In der Sonntagsausgabe der NZZ und der Basler Zeitung vom 12. Mai 2019 hat Armin Müller einen Vorschlag des Schweizerischen Pensionskassenverbands ASIP zur Sanierung der 2. Säule behandelt. Konkret solle der gesetzliche Mindestumwandlungssatz nach dem Vorschlag des ASIP schon 2021 von heute 6.8 auf 5.8 Prozent gesenkt werden. Daraus würde eine um 15 Prozent tiefere Jahresrente resultieren. Dank Kompensationsmassnahmen sollen die Renten gemäss ASIP aber trotzdem nicht sinken.
Im Detail sieht der Plan des Schweizerischen Pensionskassenverbands ASIP Folgendes vor:
- Früherer Sparbeginn mit 20 statt erst mit 25 Jahren
- Erhöhung der Altersgutschriften, gestaffelt nach Alter, von 7 auf 9 Prozent bei den 25- bis 34-Jährigen, von 10 auf 12 Prozent bei den 35- bis 44-Jährigen und von 15 auf 16 Prozent bei den 45- bis 54-Jährigen. Bei den Älteren bliebe der Satz wie bis anhin bei 18 Prozent.
- Einheitliches Pensionsalter 65
- Erhöhung des obligatorisch versicherten Jahreslohns durch einen Koordinationsabzug von 60 Prozent des AHV-Lohns
Für die Übergangsgeneration der Jahrgänge 1956 bis 1965, die von der Rentensenkung betroffen wären, jedoch nicht mehr selber genügend Alterskapital aufbauen könnten, sieht der Vorschlag des ASIP Kompensationseinlagen vor. Mit diesen soll das ursprüngliche Leistungsziel zumindest gewahrt, bei einem Realzins von 0.7 Prozent sogar übertroffen werden können.
Ring frei also zur nächsten Runde in den Reformbemühungen in der Altersvorsorge. Der Vorschlag des ASIP basiert aus meiner Sicht auf zwei zentralen Grundsätzen: a) Behebung der Umverteilung von Aktivversicherten zu Rentnern und b) Wahrung des Leistungsziels. Zurzeit geistern noch verschiedene andere Reformvorschläge in der Presse herum, wie zum Beispiel die «Volksinitiative Vorsorge – aber fair» von Josef Bachmann (Sendung 10vor10 vom 28.1.19). Was diesen Vorschlägen abgeht, ist ein klares Bekenntnis zum Leistungsziel, wonach aus AHV und BVG-Rente 60 Prozent des letzten versicherten Lohns erzielt werden sollen. Zumindest für mittlere und tiefere Einkommen und damit für die Mehrheit der Arbeitstätigen ist dieses Leistungsziel jedoch existenziell.
Wie ist der Vorschlag des ASIP zu werten? Wäre es die Lösung des genialen Ansatzes? Ja, aber! Der Vorschlag des ASIP hat auch seine Kehrseite, und man kann sich – auch ohne prophetische Fähigkeiten – die Gegnerschaft jetzt schon ausrechnen: Die höheren Lohnabzüge führen zu einem tieferen Netto-Haushaltseinkommen, die höheren Sparbeiträge verteuern den Produktionsfaktor Arbeit, die Frauen müssten die Kröte der Erhöhung des Pensionsalters um ein Jahr schlucken, und die Teilzeitverdienenden blieben auch mit einem Koordinationsabzug von 60 Prozent immer noch unterversichert. Viele Jäger also für einen Hasen. Und dennoch meine ich, dass eine Revision der beruflichen Altersvorsorge auf der Basis des ASIP-Vorschlags basieren müsste. Es ist auch klar, dass dieser Vorschlag politisch nur eine Chance haben kann, wenn die Mehrkosten dieser Lösung in anderen Bereichen zumindest zu einem gewissen Teil wieder kompensiert werden können. Ich denke da an die Steuerpolitik («STAF» lässt grüssen), aber beispielsweise auch an die Lohnpolitik der Sozialpartner. Dass Handlungsbedarf in der ersten und zweiten Säule besteht, ist unbestritten. Ring frei also zur nächsten Runde (nach «STAF»), hoffentlich mit fairen Kämpfern und einem weisen Schiedsrichter (Stimmvolk). Und das Ziel, auch des ASIP-Vorschlags, ist eigentlich klar und steht im Widerspruch zum zi-tierten Titel: Keine Rentensenkungen um 15 Prozent, sondern ein gesichertes Einkommen im Alter basierend auf einer stabilisierten ersten und einer selbsttragenden zweiten Säule.