Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung bei Verdacht auf eine Straftat?

Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau befasste sich im Urteil vom 16. Februa2023 (WKL.2022.2) mit der Frage, ob die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf den blossen Verdacht einer strafbaren Handlung hin zulässig ist oder nicht. Dabei legte es die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung dar. Des Weiteren wies es auf die Unterschiede zwischen einer Verdachtskündigung im privaten Arbeitsvertragsrecht und öffentlichen Personalrecht hin.

Sachverhalt

A war ab dem 13. Juli 2020 als Mitarbeiterin Pflege bei der Stadt B, Abteilung Pflegeheime angestellt. Mit Schreiben vom 9. September 2021 kündigte die Stadt B das Anstellungsverhältnis mit A fristlos. Argument für die fristlose Entlassung war der Verdacht, dass A von Bewohnern des Pflegeheims B unberechtigterweise Vermögenswerte entwendet habe. Gegen diese Kündigung reichte A Klage vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau ein. In der Klageantwort führte die Stadt B aus, während der Dauer des Anstellungsverhältnisses mit A sei es im Pflegeheim B mehrfach zu Diebstählen von Schmuck und Bargeld gekommen. Wegen des zeitlichen Zusammenhangs dieser Diebstähle mit den Arbeitseinsätzen von A habe sie schon seit längerer Zeit konkret unter Verdacht gestanden, die Diebstähle begangen zu haben. Weiter führte die Stadt B aus, die Diebstähle seien jedoch nicht der einzige Grund, weshalb das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien erschüttert worden sei. Die Klägerin sei bereits am 19. August 2021 wegen eines Fehlverhaltens am Arbeitsplatz verwarnt worden. Nach einer Auseinandersetzung mit ihrer Vorgesetzten habe sie den Arbeitsplatz 30 Minuten vor dem Ende ihrer Schicht ohne vorherige Absprache verlassen. In einem Pflegeheim, wo auch überlebenswichtige Arbeiten anfielen, sei die Zuverlässigkeit der Mitarbeitenden entsprechend bedeutsam.

Begriff Verdachtskündigung

Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht wegen Handlungen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers, deren Vorliegen er zwar vermutet, die er aber im Zeitpunkt der Kündigungserklärung (noch) nicht beweisen kann.

Voraussetzungen der fristlosen Kündigung

Eine fristlose Kündigung ist nur bei besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers gerechtfertigt. Diese müssen objektiv geeignet sein, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage zu zerstören oder zumindest so tiefgreifend zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist. Sind die Verfehlungen weniger schwerwiegend, müssen sie trotz Verwarnung wiederholt vorgekommen sein. Bei einer fristlosen Kündigung ist der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten. Eine fristlose Kündigung ist insbesondere dann unzulässig, wenn mildere Massnahmen wie zum Beispiel eine Verwarnung, vorübergehende Freistellung, Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz oder ordentliche Kündigung zur Verfügung stehen, um die eingetretene Störung des Arbeitsverhältnisses in zumutbarer Weise zu beheben.