Der Kantonsrat am Ruder
Hodels Ausführungen war immerhin zu entnehmen, dass der Ball für die personalrechtliche Zukunft des Kantons Solothurn aktuell vollständig beim Parlament liegt. Eine 15-köpfigen Spezialkommission hat den Auftrag zu definieren, wie das neue Personalrecht aussehen wird. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das aktuelle Staatspersonalgesetz könnte in Kraft bleiben und neues Verordnungsrecht geschaffen werden. Es könnte auch wieder eine GAV-Lösung geben, mit oder ohne Revision des Staatspersonalgesetzes.
Die Spezialkommission des Kantonsrates ist nach dem Parteienproporz zusammengesetzt. Die Mitglieder wurden inzwischen gewählt. Die Arbeiten dürften im November aufgenommen werden. Einzelne Kantonsratsfraktionen haben inzwischen ihre Vorstellungen vom neuen Solothurnischen Personalrecht verlauten lassen. Die FDP will sich z.B. an privatwirtschaftlichen Prinzipien orientieren und vor allem den Kündigungsschutz an die Rahmendbedingungen des Obligationenrechts angleichen.
Vertragsfreiheit gegen Legalitätsprinzip
Wer auch nur ansatzweise eine Ahnung von öffentlich-rechtlichem Personalrecht hat, runzelt ab diesen Perspektiven die Stirn. Während im Obligationenrecht die Vertrags- und damit auch die Kündigungsfreiheit gilt, sind Bund, Kantone und Gemeinden als Arbeitgeber Träger öffentlicher Gewalt und damit an Verfassung und Rechtsstaatlichkeit gebunden. Es gilt das Legalitätsprinzip. Eine Kündigung im öffentlichen Recht ist ein Verwaltungsakt und muss im Gegensatz zum Privatrecht einen triftigen, sachlichen Grund haben. Ausserdem ist das rechtliche Gehör zu gewähren.
Der Staat tritt dem Bürger durch seine Angestellten hoheitlich entgegen. Deshalb beinhaltet das öffentlich-rechtliche Anstellungsverhältnis mehr als ein privater Arbeitsvertrag. Es ist ein Sonderstatusverhältnis, das auch Pflichten wie politische Treuepflicht, Amtsgeheimnis oder besondere Disziplinarregeln einschliesst. Diese Pflichten lassen sich im Obligationenrecht nicht adäquat abbilden. Deshalb kann auch das Kündigungsrecht nicht aus dem Obligationenrecht übernommen werden.
Kämpferische Töne und trübe Aussichten
Das Personal und seine Verbände formulierten am Angestelltentag die Forderungen an das in Aussicht gestellte neue Personalrecht: Beständigkeit, keine Verschlechterungen für die Angestellten und Mitbestimmung der Personalverbände bei der Ausarbeitung.
„Mit der Kündigung des GAV fällt die Friedenspflicht für uns Staatsangestellte weg. Wir müssen uns nicht alles gefallen lassen“, gab eine Teilnehmerin des Angestelltentages zu bedenken. Solch kämpferische Töne waren in den letzten 20 Jahren unter der Ägide des GAV nicht zu hören.
Durch die überstürzte Kündigung des GAV droht dem Kanton Solothurn ab 2029 eine Zeit ohne massgebende Teile des Personalrechts. Oder eine Zeit mit neuem Personalrecht, das massive Verschlechterungen für die Angestellten beinhaltet. Die während über 20 Jahren gepflegte Sozialpartnerschaft wurde mit der Kündigung des GAV auch über Bord geworfen. Keine schönen Aussichten.
Dr. Corinne Saner
Vize-Präsidentin Staatspersonal-Verband Solothurn








