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Es liegt ein Stück weit in der menschlichen Natur, sich erst mit Problemen ernsthaft zu befassen, wenn man davon direkt betroffen ist. Wenn es aber darum geht, vorzusorgen, um die Zukunft des Partners/der Partnerin oder der Kinder nach dem eigenen Ableben zu sichern, oder um eine Regelung für die eigene Urteilsunfähigkeit zu treffen, sollte nicht zu lange zugewartet werden. Unsere gesetzlichen Regelungen decken vieles ab, sind aber Lösungen, die nicht auf den Einzelfall abgestimmt sind und teilweise auf einer veralteten Vorstellung von Familie und Partnerschaft beruhen. Gerade unverheiratete Paare oder Patchworkfamilien entsprechen dieser historischen Vorstellung des Gesetzgebers nicht und drohen zwischen Stuhl und Bank zu fallen. Wo sind individuelle Regelungen möglich und sinnvoll?
Überblick
Um vorzusorgen stehen verschiedene rechtliche Instrumente zur Verfügung; diese können je nach Fall auch kombiniert werden.
Testament
In einem Testament kann geregelt werden, wer beim eigenen Ableben begünstigt werden soll. Dabei sind grundsätzlich die Pflichtteile von Kindern und Eltern zu respektieren.
Bestehen pflichtteilsgeschützte Erben, ist der Handlungsspielraum begrenzt. Ein Testament kann entweder vollständig handschriftlich mit Angabe des Datums und Unterschrift oder aber in einer öffentlichen Urkunde (beim Notar) verfasst werden. Das Testament kann jederzeit aufgehoben oder abgeändert werden.
Erbvertrag
Auch im Erbvertrag können Regelungen für das eigene Ableben getroffen werden. Im Unterschied zum Testament wirken in einem Erbvertrag mehrere Parteien mit (zum Beispiel der Lebenspartner/die Lebenspartnerin, die Eltern, die Kinder usw.). Dies führt aber auch dazu, dass der Erbvertrag nicht mehr auf Wunsch des Erblassers alleine abgeändert werden kann. Für eine Änderung müssen wiederum alle ursprünglich Vertragsparteien mitmachen. Dies ist gleichzeitig auch der Vorteil des Erbvertrags: Die Parteien sind gebunden, weshalb man sich auf darin getroffene Vereinbarungen verlassen kann und nicht befürchten muss, dass diese Vereinbarungen einseitig wieder abgeändert werden.
Im Erbvertrag ist es denn auch möglich, dass beispielsweise die Eltern oder die Kinder auf ihren Pflichtteil verzichten und damit dem Erblasser ermöglichen, eine andere Person wie zum Beispiel den Lebenspartner oder die Lebenspartnerin maximal zu begünstigen. Ein Erbvertrag bedarf immer der öffentlichen Beurkundung und kann nur beim Notar errichtet werden.
Ehevertrag
Ehepartner können die gesetzlich vorgesehene Regelung der Errungenschaftsbeteiligung mittels Ehevertrag abändern. Möglich ist nicht nur die Vereinbarung von Gütergemeinschaft oder Gütertrennung, sondern auch die Modifikation des ordentlichen Güterstands der Errungenschaftsbeteiligung. Häufig wird hier die Zuweisung der gesamten Errungenschaft an den überlebenden Ehegatten gewählt, um bereits vor der Erbteilung eine möglichst hohe Begünstigung für den überlebenden Ehegatten sicherzustellen. Auch der Ehevertrag muss zwingend öffentlich beurkundet werden und macht den Gang zum Notariat nötig.
Vorsorgeauftrag
Mit dem Vorsorgeauftrag wird für den Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit vorgesorgt. Im Vorsorgeauftrag wird eine andere Person beauftragt, für den Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit die Personen- und Vermögenssorge sowie die Vertretung im Rechtsverkehr zu übernehmen. Damit können behördliche Massnahmen wie eine Beistandschaft in der Regel verhindert oder zumindest aufgeschoben werden. Die beauftragte Person enthält zudem eine Legitimation, mit welcher sie gegenüber Dritten und Behörden auftreten kann.
Der Vorsorgeauftrag kann in den gleichen Formen wie das Testament errichtet werden: Entweder in eigenhändiger Niederschrift von Anfang bis Ende mit Datum und Unterschrift oder in öffentlicher Urkunde beim Notar.
Patientenverfügung
In der Patientenverfügung wird festgelegt, welchen medizinischen Massnahmen die verfassende Person im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder eben nicht. In der Patientenverfügung können auch Personen bezeichnet werden, die mit den Ärzten die notwendigen medizinischen Massnahmen besprechen und für den Patienten entscheiden sollen.
Im Unterschied zum Vorsorgeauftrag muss die Patientenverfügung nicht handschriftlich verfasst werden. Maschinenschrift bzw. ein Ausdruck aus einem Textverarbeitungsprogramm mit Datum und Unterschrift genügt.
Fallgruppen
Nachstehend wird anhand von typischen Fallgruppen aufgezeigt, welche rechtlichen Vorsorgehandlungen in Betracht zu ziehen sind:
Fall 1: Nicht verheiratetes Paar, keine Kinder
Erbrechtlich ist zu bedenken, dass den Eltern der Lebenspartner nach wie vor ein Pflichtteil im Umfang der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs zusteht. Da ein unverheirateter Erblasser ohne Kinder keine anderen gesetzlichen Erben als seine Eltern hat, ist die Hälfte seines gesamten Nachlasses mit dem Pflichtteil seiner Eltern belastet! Entsprechend kann er nur die verbleibende andere Hälfte seinem Lebenspartner/seiner Lebenspartnerin testamentarisch zuweisen. Eine Lösung bietet ein Erbvertrag, in welchem die Eltern auf ihren Pflichtteil verzichten können.
Was die eigene Urteilsunfähigkeit anbelangt, so ist Art. 374 ZGB zu beachten. Während dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gesetzliches Vertretungsrecht zukommt, gilt dies für den nicht verheirateten Lebenspartner nicht. Abhilfe kann ein Vorsorgeauftrag schaffen.
Immerhin sieht das Gesetz in Art. 378 ZGB vor, dass die Person, die mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt und ihr regelmässigen und persönlich Beistand leistet, berechtigt ist, diese Person betreffende medizinische Massnahmen zu genehmigen oder zu verweigern.
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