Worum geht es in der Abstimmung zur BVG Reform vom 22. September 2024?

Worum geht es?

Am 22. September stimmen die Schweizer StimmbürgerInnen über die Reform der beruflichen Vorsorge ab. Diese sieht vor, dass 1.) der Umwandlungssatz und 2.) die Schwelle für den Eintritt in eine Pensionskasse gesenkt werden, 3.) ein Rentenzuschlag für die Übergangsgeneration ausgerichtet wird und 4.) der Prozentsatz, der jährlich dem Altersguthaben gutgeschrieben wird, für die 25-34jährigen leicht erhöht und für die anderen Altersgruppen leicht gesenkt wird.

Die Reform zielt laut Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) darauf ab, die Finanzierung der 2. Säule zu stärken, das Leistungsniveau insgesamt zu erhalten und die Absicherung von Teilzeitbeschäftigten und Personen mit tiefen Löhnen zu verbessern. Berechnungen des BSV zeigen, dass durch die Reform im Einzelfall sowohl tiefere als auch höhere Renten als heute möglich sind.

Neben dem AHV-Beitrag ist das Bezahlen des BVG-Beitrags auch bekannt als Pensionskassenbeitrag ab einem gewissen Einkommen (zurzeit CHF 22’050) sowohl für Arbeitgebende als auch für Arbeitnehmende obligatorisch. Dieser wird direkt vom Lohn abgezogen. Die Pensionskassen investieren dieses Geld. Aus dem angesparten Kapital plus der Verzinsung plus allfälligen freiwilligen Einlagen erfolgt auf den Zeitpunkt der Pensionierung die Festlegung der Rente anhand des sogenannten Umwandlungssatzes (UWS). Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) legt einen gesetzlichen Mindestumwandlungssatz für den obligatorisch versicherten Lohn fest; er beträgt derzeit 6.8%.

Im UWS stecken verschieden Parameter drin, die zwei wichtigsten sind die Lebenserwartung der aktuellen und künftigen Rentner sowie der technische Zinssatz (TZ), dieser ergibt sich aus der erwarteten langfristigen Rendite. Ist eine Altersrente durch die Pensionskasse zugesprochen, entspricht der TZ einer lebenslangen Zinsgarantie. Wenn das Rentenversprechen, das die Kasse bei der Pensionierung abgibt, von einer zu tiefen Lebenserwartung und/oder zu hohen erwarteten Anlagerenditen (TZ) ausgeht, entstehen Verluste, die über die Kapitalerträge finanziert werden müssen. Dies geht immer zu Lasten der Aktivversicherten, das heisst, bei einem überhöhten UWS entstehen regelmässig Umverteilungseffekte, was im Gegensatz zur ersten Säule prinzipiell systemwidrig ist.

Der versicherungstechnisch korrekte UWS müsste gemäss Fachexperten eigentlich bei rund 5 % liegen. In einem UWS 6 % steckt laut BSV ein lebenslanges Zinsversprechen von 3.75%; beim heutigen UWS von 6.8% ist das lebenslange Zinsversprechen sogar noch über ein Prozent höher.

Mehr dazu finden Sie unter folgendem Link:

Die berufliche Vorsorge (Pensionskassen) (admin.ch)

 

Weshalb braucht es eine BVG Reform

Das BVG verpflichtet die Vorsorgeeinrichtungen, dass sie jederzeit Sicherheit dafür bieten, dass sie die übernommenen Verpflichtungen erfüllen können. Das heisst, die Leistungen einer Vorsorgeeinrichtung müssen auch langfristig, und mit möglichst geringen Risiken finanzierbar sein. Um die Finanzierung der Renten der obligatorischen beruflichen Vorsorge wieder ausreichend und langfristig gewährleisten und die systemwidrigen Umverteilungseffekte möglichst minimieren zu können, ist eine Senkung des UWS unabdingbar, was eine Anpassung des BVG erfordert.

Ein weiteres schon länger bekanntes Problem ist, dass Arbeitnehmende mit tiefen Einkommen (zurzeit unter CHF 22’050) nach der Pensionierung nur eine sehr kleine oder eben gar keine Rente aus der Pensionskasse erhalten. Um mehr Teilzeitbeschäftigten und Geringverdienenden den Zugang zur beruflichen Vorsorge überhaupt erst zu ermöglichen und den Sparprozess generell zu stärken, muss die Eintrittsschwelle im BVG gesenkt werden.

Für eine erste Generation von 15 Jahrgängen, die von der Stärkung des Sparprozesses nicht lange genug profitieren können, um die negativen Auswirkungen der UWS-Senkung auf die BVG-Renten aufzufangen zu können, sind zusätzliche Ausgleichsmassnahmen notwendig. Auch dies bedarf einer gesetzlichen Grundlage im BVG.

 

Wie soll das alles genau erreicht werden?

• Durch die Reduktion des Umwandlungssatzes von 6,8% auf 6% wird das Finanzierungsproblem im BVG-Obligatorium wenn nicht gelöst so doch vermindert. Dadurch verbessert sich einerseits die finanzielle Stabilität der Pensionskassen und die Umverteilungseffekte zu Lasten der Aktivversicherten werden zumindest reduziert.

• Um eine Kürzung der künftigen Renten möglichst zu verhindern, sind zwei zentrale Ausgleichsmassnahmen vorgesehen: Erstens wird für alle Versicherten eine Erhöhung des Altersguthabens angestrebt. Mit der vorgesehenen Anpassung des Koordinationsabzugs erhöht sich der versicherte Lohn. Dadurch steigen auch die Beiträge für die Arbeitnehmenden und die Arbeitgebenden, sodass am Ende der beruflichen Karriere ein höheres Altersguthaben vorhanden ist und das Rentenniveau trotz des tieferen UWS und der etwas tieferen Beitragssätze (s. Ziff. 5, unten) insgesamt erhalten werden kann.

• Weil die vorgesehene Stärkung des Sparprozesses die volle Wirkung erst nach über 15 Jahren Spardauer erzielen kann, soll als Zweites für die sogenannte Übergangsgeneration (15 Jahrgänge) der negative Effekt der Senkung des Umwandlungssatzes bis zu einem mittleren Vorsorgeguthaben von 441’00 Franken mit abgestuften monatlichen Rentenzuschlägen kompensiert werden. Einen Rentenzuschlag in Form eines fixen oder degressiven Rentenzuschlags erhalten rund 50% der Versicherten in der Übergangsgeneration.

• Durch die Senkung der obligatorischen Beitragsschwelle auf CHF 19’845 werden ca. 70’000 Menschen mehr eine Rente aus ihrer Pensionskasse erhalten. 30’000 Menschen werden eine höhere Rente erhalten. Dies betrifft vor allem Personen mit einem kleinen Einkommen, wie z.B. Teilzeitarbeitende. Die Anpassung des Koordinationsabzugs bedeutet allerdings auch, dass alle versicherten Personen auch höhere Lohnabzüge und damit einen tieferen Nettolohn in Kauf nehmen müssen.

• Die Altersgutschriften werden angepasst. Die heutige Staffelung der Beitragssätze von 7% (25-34 J.) auf 18% (55+ J.) benachteiligt ältere Arbeitnehmende auf dem Arbeitsmarkt. Die BVG-Reform sieht eine leichte Erhöhung des Beitragssatzes für die Gruppe der 25-34 J. und eine leichte Senkung dieser Abgaben für Arbeitnehmende ab 35 J. vor. Die in der Summe tieferen Beitragssätze werden durch den angepassten Koordinationsabzug kompensiert.

• Der Rentenzuschlag für die Übergangsgeneration muss durch die Kassen finanziert werden. Ein Teil des dafür erforderlichen Kapitals soll durch Zuschüsse aus dem Sicherheitsfonds finanziert werden. Hierzu müssen alle Vorsorgeeinrichtungen, die dem Freizügigkeitsgesetz unterstellt sind, einen Zusatzbeitrag leisten. Der Beitragssatz wird jeweils vom Bundesrat festgelegt. Einfach ausgedrückt, die Finanzierung des Rentenzuschlags für die Übergangsgeneration erfolgt solidarisch.

Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) (admin.ch)