Mitarbeitende im Dialog

Das Mitarbeitendengespräch stellt eine besondere Form des Dialogs dar. Fabio Lanfranchi, Leiter des Personalamts des Kantons Zug, erklärt, was ein wertschätzendes Mitarbeitendengespräch mit Nutzen für beide Seiten auszeichnet. Den Entwicklungszielen und persönlichen Ambitionen kommt dabei ein hoher Stellenwert zu.

Fabio Lanfranchi, als Kinder traten wir jedes Jahr vor den Samichlaus, und dieser sagte uns, was wir gut und was wir schlecht gemacht hatten. Heute haben wir das Mitarbeitendengespräch. Was haben die Mitarbeitenden davon?

In meiner Jugend war ich nach einer «Lehrzeit» als Schmutzli selber einige Jahre als Samichlaus unterwegs. Es war eine Zeit, als Eltern noch häufig einen strengen, rügenden Samichlaus erwarteten. Im Verein wurden wir aber professionell geschult, in der Stube die vorweihnachtliche Stimmung zu unterstützen und den Kindern wohlwollend zu begegnen. Sie für das gut gelernte Sprüchli oder die Gesangseinlage zu loben und sie zu ermahnen, das Zimmer künftig besser aufzuräumen und öfter Gemüse zu essen. Stimmt die Atmosphäre, ist auch beim Mitarbeitendengespräch ein offener Dialog zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden möglich, bei dem das Verhalten und die Leistung gezielt reflektiert und das eigene Potenzial sowie die Entwicklungsmöglichkeiten gemeinsam ausgelotet werden. Wertschätzend heisst für mich auch, allfällige Schwächen oder möglicherweise schwelende Konflikte offen anzusprechen.

Diese Gespräche binden nicht unwesentliche Ressourcen. Welchen Gegenwert erhalten die Vorgesetzten und der Arbeitgeber dafür?

Gute Beurteilungs- und Entwicklungsgespräche erleichtern eine zielgerichtete Führung und optimale (Dienst-)Leistungen. Ziele und Erwartungen sind klar adressiert und die Talente, Ambitionen sowie die Entwicklungspotenziale der Mitarbeitenden bekannt. Dies hilft, gute Fachleute im eigenen Betrieb zu halten und ihnen auch innerhalb der Verwaltung weitere Entwicklungsschritte zu ermöglichen. Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt in Zeiten des Fachkräftemangels.

Was halten Sie von folgendem Szenario: Chefin und Mitarbeiterin sind mit der Zusammenarbeit zufrieden und machen die Kreuzchen überall in der Spalte «sehr gut»?

Falls die Chefin keinerlei zusätzliche Kommentare abgegeben und schriftlich ergänzt hat, wurde die Chance verpasst, ausgeprägte Stärken verbal hervorzuheben und für die Zukunft allenfalls ambitioniertere Ziele zu definieren. Selbst bei einer insgesamt sehr guten Beurteilung gibt es einzelne Aspekte, die noch verbessert werden können. Leider muss ich in der Beratung und Begleitung bei Personalkonflikten oft feststellen, dass mögliche Schwächen bei der Arbeitsausführung oder im Verhalten nie offen angesprochen und dokumentiert wurden.

Eine international tätige Schweizer Unternehmung verlangte vor Jahren von den Vorgesetzten, dass die Mitarbeitenden in Form einer Gauss’schen Normalverteilung über die Beurteilungskategorien zu verteilen waren. Es wurden somit jeder Kategorie Prozentzahlen zugeordnet, die zwingend einzuhalten waren. Was halten Sie von diesem Ansatz?

Die Beurteilung und Bewertung hängt nicht zuletzt auch vom Massstab und den jeweiligen Vorgesetzen ab. Um eine möglichst objektive und transparente Beurteilung zu erreichen, macht eine gewisse «Eichung» bei der Bewertung Sinn. Eine Quotenvorgabe ist aber der verkehrte Ansatz, zumal eine Normalverteilung die Leistung der Vorgesetzten und der Mitarbeitenden im Hinblick auf Verbesserungen und Weiterentwicklung negiert. Es ist ja gerade ein Ziel des MAG, dass wir als Individuen und als Organisation uns steigern können und sollen. Das angestrebte Ideal müsste, wenn schon, 100 Prozent gute und sehr gute Mitarbeitende sein.

Wie lange dauert ein gutes Mitarbeitendengespräch?

Das ist individuell unterschiedlich. Bei mehrjähriger Zusammenarbeit, konstantem Stellenprofil und konstant guter Leistung eher kürzer, bei neuen Aufgaben und Entwicklungsplanung eher länger. Im Gegensatz zu den Gesprächen zwischendurch sollte für das periodische MAG genügend Zeit für das Gespräch selber, aber auch für die Vor- und Nachbereitung eingeplant werden. Das MAG ist eine Möglichkeit, den Mitarbeitenden persönliche Wertschätzung entgegenzubringen und damit zur Motivation beizutragen. Diese Chance sollte nicht durch ein schlecht vorbereitetes und hektisches Gespräch vertan werden.

Welchen Stellenwert hat die persönliche Entwicklung im Gespräch?

Sie sollte einen hohen Stellenwert haben. Heute wird daher statt des Begriffs «Mitarbeitendengespräch» manchmal auch «Entwicklungsgespräch» verwendet. Es lohnt sich, wieder einmal einen Blick in das MAG-Grundlagenpapier des Kantons Zug zu werfen, wo es bereits im Titel heisst: Zielvereinbarung, Leistungsbeurteilung, Förderungsmassnahmen. Dabei geht es nicht nur um die vom Arbeitgeber erwarteten Befähigungen, wie beispielsweise in der digitalen Transformation, sondern vor allem auch um die Ambitionen des oder der Mitarbeitenden: Wohin will sie oder er? Wie kann das am aktuellen Ort umgesetzt werden? Braucht es Weiterbildung? Braucht es einen Stellenwechsel in der Verwaltung, um weiterzukommen?

Ist das Mitarbeitendengespräch in seiner aktuellen Form noch zeitgemäss, oder sind Anpassungen geplant?

Auch wenn die Begrifflichkeiten im bestehenden MAG-Grundlagenpapier nicht mehr topmodern sind, so enthält das Konzept eigentlich alle wesentlichen Elemente eines modernen Beurteilungs- und Entwicklungsgesprächs. Nicht mehr zeitgemäss ist hingegen der Mitarbeitendengesprächsbogen als Word-Dokument. Im Zusammenhang mit der Erweiterung des HR-Portals auf Abacus wurde ein neues prozessorientiertes Instrument entwickelt, das erstmals im Herbst 2020 in der Finanzdirektion im Praxistest erfolgreich angewendet wurde. Der Dialog zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten wird durch die Möglichkeit gefördert, sowohl die eigene Einschätzung als auch diejenige der oder des Vorgesetzten gleichzeitig auf dem Bildschirm anzusehen. Dieses moderne und flexible Instrument kann ab Sommer 2021 von allen Amtsstellen verwendet werden.

Fabio Lanfranchi, 58, arbeitet seit 2007 für den Kanton Zug und leitet seit 2012 das Personalamt.
Der Forstingenieur ETH hat an der ETH ein Nachdiplomstudium in Betriebswissenschaften absolviert.
Er ist in Chur aufgewachsen, verheiratet und lebt seit 25 Jahren in Bonstetten.
Gern erholt er sich in der freien Natur, am liebsten beim Fischen an einem Bündner Bergbach.

 

Personalziitig, Thomas Lötscher/Nora Nussbaumer

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