Flurina Pescatore, kantonale Denkmalpflegerin, Schaffhausen

Hauseigentümer und geschützte Häuser müssen zueinander finden

Interview mit Flurina Pescatore, kantonale Denkmalpflegerin, Schaffhausen

Was gehört ausserdem noch zu Ihrer Arbeit?

Das ganze Subventionswesen gehört auch zu unseren Aufgaben. Der Bund hat Leistungsvereinbarungen mit dem Kanton und hier machen wir die Prüfung und Zusicherung von Subventionsgeldern plus nachher die Auszahlungskontrollen und die entsprechenden Regierungsratsanträge. Das ist eine grosse administrative Arbeit.

Wie alt müssen Objekte sein, um als schützenswert zu gelten und ins Inventar aufgenommen zu werden?

Es gibt kein fest definiertes Alter, aber man sagt, es braucht eine Generation Distanz, um sich ein Bild über die kulturell-geschichtliche Bedeutung eines Objekts machen zu können. Ein Objekt muss zudem eine besondere architektonische Bedeutung haben. In der Regel braucht es eine Generation, um die zeitliche Distanz zu bekommen und objektiv beurteilen zu können, ob etwas für den Denkmalschutz relevant ist.
Das ist wie beim Design: was während 20 bis 30 Jahren völlig uninteressant und veraltet ist, wird danach zuerst vor allem für junge Leute wieder spannend und man erkennt die interessante Formensprache einer Stilphase.

Man braucht die notwendige zeitliche Distanz, um etwas historisch wertzuschätzen. Es ist wie bei einem geschichtlichen Ereignis. Im Moment des Geschehens hat man vielleicht eine Ahnung, dass eine Handlung wohl in die Geschichtsbücher eingehen wird, weiss es aber noch nicht mit Sicherheit.

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag aus?

Mein typischer Arbeitstag besteht aus Sitzungen und Besprechungen vor Ort plus dazwischen die Beantwortung telefonischer Anfragen und der Versuch, meine restlichen administrativen Arbeiten abzuarbeiten.

Ich bin sehr gefordert in meinem Beruf und bin froh, wenn ich zum Beispiel in den Sommerferien liegen gebliebene Pendenzen abarbeiten kann.

Als Leiterin der kantonalen Denkmalpflege bin ich auch in politische Prozesse, die uns betreffen, involviert.

Machen die Subventionen einen grossen Teil Ihrer Arbeit aus?

Vor allem einen wichtigen Teil. Es ist wichtig, dass wir die Leute unterstützen können, wenn sie im Interesse der Öffentlichkeit einen grossen Mehraufwand haben, um schützenswerte Objekte zu erhalten.

Wie war Ihr beruflicher Werdegang?

Ich habe Kunstgeschichte und Mittelalterarchäologie studiert und wusste dannzumal noch nicht, dass es den Beruf Denkmalpflegerin gibt. Es ist in dem Sinn auch kein Beruf, den man studieren kann. Mittlerweile gibt es aber ein Nachdiplomstudium.  

Ich kam über die archäologische Bauforschung zum Beruf. Ich habe in diesem Bereich Praktika, zum Beispiel bei Ausgrabungen in Zürich am Barfüsserkloster, gemacht. Danach ging ich in ein Privatbüro, das baugeschichtliche Inventare und Gutachten erstellt, wo ich während acht Jahren gearbeitet habe. Während meiner dortigen Tätigkeit haben wir unter anderem in der Stadt Luzern oder im Industrieareal in Winterthur inventarisiert. Danach arbeitete ich bei der Stadt Winterthur in der Bauberatung. Im Rahmen der Inventarisierung hatte ich auch im Kanton Schaffhausen Dörfer inventarisiert. Vor 9.5 Jahren habe ich dann meine jetzige Stelle hier angetreten.

Während meiner Tätigkeit in Winterthur habe ich ein Nachdiplomstudium in Verwaltungsmanagement gemacht. Das hilft mir heute sehr, wenn es darum geht politische Vorgaben und fachliche Ziele aufeinander abzustimmen. Ich bin ausserdem froh, dass ich zuvor privatwirtschaftliche Erfahrungen sammeln konnte.

Weshalb entschieden Sie sich für das Studium zur Kunstgeschichte?

Eigentlich wollte ich die Kunstgewerbeschule besuchen. Ich habe die entsprechende Prüfung auch bestanden, war aber noch zu jung. Als ich die Prüfung nochmals machte, bekam ich keine Zulassung mehr, das war hart.

Ich studierte danach sechs Monate in Paris, besuchte Vorlesungen zur Kunstgeschichte und genoss das reiche kulturelle Angebot der Stadt. Zurück in der Schweiz entschied ich mich für das Kunstgeschichts-Studium in Zürich, wo sich mir eine Riesenwelt auftat. Während dem Studium sammelte ich erste Erfahrungen auf archäologischen Grabungen und es bot sich damals neu die Möglichkeit die relativ «junge» Fachdisziplin, Mittelalterarchäologie im Nebenfach zu studieren, was ich dann tat.

Neben dem Studium arbeitete ich in einer Galerie, einer Bibliothek und während drei Sommern auch im Kloster St. Johann in Müstair, das heute UNESCO-Weltkulturerbe ist.

Braucht Ihr Beruf spezielle Anforderungen, abgesehen von der Ausbildung?

Es ist ein belastender Beruf. Man erlebt viel Druck. Selber muss man sehr viel Fingerspitzengefühl haben und mit Menschen umgehen können. Andererseits muss man auch viel einstecken können.

Weil es in unserem Beruf um Kulturgeschichte geht, ist es wichtig, dass wir auch in der praktischen Arbeit gewisse Sachen sehr verständlich vermitteln. Die Vorstellungen über unsere Arbeit und Methoden ist häufig von Vorurteilen belastet. Ich erlebe häufig, dass man uns unterstellt nur «Schöngeistig» zu sein. Obwohl es gerade im Gegenteil in unserem Alltag um handfeste und praktische Lösungen geht.

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