wirksam zur Geltung hat bringen können.
Schwere Pflichtverletzung als Kündigungsgrund
Der Beschwerdeführer unterliess es, die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz qualifiziert zu rügen. Entsprechend betrachtet das Bundesgericht die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen als verbindlich. Danach hat der betroffenen Polizist Arbeitskolleginnen und -kollegen wiederholt verbal und schriftlich (insbesondere mittels WhatsApp) bedroht, beschimpft, genötigt, beleidigt und belästigt, zur Etablierung des privaten Mitteilungsverkehrs rechtswidrig auf zum geschäftlichen Gebrauch hinterlegt Daten zurückgegriffen und mit jüngeren Mitarbeiterinnen Beziehungen angebahnt sowie bei erfolgter Rückweisung unangemessen reagiert. Sein Verhalten wurde gar als Stalking ähnliches Vorgehen bezeichnet.
Das Bundesgericht hob in seinen Schlussfolgerungen hervor, dass Angehörige des Polizeikorps «in hohem Ausmass» zu einem adäquaten Verhalten verpflichtet und gerade sie auf das Vorhandensein einer gegenseitigen Vertrauensbasis angewiesen seien. Dieser für eine reibungslose Aufgabenerfüllung notwendige vertrauensvolle Umgang mit den mit ihm im Einsatz stehenden Polizistinnen und Polizisten sei jedoch durch das Verhalten des Beschwerdeführers gefährdet worden. Dies sei umso gravierender als ihm innerhalb des Korps eine Führungsfunktion zu gekommen sei. Nicht überraschend qualifizierte das Bundesgericht die Verfehlungen des Beschwerdeführers als schwerwiegend. Dies insbesondere auch wegen der Betroffenheit der erforderlichen Vertrauensbasis im Polizeikorps und der Kaderfunktion des entlassenen Polizisten.
Kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Bewährungsfrist bei schwerer Pflichtverletzung
Gemäss den einschlägigen gesetzlichen Grundlagen musste die Arbeitgeberin aufgrund der festgestellten schweren Pflichtverletzungen keine Bewährungsfrist ansetzen, sondern durfte sogleich eine ordentliche Kündigung aussprechen.
Nichts Weiteres konnte das Bundesgericht aus dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit ableiten. Es führte in Bestätigung seiner Rechtsprechung aus, bei diesem Grundsatz handle es sich nicht um ein verfassungsmässiges Recht, sondern bloss um ein verfassungsmässiges Prinzip, welches bei der Anwendung kantonalen Rechts im Grundsatz nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots angerufen werden kann. Anhaltspunkte für eine willkürliche vorinstanzliche Beurteilung sah das Bundesgericht jedoch nicht.
Fazit
Das bundesgerichtliche Urteil vermag zu überzeugen. In anschaulicher Weise bestätigt es seine Rechtsprechung zu diversen personalrechtlichen Dauerthemen. Hervorzuheben gilt es insbesondere, dass es eine Sperrwirkung (res iudicata) der vorgängig ausgesprochenen fristlosen Kündigung für das Folgeverfahren der ordentlichen Kündigung verneint und die Zulässigkeit der Konversion der fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung bejaht.