«Ich kann nicht alles ändern, aber ich kann zumindest etwas tun»

Interview mit Hans Melliger, Leiter Jugendanwaltschaft

Was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit?

Eine bessere Wahrnehmung des Jugendstrafrechts und seine langfristige Wirkungen in der Öffentlichkeit und dass es nicht anhand eines einzelnen Falls bewertet, sondern als Ganzes betrachtet wird.

Ich möchte zudem gerne die heutige Gestaltungsfreiheit im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten behalten können. Im Bereich der Prävention könnte man sicher auch noch mehr machen.

In den Medien ist die Jugendanwaltschaft nicht stark vertreten?

Das hat meistens mit den Fällen zu tun. Die Jugenddelinquenz bewegt sich zwischen der leichten und der mittleren Kriminalität, was gerade für Medien nicht so spektakulär ist.

In krassen Einzelfällen, wie zum Beispiel bei Tötungsdelikten oder wie im Fall «Carlos», sind wir in den Medien dann schon stark vertreten. 

Auch diese schweren Fälle betreuen Sie?

Ja, bei uns enden allerdings sämtliche Massnahmen mit dem 22. Altersjahr. Wenn also jemand mit 17 Jahren einen Mord begeht, ist er mit 22 wieder draussen, weil dann alle strafrechtlichen Massnahmen aus dem Jugendstrafrecht enden. Dies soll nun aber in Kürze geändert und das Höchstalter wieder auf 25 Jahre hinaufgesetzt werden.

Im Fall des Dirnenmörders von Aarau reichte diese maximale Massnahmedauer nicht aus, weshalb wir einen fürsorgerischen Freiheitsentzug beantragten. Dieser wurde angeordnet und vom Bundesgericht bestätigt.

Gibt es auch lustige Anekdoten?

Ja, es war mal ein Jugendlicher, der mich vor über 20 Jahren während einer Einvernahme mit vielen Personen fragte, was ich denn tue, wenn das Kiffen legalisiert wird. Dann könne ich ja zusammenpacken mit meiner Arbeit. Ich habe dann in Anlehnung an einen Filmdialog aus der Prohibitionszeit gesagt, «dann gehen wir zusammen eins kiffen».

Ich habe diese Episode vergessen, aber er ist eines Tages mit Kinderwagen und Ehefrau hier aufgetaucht und hat nach mir verlangt. Er hat mich dann seiner Frau vorgestellt und ihr diese Geschichte erzählt, wir haben herzhaft darüber gelacht.

Es zeigt, dass wir mit den Jugendlichen gute Beziehungen haben, die nachwirken. Ich glaube, er hat mich noch nicht vergessen und würde sofort mit der ganzen Familie bei mir aufkreuzen, wenn das Cannabisrauchen legalisiert würde.

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