Solothurner Regierung crasht den GAV

Vom „miracle de Soleure“ zum «désastre du Soleure»

Das Aus ?
Von politischer Seite hatte der GAV von allem Anfang an auch Gegenwind. Bereits 2001 sahen einige Parlamentarier in der für den Abschluss eines GAV notwendigen Kompetenzdelegation an den Regierungsrat einen ungebührlichen Machtzuwachs der Exekutive. Der Kanton Solothurn kennt als einziger Kanton in der ganzen Schweiz ein Vetorecht des Parlaments gegen Verordnungen der Regierung. Dieses Vetorecht entfällt, wenn die Regierung mit den vertragschliessenden Personalverbänden kollektives Arbeitsrecht schafft. Was vor allem bürgerlichen Parlamentariern mit der Zeit ein Dorn im Auge war.

Über die Gründe für die GAV-Kündigung kann man nur spekulieren. Die verlorene Einflussmöglichkeit des Parlaments und das Bedürfnis der Spitäler AG, ihre finanziellen Probleme u.a. mit Anpassungen im Personalrecht zu richten, haben dem GAV letztlich wohl das Genick gebrochen.

Enttäuschender Angestelltentag
Am 20 August fand in Solothurn wie jedes Jahr der von den Personalverbänden veranstalteten Angestelltentag statt. Gege 600 Besucher im Solothurner Konzertsaal erhofften sich vom regierungsrätlichen Referenten Peter Hodel Antworten. Antworten auf die Fragen, weshalb der GAV ohne Vorverhandlungen gekündigt wurde, und vor allem, wie die Zukunft des solothurnischen Personalrechts aussehen soll. Sie wurden enttäuscht.

Hodel führte aus, dass die Regierung den GAV gekündigt habe, weil es“ Zeit sei für innovatives, flexibles Personalrecht mit branchenspezifischen Lösungen für einzelne Angestelltengruppe“n. Der GAV sei in seiner heutigen Form an seine Grenzen gestossen, er könne mit den vielfältigen Anforderungen immer weniger Schritt halten. Auf die konkrete Erklärung, womit der GAV denn an Grenzen stosse und womit er nicht Schritt halten könne, wartete das Publikum vergeblich.

Trumpismus à la Soleure
Die Besucher liessen sich von den regierungsrätlichen Worthülsen nicht blenden und nutzten die Fragerunde für entsprechende Äusserungen. „Ein Erlass, der in 20 Jahren 80 Teilrevisionen erfahren hat, kann nicht als unflexibel hingestellt werden“, monierte eine Teilnehmerin. „Der gekündigte GAV hat doch branchenspezifische Lösungen für die Polizei, für den Spitalbereich und für die Schulen“, gab ein Teilnehmer seinem Unverständnis Ausdruck, „das kann also nicht der Grund für die Kündigung sein“.

Wenig vertrauensbildend wirkte auch die Aussage von Regierungsrat Hodel, dass der gekündigte GAV weitergelten werde, bis neues Personalrecht geschaffen sei. Wer § 45bis des Staatspersonalgesetzes gelesen hat, stellt nämlich fest, dass der GAV längstens bis 31. Dezember 2028 gelten kann, und dies auch nur, wenn der Kantonsrat diese Verlängerung beschliesst.