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Herr Späth, was arbeiten Sie?
Ich bin Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch sowie Fachvorstand der Fachschaft Englisch. Das heisst, ich bin sowohl für die Vorgänge in meinem Klassenzimmer als auch für jene im Englisch-Vorbereitungszimmer verantwortlich.
Was schätzen Sie an Ihrem Beruf?
Ich schätze die Vielseitigkeit – auf allen Ebenen. Zunächst bei der Arbeit an sich, das heisst beim Vorbereiten, Durchführen und Nachbereiten meines Unterrichts. Dabei komme ich in den Genuss spannender Sachtexte wie deutscher und englischer Zeitungsartikel. Ebenso habe ich viel mit Literatur aus dem deutschen und englischen Sprachraum zu tun, über die ganze Literaturgeschichte hinweg. Neben dem regulären Schulbetrieb kann ich mit meinen Schülerinnen und Schülern ins Theater, an Konzerte, die auch einmal eine auf Englisch geführte Diskussion mit den Künstlern nach sich ziehen können; ich gehe ins Klassenlager, auf Bildungsreisen, kann an Klassenaustauschprogrammen teilnehmen – meine Arbeit ist an sich schon extrem vielseitig. Vielseitig ist sie aber auch bezüglich Arbeitsort und -zeit. Natürlich bin ich meist ans Schulzimmer gebunden, aber den Rest der Zeit kann ich mir frei einteilen und könnte also bei schönem Wetter auch draussen arbeiten. Ich bin nicht an fixe Arbeitszeiten gebunden, was je nach Belastungssituation Fluch oder Segen sein kann. Auch schätze ich die Vielseitigkeit und die breit gefächerten Interessen meiner Schülerinnen und Schüler: An wenigen anderen Orten trifft man zugleich so viele Leute, die sich für Literatur, Astronomie, Technik interessieren und daneben vielleicht noch, zum Beispiel, Okarina spielen. Die Vielseitigkeit meiner Schülerinnen und Schüler war für mich eine grosse, sehr freudige Überraschung, die mir vor dem Berufseinstieg nur bedingt bewusst gewesen war. Zuletzt schätze ich mein Kollegium, da verschiedenste Fachbereiche mit wissenschaftlich ausgebildeten Leuten vertreten sind. Überdies ist unser Kollegium sehr jung und begeisterungsfähig.
Was mögen Sie an Ihrem Beruf nicht?
Grundsätzlich wenig, aber in erster Linie jene Bereiche, die nicht direkt mit dem eben beschriebenen Kerngeschäft zu tun haben. Neben einer Tendenz zur Ökonomisierung im Bildungswesen sind dies auch die oftmals von unhaltbaren Vorurteilen geprägte Wahrnehmung unseres Berufs in der kantonalen Politik und die damit verbundenen Konsequenzen für die Arbeitsbedingungen. Ich meine damit auch den Umstand, dass unsererseits immer mehr geleistet werden soll bei gleichzeitig sinkender Wertschätzung.
Was motiviert Sie?
Mich motiviert es zu sehen, dass Schülerinnen und Schüler das eben erwähnte ökonomisierte Denken normalerweise noch nicht leben, sondern ein aufrichtiges Interesse am Umgang mit Wissen haben. Hierhin gehört auch die Tatsache, dass innert vier Jahren Gymnasium die Schülerinnen und Schüler grosse Entwicklungsschritte machen und ich sie am Ende mit gutem Gewissen ins Berufsleben oder ins Studium entlassen kann.
Warum haben Sie Ihren Beruf ausgewählt?
Es gibt keinen einzelnen, klar abgrenzbaren Moment, in dem ich die Entscheidung gefällt hätte. Ich stamme aus einer Lehrerfamilie und habe schon früh gesehen, dass meine Eltern grundsätzlich Freude hatten an ihrem Beruf. Als ich selbst die Kantonsschule besuchte, stellte ich fest, dass es mir Spass macht, anderen Neues beizubringen. Nach der Matur war klar für mich, dass ich Englisch studieren und unterrichten wollte, aber beim Zweitfach war ich mir nicht ganz sicher. Ich fasste Pädagogik ins Auge, um meine zukünftige Lehrtätigkeit theoretisch fundiert abzudecken. Allerdings sagte mir dies so wenig zu, dass ich noch in der ersten Studienwoche – nach einer einzigen Vorlesung und nur einer Proseminarsitzung – ins Deutschstudium wechselte, was ich nie bereute.
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