Flurina Pescatore, kantonale Denkmalpflegerin, Schaffhausen

Hauseigentümer und geschützte Häuser müssen zueinander finden

Interview mit Flurina Pescatore, kantonale Denkmalpflegerin, Schaffhausen

Aber Sie sind begeistert von Ihrem Beruf?

Ja, auf jeden Fall. Meines Erachtens kann man diesen Beruf nur mit viel Herzblut ausüben, denn man muss viel von der eigenen Persönlichkeit reingeben. Ich kenne auch niemanden, der nur halbherzig Denkmalpfleger ist.  Man muss motiviert sein, für die Baudenkmäler etwas zu erreichen. Wir sind eigentlich wie Anwälte der historischen Substanz, die ja ganz still und ruhig ist und leider auch genau so still und ruhig kaputt geht, wenn sich niemand darum kümmert.

Ich denke, wir müssen motiviert sein, auch andere Menschen zu motivieren, für die Baudenkmäler einzustehen.

Was gefällt Ihnen sonst noch daran?

Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen; es ermöglicht mir, mich persönlich im Bereich Konflikte und Psychologie weiter zu entwickeln. Schwierige Situationen sind auch interessant und man lernt auch sehr viel über sich selbst.

Es ist ein wahnsinniges Privileg, als Denkmalpflegerin in Schaffhausen arbeiten zu können. Mein Alltag ist nie langweilig. Jeden Tag werden mir neue Aufgaben und Projekte geschenkt, bei denen ich es mit den tollsten Baudenkmälern zu tun habe. Das ist schön.

Wenn ich ein Haus kennenlerne, ist es, als würde ich eine lange und interessante Lebensgeschichte entdecken. Man ist mit einer mehrere 100 Jahre zurückreichenden Biographie konfrontiert und versucht sie zu entschlüsseln und den Beteiligten diese Geschichte zu vermitteln und sie ebenfalls dafür zu begeistern.

Mit unserem Wissen und den Quellen, die wir erforschen, können wir auch den Eigentümern den Schlüssel zur Geschichte ihres Hauses mitgeben. Das interessiert die Leute in der Regel auch.

Lassen sich alle Eigentümer für die Geschichte ihres Gebäudes interessieren?

Nein, es gibt auch Leute, die sich a priori nicht für Geschichte interessieren oder sich bei der Beratung einfach nicht auf diese Informationen einlassen können. Das hat aber teils auch mit dem Alter zu tun. Eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern hat manchmal auch einfach keine Ressourcen, um sich mit der Geschichte ihres neuen Hauses auseinanderzusetzen. Dann kann die Denkmalpflege auch sehr pragmatisch vorgehen und die Eigentümer möglichst praktisch beraten, so dass wir unsere Anliegen für die wertvollen Substanzen einbringen können. Das Interesse für die Geschichte kommt dann vielleicht in einer anderen Lebensphase.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Handwerkern?

Es ist sehr interessant, die verschiedenen Berufsgattungen auf dem Bau kennenzulernen. Es ist besonders schön, mit Handwerkern zusammenzuarbeiten, die sich wirklich für die Sache interessieren. Sie beginnen, sich während der Arbeit für die historische Substanz zu begeistern und versuchen, mit den heutigen Möglichkeiten und in der Welt von schnellen Fristen und Garantiedenken an die historischen Bautechniken anzuknüpfen.

Ein gutes Beispiel ist die Farbe: Die meisten Maler wissen, dass Ölfarbe die beste Wahl ist, weil sie besser altert und länger schön bleibt und das Holz ideal schützt. Man muss aber um deren Verwendung kämpfen, weil sie eine längere Trocknungsdauer hat, heute der Takt auf den Baustellen ein kurzfristiger ist.

Empfehlen Sie den Eigentümern Handwerker, die sich in diesem Bereich spezialisiert haben?

Ja, wir haben ein entsprechendes Netzwerk, schlagen aber immer eine Auswahl vor. In Wallisellen können sich Handwerker im «Handwerk in Denkmalpflege» weiterbilden. In diesem Nachkurs lernen sie, wo sie sich die notwendigen Informationen über die historische Bausubstanz beschaffen können. Durch die Kontakte mit Lehrern und Experten oder während Augenscheinen auf Baustellen können sie zudem ein Netzwerk schaffen, um Erfahrungen und Informationen auszutauschen. Es handelt sich klar um eine Spezialisierung und die Arbeitswelt bewegt sich heute in diese Richtung.

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