Die Schweiz hinkt bei der Einkommensgleichheit hinterher

Gender Overall Earnings Gap

Die Basler SP-Nationalrätin Samira Marti hatte 2019 dem Bundesrat ein Postulat eingereicht. Der Bundesrat wurde beauftragt, im Rahmen eines Berichtes abzuklären, wie der Gender Overall Earnings Gap (GOEG) sowie andere wichtige Daten zu unbezahlter Arbeit und Lohndiskriminierung in Zukunft regelmässig als Zeitreihendaten erhoben oder berechnet und veröffentlicht werden können.

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 7. September 2022 den Bericht zum Gender Overall Earnings Gap verabschiedet. Trotz der grossen Fortschritte auf dem Weg zur Gleichstellung von Frauen und Männern bestehen in der Schweiz nach wie vor geschlechtsspezifische Unterschiede, namentlich in Bezug auf die in diesem Bericht betrachtete, aus Erwerbsarbeit und Altersvorsorge resultierende Einkommenssituation. Insbesondere der unerklärte Anteil der Lohnunterschiede, der umfassendere Indikator des gesamten geschlechtsspezifischen Erwerbseinkommensunterschieds sowie die Renten bilden einen relevanten Teil der Ungleichheit ab.

Auf europäischer Ebene berechnet Eurostat seit mehreren Jahren den synthetischen Indikator der «geschlechtsspezifischen Gesamteinkommensunterschiede», Gender Overall Earnings Gap (GOEG)1 genannt. Die detaillierte Analyse zur Berechnung dieses Indikators für die Schweiz mit den verfügbaren Datenquellen hat gewisse Lücken in der Berechnungsweise von Eurostat aufgezeigt. Das Bundesamt für Statistik (BFS) schlägt daher vor, zur Berechnung des GOEG für die Schweiz eine angepasste Methode zu benutzen.

Im Jahr 2018 lag der GOEG für die Schweiz bei 43,2%. Das bedeutet, dass das Einkommen von Frauen, bezogen auf alle während des Erwerbslebens geleisteten Arbeitsstunden, 43,2% niedriger ist als das der Männer. Der Wert dieses Indikators nimmt im Laufe der Zeit ab. Im Lebensverlauf steigt er an: Je älter die betrachtete Altersgruppe, desto höher der GOEG. Im internationalen Vergleich wies die Schweiz 2018 einen relativ hohen GOEG-Wert auf, hauptsächlich erklärbar mit der hohen Teilzeiterwerbsquote der Frauen in der Schweiz.

Der durchschnittliche Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern betrug im Jahr 2018 19,0% (arithmetisches Mittel). Im privaten Sektor lag er bei 19,6%, im gesamten öffentlichen Sektor (Bund, Kantone und Gemeinden) bei 18,1%. Der Anteil dieses Lohnunterschieds, der sich nicht durch persönliche (z. B. Alter, Ausbildung, Dienstjahre) und berufliche Faktoren (z. B. berufliche Stellung, Branchenzugehörigkeit) erklären lässt, belief sich in der Gesamtwirtschaft auf 45,4%. Die entsprechenden Anteile betrugen 44,3% im privaten und 37,8% im öffentlichen Sektor. Dies macht im privaten Sektor durchschnittlich 684 Franken pro Monat und im öffentlichen Sektor 602 Franken pro Monat aus. Seit 2012 ist in der Gesamtwirtschaft keine wesentliche Veränderung des durchschnittlichen Lohnunterschieds sowie des unerklärten Anteils davon zu verzeichnen.

Die auf Basis der verfügbaren Datenquellen ermittelten Einkommen der Selbstständigen zeigen ein ähnliches Bild wie die dem Gender Pay Gap zugrunde liegenden Löhne der Arbeitnehmenden. Der Stundenverdienst selbstständiger Frauen lag 2018 gemäss den Schätzungen im Bericht um 19,3% unter dem der selbstständigen Männer. Zwischen 2013 und 2018 ist er steigend, insbesondere bei den Frauen (Männer: +3,8%, Frauen: +6,7%). Das führt zu einem Rückgang des Unterschieds zwischen den Geschlechtern beim Stundenverdienst der Selbstständigerwerbenden.

1 Kommentar “Die Schweiz hinkt bei der Einkommensgleichheit hinterher

  1. Ich beobachte, dass mehr Männer in meinem Umfeld sich frühpensionieren lassen als Frauen. Gibt es auch eine Statistik, die ausweist, wie viele Männer / Frauen sich eine Frühpensionierung leisten können?

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