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Blick über die Grenze: Öffentlicher Dienst im Zoll Bremerhaven

Containerröntgen: «Wir finden ständig was»

Auch einige hundert Meter Luftlinie weiter reisst der stetige Strom der zu kontrollierenden Container nicht ab. Etwa in der Mitte der Stromkaje steht die Terminal Mobile Röntgenanlage (TMR) des Bremerhavener Zolls. Die Anlage zählt zu den modernsten weltweit, seit 2016 ist sie in Betrieb. In zwei Reihen warten Container, die das TMR-eigene Team Risikobewertung zur Durchleuchtung angeordnet hat. Mit 0,7 km/h fährt ein mit einem Scan-Arm ausgestatteter Lkw an den Reihen vorbei und übermittelt die Röntgendaten via WLAN an die Auswerter im Dienstgebäude nebenan. Während des Durchleuchtungsvorgangs werden zwei weitere Containerreihen aufgestellt, die anschliessend durchleuchtet werden. «Der gesamte Prozess inklusive der Zu- und der Rückführung der Container soll in der Regel innerhalb von drei Stunden erfolgen», erklärt Sonja Tolle, die Leiterin der Beschau- und Röntgenprüfgruppe. 480 Durchleuchtungen wären mit der Anlage rein technisch binnen 24 Stunden möglich, aktuell sei das Team bei 200, ergänzt Kollege Mathias Ussler. Sechs Auswerterinnen und Auswerter prüfen die Röntgenbilder derzeit pro Schicht – ebenso wie die Kolleginnen und Kollegen «draussen» 24/7, an jedem Tag im Jahr.

Im Auswertungsraum herrscht konzentrierte Ruhe. Durchs Fenster kann man den weissen Lkw der TMR mit seinem Scanner sehen, der im Zeitlupentempo an den Containerschlangen vorbeirollt. Wie oft sie etwas finden? «Ständig», antwortet Auswerter Dennis Korth trocken. Er und Kollegin Ramona Behrends haben ihre Schicht gerade begonnen. Bis 22.15 Uhr prüfen sie jetzt Röntgenbilder aus dem Inneren der Container. Verschiedenste Farb- und Strukturfilter des eigens für die TMR entwickelten Programms helfen ihnen, den Inhalt besser sehen und einordnen zu können, erklären die Profis und demonstrieren anhand einiger Beispiele, dass ihren geübten Augen nur wenig entgeht. «Sehen Sie die Revolver?» Nein. Wo?! «Na, gucken Sie mal genau hin!» Beim besten Willen sind in diesem Umzugscontainer keine Waffen auszumachen. Für den Laien. Dennis Korth verändert ein paar Farb- und Kontrasteinstellungen und fährt mit dem Mauszeiger auf einen Karton im hinteren Drittel des Containers zu. Vergrössert die Ansicht. Aha! Jetzt sieht man sie: zwei schief liegende Waffen, womöglich zwischen Büchern oder Zeitschriften. Angemeldet waren die Schiessgeräte nicht. «So was haben wir ganz oft», erklärt Korth: «Waren, die nicht gelistet sind, nicht die Waren, die angemeldet sind, sondern andere – also etwa Waffen, Munition, Alkohol, Zigaretten.» Besonders gerne präsentieren die Auswärter einen ihrer ansehnlichsten Funde: einen ganzen Panzer, der ebenfalls undeklariert als «Umzugsgut» durchgeschmuggelt werden sollte. Bei knapp 1000 Überprüfungen gebe es rund 500 Treffer, umreisst Sonja Tolle die Quote des TMR-Teams. «Schulung, Erfahrung, Bauchgefühl und das gewisse Quäntchen Glück sind auch bei uns das A und O», weiss sie. Und auch hier die Erkenntnis: «Eine lückenlose Kontrolle können wir in Anbetracht der Massen an Ein-, Aus- und Durchfuhren nicht leisten», bestätigt Tolle. Gleichwohl sei die TMR eine enorm effiziente Methode – «die Alternative wäre schliesslich, wie früher alles aus- und wieder einzuräumen», sagt Tolle, «das können wir schlechterdings machen.» Haben die Zöllner mithilfe der TMR einen «zollrechtlich relevanten Fund» gemacht, folgt das gleiche Prozedere wie bei den «Fusstruppen» auf dem Hafengelände: Der betreffende Container wird gesperrt. Dann komplett entladen, die «nicht einfuhrfähige Ware» wird sichergestellt. Im Anschluss geht der Vorgang an das Zollfahndungsamt, das auch direkt im Hafen vor Ort ist. Es folgen Steuerbescheid und Strafverfahren.

«Klar ist das jedes Mal ein gewisses Hochgefühl, wenn wir was finden», sagt Mathias Ussler. «Aber hier flippt jetzt auch keiner aus, wenn da was ist – nächstes Bild, nächster Fall, so ist das bei uns», erklärt der Profi, und alle nicken zustimmend. «Wir machen hier einfach unseren Job – für Sicherheit, Steuergerechtigkeit und die Finanzierung unseres Gemeinwesens.» Und so gehen die Zöllner in Bremerhaven Tag für Tag wieder ans Werk. Hochkonzentriert – bis zum nächsten Fund. Und der kommt bestimmt.

 

Quelle: dbb magazin 1/2-2019

Text und Fotos: Britta Ibald

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