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Vom 17. bis 19. Oktober haben sich die Geschäftsleitungen der beiden Verbände Öffentliches Personal Schweiz (ZV) und Beamtenbund Baden-Württemberg (BBW) zu einer Arbeitssitzung in Bonn getroffen. Es ging um den Austausch von Erfahrungen mit Bezug auf die neuesten Entwicklungen im öffentlichen Dienst. Insbesondere die fortschreitende Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit und die damit verbundenen Chancen und Gefahren standen im Fokus.
Die beiden Verbände sind seit Jahrzehnten eng verbunden. Die Tradition geht zurück auf den Ehrenvorsitzenden des BBW Horst Bäuerle, macht Sinn und bringt beide Seiten weiter. Die Probleme im öffentlichen Dienst sind im Grundsatz vergleichbar, wenn sie auch in einzelnen Punkten voneinander abweichen. Gleichwohl sind Problem und anvisierte Lösung in den meisten Fällen deckungsgleich. Zu wissen, welche Ansätze den Mitarbeitenden im öffentlichen Dienst helfen und welche nicht, ist deshalb von entscheidender Bedeutung und kann in der Schweiz wie auch in Deutschland regelmässig gleich oder vergleichbar beantwortet werden. Das war Anlass genug, sich in einer vom Geschäftsführer des BBW, Peter Ludwig, präzise organisierten Tagung zu engagieren.
Die ausführlichen Diskussionen wurden durch Grundsatzreferate vorbereitet, welche Gemeinsamkeiten und Differenzen aufzeigen sollten. Für den Beamtenbund Baden-Württemberg übernahm diese Aufgabe Kai Rosenberger, der Vorsitzende des BBW, für Öffentliches Personal Schweiz dessen Sekretär, Michael Merker. In Kenntnis der Unterschiede wurden die verschiedenen Länderlösungen diskutiert und mit Blick auf die Mitarbeitenden gegeneinander abgewogen.
Mobile Arbeitsformen
Öffentliches Personal Schweiz konnte insbesondere von der lebhaften Auseinandersetzung über die Weiterentwicklung der mobilen Arbeitsformen profitieren. Dieser Diskussion ging ein Grundsatzreferat zum Thema von Susanne Hauth (Geschäftsführerin und Justiziarin des BBW) voraus. Unsere deutschen Nachbarn haben hier zwar auch noch nicht die perfekte Lösung gefunden, aber die inhaltliche Vertiefung des Problems ist weiter fortgeschritten als bei uns. Klar ist, dass ein grosser Teil der Mitarbeitenden im öffentlichen Dienst die Möglichkeit mobiler Arbeitsformen positiv sieht, aber nur eine sehr kleine Minderheit Homeoffice in überwiegendem Umfang als erstrebenswert erachtet. Zu diesem Thema haben unterdessen einige Umfragen stattgefunden. Der Tenor war dabei klar: Nahezu 100 % der Befragten wünschen eine zumindest teilweise Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz.
Unsere Kolleginnen und Kollegen im BBW sind nun dabei, die Zeit des pandemiebedingten Homeoffice zu analysieren und insbesondere die Schwachstellen zu erkennen, damit dies bei künftigen Regelungen berücksichtigt werden kann. Ziel ist dabei klarerweise nicht, zur alten Präsenzkultur im Büro zurückzufinden, sondern nachhaltig neue «hybride» Modelle zu entwickeln.
Dabei ist unabdingbar, dass die öffentlichen Arbeitgeber, die Gewerkschaften und Personalverbände zusammenarbeiten. Nur durch eine institutionalisierte Zusammenarbeit kann offen über Schwachstellen im System gesprochen werden und sind gute Lösungen möglich. Diese Erkenntnis hat auch im Bericht zur Arbeitswelt der Bundesregierung Deutschland Ausdruck gefunden. Die einseitige (top-down) Festsetzung von Homeoffice-Regeln oder Vorgaben über (andere) mobile Arbeitsformen führt nicht zum guten Ergebnis.
Viel eher ist es so, dass in den einzelnen Abteilungen und in den Teams geprüft werden muss, wie Homeoffice und Büropräsenz geregelt werden, zu individuell sind die Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeitenden und Ämter. Deshalb sind auf übergeordneter Ebene nur Grundsätze festzusetzen, während vor Ort den Mitarbeitenden grosse Spielräume zu belassen sind, um angepasste Lösungen zu entwickeln.
Grundsätze wurden teilweise bereits in Tarifeinigungen (eine Art Gesamtarbeitsvertrag) über mobile Arbeitsformen festgelegt. Danach sind in Dienstvereinbarungen insbesondere Regelungen zu treffen über
- den persönlichen Geltungsbereich des mobilen Arbeitens,
- die Regelung der Arbeitszeit (einschliesslich Beginn und Ende – eine aus gesundheitlicher Sicht ausserordentlich wichtige Bestimmung),
- die Kostentragung für Arbeitsmittel,
- die Verwendung von personenbezogenen Daten zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle (diese Art der Kontrolle wird in der Tarifeinigung abgelehnt),
- das Benachteiligungsverbot gegenüber Beschäftigten bei der Anwendung oder eben auch Nichtanwendung von mobilen Arbeitsformen (zumal bekannt ist, dass im Büro anwesende Mitarbeitende in der Regel besser beurteilt werden als solche, die von zu Hause aus – häufig mehr und effizienter – arbeiten).
Mit Homeoffice verbunden ist die Gefahr, dass die Mitarbeitenden gespalten werden in Büroanwesende und Telearbeiter. Das ist zu vermeiden. Präsentismus, so die Abklärungen unserer deutschen Kolleginnen und Kollegen, gibt es ausgeprägt auch im Homeoffice, das Mobile wird immer und überall hin mitgeführt, um ja keinen Anruf zu verpassen, denn – so die bewusste oder unbewusste Befürchtung – es könnten ja dann die Vorgesetzten der Meinung sein, es werde gar nicht gearbeitet. Bekannt ist auch, dass Mitarbeitende, die krank sind, nicht ins Büro gehen, kranke Mitarbeitende im Homeoffice aber dazu neigen, gleichwohl für den Arbeitgeber tätig zu werden. Auch die Tatsache, dass man stets online irgendwie beweisen muss, dass man tatsächlich auch arbeitet, verursacht Stress.
Diese Probleme sind in Worte zu fassen und mit Homeoffice-Regeln zu entschärfen. Das war die einhellige Meinung an dieser Arbeitssitzung.
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