Angst und Panik sind schlechte Ratgeber. Aber zugegeben: Es ist schwierig, sich etwa im Netz gut zu informieren – was stimmt, was stimmt nicht? Das Social Distancing kann man am Anfang noch meistern, mit der Zeit wird es schwierig, es fehlen die Kontakte zu guten Freunden und Bekannten. Trotz allem, lasst euch nicht verrückt machen!
Liebe Mitglieder, ja, wie gehe ich persönlich damit um… Ehrlich gesagt, ich bin hin- und hergerissen. Einerseits beschäftigt mich das Thema emotional schon, da ich ja mit meinen 70 Lenzen zur sogenannten Risikogruppe gehöre. Andererseits bin ich von Natur aus optimistisch, und – ob ich/wir nun will/wollen, wir müssen es auf uns zukommen lassen – alles, was wir tun können, ist, den immer wieder aktualisierten Empfehlungen Folge zu leisten. Wichtig aus meiner Sicht ist auch, sich nicht verrückt machen lassen und nicht in Panik geraten – Angst und Panik sind schlechte Ratgeber.
Informationen
Informationen sind ja online in rauen Mengen zu finden – doch wem soll ich nun glauben, was ist fundiert und was ist Wunschdenken? Selbst die Informationen des BAG zweifle ich ab und zu an. Vor nicht allzu langer Zeit wurde uns vermittelt, «Masken zu tragen, macht überhaupt keinen Sinn», und nun (Mitteilung vom 25. März 2020) informieren dieselben Stellen, dass man jetzt zwei Produktionsmaschinen in der Schweiz besitze, um rund 400000 Masken täglich selbst herzustellen. Doch diese dienen wohl vor allem dem medizinischen Personal. Vor allem in asiatischen Ländern läuft praktisch jede(r) mit einer Maske herum, und ich denke nicht, dass dies nutzlos sein soll. Der wahre Grund dafür dürfte meines Erachtens darin liegen, das man gar nicht genügend Masken hat und man uns einfach etwas vorgaukelt.
Bedenklich in diesem Zusammenhang stimmt mich, wenn Deutschland, Frankreich und Italien Lieferungen von dringend benötigten Schutzanzügen etc. blockieren – dies, obwohl Wirtschaftsminister Guy Parmelin am 20. März 2020 verkündete, dass EU-Exporte von Medizinal-gütern in die Schweiz nicht mehr blockiert werden könnten. Die EU-Kommission bestätigte die Information und ergänzte, die Änderung gelte ab vorangegangenem Samstag. Doch fünf Tage später waren zahlreiche Lieferungen von medizinischem Schutzmaterial in die Schweiz noch immer blockiert – und zwar in Italien und Frankreich, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco gegenüber SRF News bestätigt. Die schweizerischen Botschaften in den beiden Ländern seien in Kontakt mit den ansässigen Behörden, hält das Seco fest. Das Staatssekretariat seinerseits führe laufend Gespräche mit den betroffenen Schweizer Unternehmen. Die Verwaltung, versichert das Seco, arbeite mit Nachdruck an der Lösung des Problems (Anmerkung: Gemäss Mitteilungen vom 28.3.2020 sollen diese Blockaden nun – zumindest teilweise – aufgehoben worden sein). Demgegenüber nimmt die Schweiz aber Coronavirus-Patienten aus Mulhouse zur Pflege in der Schweiz auf – was für mich aus humanitären Gründen auch richtig ist – aber dann bitte gegenseitig helfen!
Anscheinend sollen die Zahlen des BAG nicht aktuell sein – dies zu bestätigen, wage ich nicht, aber nachdenklich macht es schon. Der Berner Daniel Probst hat im Alleingang eine Website (corona-data.ch) kreiert, die offenbar viel aktueller die Zahl der Corona-Erkrankten und Todesfälle anzeigt als die Angaben des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Probst, Doktorand an der Universität Bern im Bereich der Pharma-Grundlagenforschung, hat die Website an einem Nachmittag programmiert, Probst bezieht sich auf die Zahlen, welche die Kantone jeweils online stellen. «Der Bund hätte das auch selbst machen können. Das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation hat Leute, die die Fähigkeit dazu hätten, so etwas umzusetzen», sagt Probst. Bis vor kurzem erfolgten die Meldungen der schweizweiten Corona-Fälle von Ärzten, Laboren und Spitälern an das BAG ausschliesslich via Fax und Post. Auf die Frage eines Journalisten bezüglich dieser Daten erklärte das BAG, dass sie diese Homepage nicht kennen…
Was das Coronavirus für die psychische Gesundheit bedeutet
(Auszug aus einem Interview)
Eine solche Bedrohung kann Angst auslösen, zumindest aber Verunsicherung. Alles Unbekannte ist zunächst unübersichtlich bis unheimlich, und daher fehlen die praktischen Handlungsanweisungen. Der Umgang mit Ungewissheit ist ein Zustand, der erlernt werden kann denn es hilft ja nichts, sich mit Pseudosicherheit zu beruhigen oder in realitätsferner Ruhe zu wiegen. Die langsame Anpassung führt ausserdem zu immer besseren Strategien und damit Selbstwirksamkeit, und das gehört zu den besten Stärken, die wir entwickeln können.
Durch das Social Distancing oder gar eine Quarantäne brechen unvermittelt wichtige, positive und angenehme Aktivitäten, soziale Interaktionen und auch die Strukturen weg. Dies bedeutet eine völlig unerwartete und ungewohnte Ausnahmesituation. Zusammen mit den Unsicherheiten wird dadurch das seelische Gleichgewicht eventuell deutlich gestört. Die meisten Menschen erleben so viel mehr unangenehme und weniger angenehme Emotionen, als man es gewohnt ist. Das Distanzieren kann aber auch nachdenklich machen, Beziehungen relativieren beziehungsweise ins richtige Lot bringen, wenn Nähe mit Bedrohung verbunden ist. Hier ist Grenzsetzung auch identitätsstiftend, was möglicherweise zu anderen Zeiten der Höflichkeit zum Opfer fällt.
Tipps
Was hilft, um mit dem neuen Alltag umzugehen:
- Versuchen Sie, eine Tagesstruktur einzuhalten, und planen Sie Ihren Tag. Das gibt Sicherheit und beugt dem Gefühl von Kontrollverlust oder Hilflosigkeit vor.$
- Bieten Sie anderen Menschen Hilfe an.
- Bewegen Sie sich, machen Sie Gymnastik, Dehnübungen, Yoga oder Ähnliches
- Pflegen Sie soziale Kontakt via Telefon oder Video.
- Machen Sie (zu Hause) Dinge, welche Sie schon längst einmal machen wollten.
- Informieren Sie sich gezielt und bewusst. Vermeiden Sie ununterbrochenen Medienkonsum.
- Scheuen Sie sich nicht, Hilfe anzunehmen, falls Sie diese benötigen.
- Wenn Sie mit anderen Menschen zusammen leben, kann es hilfreich sein, sich zwischendurch alleine zurückzuziehen.
Konsequenzen für mich persönlich
Obwohl ich nun gezwungenermassen mehr zu Hause als auf Reisen bin, wird es mir – zumindest vorläufig – überhaupt nicht langweilig. Jetzt merke ich erst recht, wie viel in den letzten Monaten nicht erledigt wurde. Dafür habe ich nun Zeit und nehme eins nach dem anderen zur Hand. Auch sind Besprechungsverschiebungen respektive deren Absagen meiner freiwilligen Tätigkeiten zu organisieren oder zur Kenntnis zu nehmen. Einiges muss nun eben telefonisch statt im persönlichen Gespräch erledigt werden.
Ausgleich finde ich in unseren täglichen Spaziergängen – nun eben ohne den sonst üblichen Abstecher zu einem Drink – aber auch das geht. Mehr Zeit bleibt mir aber auch, einem meiner weiteren Hobbies, dem «Geniessen» nachzugehen. Es bleibt Zeit um neue Rezepte auszuprobieren und dafür allenfalls auch mehr Zeit für deren Zubereitung zu investieren.
Was aber sicher fehlt, ist der persönliche Kontakt zu guten Freunden und Bekannten und ich hoffe, dass die momentane Situation bald einmal zu Ende geht und dann – so denke ich – werden die früher einfach so als normal hingenommenen Begegnungen viel bewusster genossen.
Mein Rat an euch alle: Lasst euch nicht verrückt machen, und geniesst jeden Tag! Diese Krise hat uns gezeigt, was wichtig ist – hat aber auch gezeigt, wozu wir fähig sind, wenn die Situation es verlangt.
BLEIBT GESUND!