Interview mit Jeannine Klaiber

Fachspezialistin Naturschutz beim Naturschutzamt Schaffhausen

Sie haben Bewirtschaftungsverträge mit Landwirten angesprochen. Um was für Vereinbarungen geht es da? Wird der Einsatz von Pestiziden geregelt?

Nein, weniger. Die Thematik der Pestizide läuft über die Direktzahlungsverordnungen (DZV) des Bundesamtes für Landwirtschaft.

In den letzten Jahren haben wir vom Naturschutzamt aber trotzdem mit dem Landwirtschaftsamt eng zusammengearbeitet, um unsere Vertragsflächen und die Kulturflächen gemäss DZV auf eine Ebene zu bringen. Das Landwirtschaftsamt verfügt über ein Landwirtschafts-Informationssystem (Lawis), bei dem alle Landwirte ihre Landwirtschaftsflächen digitalisiert haben. So können wir nun am Computer sehen, wo welche Kulturen liegen, seien es beispielsweise extensive Wiesen, Buntbrachen, Ackerkulturen oder Weiden.

Mit unseren Massnahmen und Forderungen bauen wir auf die DZV auf. Bei extensiven Wiesen bedeutet das, dass die Landwirte gemäss DZV bereits keinen Dünger einsetzen dürfen und durch einen Naturschutzvertrag zusätzlich beispielswiese der Schnittzeitpunkt vom 15. Juni auf den 1. August verlegt wird und ein Balkenmäher zur schonenderen Mahd eingesetzt werden muss, weil das für gewisse Pflanzen und Insekten von Vorteil ist. Für die Umsetzung dieser Massnahmen erhalten die Landwirte eine Zusatzentschädigung, den sogenannten NHG-Beitrag.

Sehr vieles von dem, was wir im Naturschutz in der landwirtschaftlichen Nutzfläche umsetzen, basiert jedoch auf dem Goodwill der Bauern, da sie sich an diesen Projekten nicht beteiligen müssen und der NHG-Beitrag im Vergleich zu den ausbezahlten Direktzahlungen nur sehr gering ist – dem Naturschutz stehen, verglichen mit den Direktzahlungen der Landwirtschaft , keine grossen finanziellen Mittel zur Verfügung, um die Landwirte für zusätzliche Leistungen zu entschädigen.

In Schaffhausen haben wir das Glück, dass wir auf unseren Naturschutzgebietsbetreuer Martin Bolliger zählen können, der seit 30 Jahren intensiv mit den Landwirten zusammenarbeitet. Die Landwirte kennen ihn und schätzen seinen Rat. Durch dieses Vertrauensverhältnis sowie unsere unkomplizierte Art zu agieren, sind wir in der Lage, gut mit den Landwirten zusammenzuarbeiten.

Sind Sie auch für die Neophytenbekämpfung zuständig? Und wie gehen Sie dabei genau vor?

Richtig, dafür sind wir ebenfalls zuständig. Wir beraten und geben Empfehlungen bezüglich der Neophyten (gebietsfremde Problempflanzen) ab. In unseren Schutzgebieten nehmen wir die Bekämpfung selbst vor und engagieren Personen, die für die Überprüfung der einzelnen Stellen zuständig sind. Einen kantonalen Übersichts- bzw. Vorgehensplan haben wir allerdings nicht. Die Neophytenbekämpfung läuft grösstenteils über das interkantonale Labor, das über die gesamten gebietsfremden Problempflanzen den Überblick hat und für den Umweltschutz zuständig ist.

Wie ist das Verhältnis «Arbeiten draussen im Feld» und «Administrative Tätigkeiten im Büro» prozentual? Oder anders gefragt: Arbeiten Sie mehr in der Natur oder im Büro?

Ich erledige sehr viele administrative und vor allem projektorganisatorische Arbeiten, beteilige mich aber auch an der Projektumsetzung selbst. Das ist hauptsächlich Büroarbeit. Ich habe eine 80%-Stelle; und für circa 60 Stellenprozente bin ich mit organisatorischen und planerischen Aufgaben beschäftigt; dazu zählen Telefonate mit Landwirten, das Aufgleisen von Aufwertungsmassnahmen sowie die Auftragserteilung an Externe, die restlichen 20 Stellenprozente verbringe ich draussen; grundsätzlich würde ich gerne noch etwas mehr Zeit in der Natur verbringen, aber leider ist das nicht immer möglich.

Die Büroarbeit ist für die Sache eben auch wichtig; in den letzten Jahren haben wir beispielsweise die Daten der Naturschutzinventare digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht. Auf dem Web-GIS des Kantons Schaffhausen kann nun mit einem Klick auf alle Naturschutzinventare zugegriffen werden; das war vorher nicht möglich.

Diese Unterlagen wurden früher bei uns oder bei den Gemeinden in Ordnern gelagert und niemand wusste genau, welche Inventare wo aufbewahrt werden und wo genau sich die Inventarflächen draussen befinden. Dank der technischen Möglichkeiten, der Unterstützung des Amtes für Geoinformation und grossem Arbeitsaufwand aller Beteiligten konnten diese Daten digitalisiert und zugänglich gemacht werden.

Diverse interne Projekte, welche den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Fachstellen verbessern, werden ebenfalls von mir begleitet.

Was schätzen Sie an Ihrem Beruf und Ihrer Arbeitsstelle besonders, was weniger?

Was ich an meinem Beruf sehr schätze, ist die grosse Vielfältigkeit; die Arbeit ist äusserst abwechslungsreich und dadurch wird es mir nie langweilig, was es mir auch unmöglich macht, einen typischen Arbeitstag zu beschreiben. Dadurch, dass wir eine kleine Fachstelle sind – was Fluch und Segen zugleich ist –, kann ich von Stellungnahmen zu Baugesuchen bis zur Beurteilung von Wiesen alles bearbeiten.

Aufgrund der kleinen Grösse der Fachstelle müssen wir ständig abwägen, welche Aufgaben wir priorisieren und in welcher Vertiefung wir sie bearbeiten – das finde ich sehr schade. Es gäbe noch so viele wichtige und spannende Projekte zugunsten des Naturschutzes, die wir gerne angehen und vertiefen würden, doch leider fehlt uns dazu die Kapazität.

Dass ich nach Jahren des Umherschweifens in meinem Heimatkanton arbeiten und dafür sorgen darf, dass es der Natur gutgeht, ist ein gutes Gefühl.

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